Beiträge von ravn im Thema „XCom Ersteindruck“

    Am Samstagabend folgte dann die erste Viererpartie, also Vollbesetzung mit drei Erstspielern dabei. Anhand der Tutorial-App habe ich als Central Officer die erste Runde erklärend durchs Spiel geleitet und die App-Erklärungstexte nur als Erinnungsstützen für die eigenen Worte genutzt. Klappte ganz gut. Spielpraxis macht sich da bezahlt, so dass es diesmal auch zügiger voran ging.

    Am Ende hatten wir in der sechsten Runde gewonnen, relativ knapp und wohl auch nur, weil wir die Elite-Ausbildungskarte fälschlicherweise zu stark zu unseren Gunsten ausgelegt hatten. Der Soldat kommt eben aus der Reserve des Squad Leaders und nicht aus dem Rekrutierungs-Vorrat. Lag daran, weil ich diesen Vorrat missverständlich als Reserve erklärt hatte.

    Zu viert spielt sich XCOM schon wesentlich entspannter als zu zweit, weil sich eben jeder auf seinen eigenen Charakter konzentrieren kann. Als dann ab der dritten Runde des Tutorials das volle Zeitlimit der Aktionen einsetzte, hatte wir aber trotzdem genug zu tun. Vor allem der Squad Leader, der wohl den anspruchsvollsten Job hat, weil der Quervergleich Miniaturen-Symbole-Aliens-Missionen stressiger werden kann als die eher direkter agierenden anderen drei Rollen. Das ist für Folgepartien gut zu wissen, so dass ich diese Rolle entweder einen XCOM erfahrenen Spieler zuteilen würde oder jemanden, der sich kombinatorisch Bestleistungen zutraut unter Zeitdruck.

    Diesmal waren die Würfel aber arg gegen uns. Direkt der allererste Chief-Scientist-Wurf war eine "Nix-Nix-Alien1" und damit ein Totalausfall der dort eingesetzten Wissenschafter. Ein Totalausfall war ich auch, weil ich übersehen hatte, dass ich mit einer offen ausliegenden Karte einen Wiederwurf des Alien-Würfels hätte erlauben können. Zudem war mein eigener Erstwurf mit der orbitalen Abwehr eine "Nix-Nix-Nix-1", also noch schlimmer und das setzte sich dann fast durch die gesamte Partie fort. Am Ende der zweiten Runde sah es fast nach einer sicheren Niederlage aus, aber wir konnten uns dann doch noch berappeln, auch wenn alle Kontinente im roten Alarmbereich waren. In der sechsten Runde gab es dann mehrere Alles-oder-Nichts-Situationen, weil die Basis drohte überrannt zu werden und vorab Panik in einem weiteren Kontinent ausgebrochen wäre. Schliesslich konnte unserer Squad-Leader dann mit gemeinsamen Teamanstrengungen die finale Mission gewinnen und uns somit den Sieg sichern. Eine weitere Runde hätten wir so oder so nicht mehr durchgehalten.

    Mein zweites Fazit: Erneut fiel negativ auf, dass die Kontinent-Marker schwierig zuzuordnen sind. Afrika oder Südamerika sehen sich anhand der Konturen zu ähnlich. Mit einem Fineliner-Stift und Kontinent-Initialien wie "A" für Africa und "SA" für South America könnte man da Abhilfe schaffen. Da die Counter zweiseitig bedruckt sind, hätte man dann vor der Partie die Wahl, ob man die zusätzliche Zuordnungsschwierigkeit wählt oder die Kontinent-Initialen-Seite. Die Squad Leader Einheiten könnten ebenfalls besser unterscheidbar sein, wie auch immer umgesetzt.

    Hat jemand von Euch einen Plan, ob diese schwierige Unterscheidbarkeit wirklich spielerisch als Stress-Faktor gewollt ist oder - aus unserer Sicht fälschlicherweise - als problemlos eingeordnet wurde?

