Donnerstag Messe, dort 10 Spiele gekauft, dann Freitag bis Sonntag je ein Spiel davon gespielt. Das "Freitagsspiel" war Waggle Dance. Review unten.
Gekaufte Spiele:
Amerigo [Queen] - vor Essen gekauft
Among The Stars (Bundle) [Artipia]
AquaSphere [Hall/Pegasus]
Die vergessene Welt [Schwerkraft]
Dragonscroll [Fragor]
Galaxy of Trian [Creative Maker]
Massilia [Quined]
Murano [Lookout]
Patchwork [Lookout]
Rialto [Pegasus] - vor Essen gekauft
Vor den Toren von Loyang [Hall/Pegasus] - vor Essen ersteigert
Waggle Dance [Grublin]
ZhanGuo [What's Your Game?]
In Essen gekaufte Erweiterungen:
Carson City: Gold&Guns [Quined]
Concordia: Britannia & Germania [PD-Verlag]
Hansa Teutonica: Britannia [Argentum]
Keyflower: The Merchants [R&D]
Village: Port [Pegasus]
Okay. Dann zu dem ersten Review. Es geht um Waggle Dance [Grublin Games]:
"Waggle Dance" heißt Bienentanz. Ja, das gibt's wirklich und bezeichnet das "Tanzmuster", das zum Bienenstock zurückkehrende Honigbienen ihren Kolleginnen vorführen, um zu zeigen, wo die nektarreichsten Blümchen zu finden sind. Um Bienen, Nektarsammeln und Honigproduktion geht es in dem Spiel. Als Bienchen dienen D6-Würfel, die auf zentralen Arbeitsfeldern oder im eigenen Bienenstock plaziert werden, um so Nektar (-> Holzwürfelchen in sechs verschiedenen Farben) zu sammeln und letztendlich in Honig zu verwandeln. Die gewürfelte Zahl bestimmt, welche Felder zur Verfügung stehen; für manche Aktionen braucht man einen Pasch. Im Kern also Worker Placement mit Würfeln bzw. "dice placement". Dazu kommt noch ein bisschen eingestreute Mehrheitenwertung, nämlich