    Gerne wieder, dann aber erneut in Viererrunde, weil es mir so am meisten Spass macht. Ich hoffe dann auch mal, dass ich in Folgerunden den Job des Central Officers mal abgeben werde können, damit ich auch andere Rollen wie den Scientist und den Commander hautnah kennenlernen und spielen kann. Als Erklärer macht es allerdings Sinn, den Central Officer und damit die Appsteuerung zu übernehmen, oder habt Ihr da andere Erfahrungen gemacht?

    Ich hatte mir "XCOM: The Board Game" direkt bei Philibertnet.com aus Strassburg bestellt. Innerhalb 24h (abzüglich dem dazwischenliegenden Wochenende) war es geliefert und lag dann leider seit dem 09. Februar bei mir ungespielt herum. Eigentlich hätte ich es gerne in der Erstpartie in voller Besetzung mit vier Spielern gespielt, aber so eine Runde ergab sich bisher nicht. Also gestern dann in entspannter Freitags-Zweierrunde. Gelegenheit macht Spieler!

    Ich hatte mir vorab mal die App angeschaut und die ersten zwei Runden solo gespielt. Da man dabei allerdings alle vier Rollen übernehmen, spielen und koordinieren muss, habe ich schnell die Spielfreude daran verloren. Ich bin eben kein Solospieler wenn es um Brettspiele geht. Zum Kennenlernen der Regeln per App-Tutorial ist so eine Solo-Runde dann aber doch ganz gut. Allerdings habe ich dabei bemerkt, dass ich mir gedruckte Regeln besser merken kann, weil ich mir das Layout automatisch mitmerke als Gedächtnisstütze. Bei digitalen Regeln mit scrollbaren Text ist das anders oder einfach nur ungewohnt. Genau deshalb wünsche ich mir trotz Apps in Zukunft weiterhin gedruckte Regeln. Zumal der XCOM-App eine Suchfunktion fehlt und somit ein Vorteil digitaler Regelwerke ungenutzt bleibt. Aber eventuell wird das per Update auf V1.04 oder V1.1 nachgereicht. Living-Rules sind so einfachst umzusetzen und alle sind immer auf den neuesten Stand per automatischem Update. Schöne, neue, digitale Welt!

    Aber zurück zur 2er-Partie: Mein Mitspieler übernahm - wie im Regelheft vorgeschlagen - die Rollen Wissenschaftler und Kommandant, während ich Kommunikations-Offizier sowie Truppenführer übernahm. Ok, ich bleibe da lieber bei den Originalausdrücken Chief-Scientist, Commander, Central Officer und Squad Leader, denn XCOM gibt es aktuell nur in englischer Sprache. Bin gespannt, wie Heidelberger das thematisch übersetzt. Die Rollenverteilung funktionierte, war aber nicht ganz perfekt, da das Spiel idealerweise dafür ausgelegt ist, dass an jeder Spielplanseite ein Mitspieler sitzt, der von da gut erreichbar seine Rolle spielt. Mit langen Armen geht es aber auch so.

    Da die Texte auf den Karten nicht riesengross sind, kann man auch kaum die ausliegenden Kartenfunktionen der Mitspieler alle im Blick haben. Genau da fängt dann das kooperative Spiel und die Kommunikation zwischen den Spielern an. Kenne Deine Rolle, aber wisse auch, wie Du mit Deinen Mitteln den anderen Rollen unterstützend hilfst. Wer da nur auf sich achtet, hat wenig im Spiel zu tun, aber umso schwieriger wird es, das Spiel gemeinsam zu gewinnen. Weil entweder wehren wir die Alien-Invasion ab und retten die Erde oder gehen gemeinsam unter. Einen Verräter gibt es bei XCOM nicht und die App übernimmt den Spielanteil der Aliens und dient zeitgleich als Taktgeber der einzelnen Spielphasen.

    Der Central Officer hat die App in Form eines Tablets oder Smartphones in der Hand und übermittelt, wer gerade am Zug ist, was gemacht werden soll und wieviel Zeit dafür noch bleibt. Richtig gelesen, das Spiel bringt durch die App Zeitdruck ins Spiel. Denn pro Aktion bleiben nur wenige Sekunden Zeit (irgendwas zwischen ca. 6 und 35 je nach Aktion), diese Aktion auszuführen. Schafft man es nicht, ist die Aktion vorbei oder man wird im fortlaufenden Spiel durch aggressivere Aliens bestraft.

    Wichtig ist, das der Central Officer auch eine klare Rückmeldung bekommt, wenn die Spieleraktion ausgeführt ist, weil nur dann kann er das auch per OK-Tastendruck der App mitteilen. Da der Central Officer aber auch in seiner Rolle eigene Aufgaben zeitgleich zu überblicken hat, ist er weit davon entfernt ein Spielleiter zu sein. Da sind die einzelnen Spieler schon selbst gefordert, in ihren Rollen regelgerecht zu agieren. Wie er die App-Meldungen an die Mitspieler weiterleitet, ob thematisch auskleidend oder im knappen Befehlston, bleibt einem in dieser Rolle selbst überlassen. In unserer Erstpartie hatte ich wenig Zeit, um atmosphärisch ausladend zu berichten. Eher war es ein "Commander, verteidige mit den Interceptors" und "Noch 15 Sekunden, 10, 5, ... " oder so.

    Die vier Rollen spielen sich spielmechanisch recht einfach. Durch den Zeitdruck und die vielfältigen Teilbereiche, aus denen sich die Alien-Bedrohnung zusammensetzt, wobei jeder Mitspieler seine klar zugewiesen Verantwortungen hat, entsteht eine kooperative Gruppen-Herausforderung. Teambuilding wird hier spielerisch eingeübt. Man muss sich eben darauf verlassen können, dass jeder seine Rolle im Griff hat und zudem den Gesamtüberblick behält. Das klappt nicht immer und so habe ich selbst mehrmals die Sondereigenschaft von Funktionskarten übersehen, die uns hätten helfen können. Aber auch das gehört zum Spiel, weil wenn alles immer optimal laufen würde, wäre es wohl auch zu einfach.

    Deshalb spielt sich XCOM zu viert sicher einfacher und auch besser, weil man eben seine Aufmerksamkeit nicht auf mehrere Rollen aufteilen muss. Aber auch in Zweierrunde hat es herausfordernd Spass gemacht, selbst wenn die Phasen unter Zeitdruck mitunter recht hektisch wurden - bis an der Grenze zur Panik. In Entscheidungsstarre darf man hier nicht verfallen. Wobei der Tutorial-Easy-Schwierigkeitsgrad eine unendlich lange Pausenfunktion erlaubt, während es auf "normal" und höher eine Gesamt-Pausenzeit gibt, die man als Gruppe für die ganze Partie nutzen kann. Durch den Zeitdruck kann es auch keinen Alpha-Spieler geben, der mal eben kooperativ für alle das Spiel durchdenkt und für alle spielt. Gut so, weil das hat mich bei Pandemie genervt in unpassenden Runden.

    Das Tutorial begleitet in der ersten beiden Spielrunden gut das Spiel mit erklärenden Kurztexten und Grafiken, was man jetzt machen kann und wie das auf dem Brett umgesetzt werden kann. Die eigentlichen Entscheidungen trifft aber der jeweilige Spieler, während die Mitspieler nur beraten können. In der zweiten Runde werden die Erklärungen dann weniger und kürzer, während ab der dritten Runde dann das Spielgeschehen unter Zeitdruck weitergeht. Allerdings geht es dann auch wesentlich schneller, eben weil man keine Erklärtexte mehr lesen braucht und weil die Abläufe bis dahin klar sind. So nimmt das Spiel spürbar an Tempo auf. Da es nach den ganzen Echtzeitphasen auch immer eine gebündelte Auswertungsphase gibt, kann man da prima durchschnaufen und kommt auch endlich dazu, zu Getränken und Snacks zu greifen.

    Wir haben für die Erstpartie etwa drei Stunden gebraucht, allerdings auch viele Regeldetails per App nachgeschlagen und uns mehr taktische Bedenk- und Planungszeit genommen, als uns streng genommen von der App zugestanden hätte. Wenn mindestens der Central Officer das Spiel in seinen Abläufen und Regeldetails kennt, kann er wesentlich schneller während der ersten Runde ins Spiel einführen, als wenn man gemeinsam die Tutorial-Texte liest. Die 90 Minuten pro Partie sollten also locker möglich sein - spätestens wenn alle ihre Rolle kennen, was nach einer halben Partie gut verinnerlicht ist.

    Ein wenig Kritik trotz aller Euphorie habe ich dennoch anzubringen: XCOM verzichtet an zwei Stellen zu Gunsten eines grafisch atmosphärischen Gesamteindrucks auf Übersichtlichkeit. Erstens waren für mich die Kontinent-Marker schwierig voneinander zu unterscheiden - ist das jetzt Südamerika oder Afrika anhand der Kontur? Zumal man Entscheidungen unter Zeitdruck treffen muss und dann auf einen Blick klar sein sollte, für welches Land jetzt welcher Krisenmarker steht. Besser wäre es gewesen, wenn die Marker jeweils die Weltkarte zeigen würden mit deutlich-roter Hervorhebung des bezeichneten Kontinents. Zweitens muss man die vier Plastik-Miniatur-Typen des Squad Leaders auseinanderhalten und richtig zuordnen können. Ist das jetzt ein Supporter oder doch ein Assault-Typ? Eine Farbkodierung wäre hilfreich. Aber eventuell will XCOM in diesen Punkten absichtlich nicht zu übersichtlich sein, um Verwechslungen als spielerisches Störelement zu ermöglichen? Wer da nachbessert, schummelt also.

    Was bleibt, ist ein kooperatives Brettspiel, was sich ganz anders spielt wie alle anderen Brettspiele. Die App bildet dabei einen spielerischen Mehrwert, der so in dieser Art noch nie eingesetzt worden ist. Die App ist Teil des Spiels, spielt sich aber nicht in den Vordergrund. Wer keine Apps am Spieltisch mag, warum auch immer, spielt einfach eine andere Rolle fernab des Central Officers, weil nur der bildet das Bindeglied zwischen App und Brettspiel.

    Die englische Sprache ist zwar allgegenwertig im Spiel, kommt aber eher in kurzen und knappen Sätzen vor, die man mit Schulenglisch gut bewältigen kann. Wer damit Probleme hat, spielt bevorzugt den Squad Leader, weil der muss vorrangig eher Symbole zuordnen, während der Scientist schon seine Handkarten-Texte der potentiellen Forschungsmöglichkeiten selbständig verstehen und überblicken sollte. Im Zweifel drückt man Pause und klärt die sprachlichen Unklarheiten, denn wann die deutschsprache Version erscheinen wird, ist aktuell immer noch unklar. Einige Online-Händler schreiben was von Ende März, aber bei Heidelberger heisst es nur 2015 und das Jahr ist noch lang. Vor dem Herner Spielewahnsinn im Mai rechne ich persönlich nicht damit (ohne Gewähr, reine Spekulation!) und deshalb habe ich dann auch die englische Version gekauft - solange der Hype um das Spiel noch ausreichend hoch ist und es schon alleine aus Neugier auf Neuheiten vermehrt auf den Tisch kommt.

    Wer mit dem SciFi-Setting was anfangen kann, mit englischsprachigen Spielen generell zurecht kommt und kooperative Erlebnisse zwischen kommunikativen Zeitdruck und Amitrash-Würfel-Elementen (Stichwort "Push your Luck" bei Wissenschafts-Proben und bei der Verteidigung gegen Aliens in der Luft und am Boden) sucht, der ist bei XCOM bestens aufgehoben. Sicher kein gewöhnliches Eurogame und damit für mich alleine schon spielenswert, eben weil es anders ist, fern von gewöhnlich.

    Bin gespannt, wie es mit App unterstützten Spielen so weitergeht. Wenn auf dem Qualitätsniveau von XCOM, dann wird das eine Bereicherung werden. Ein Ersatz aber auch nicht, also keine Panik Ihr Brettspiel-Puristen und Elektronik-Verachter!

    Cu / Ralf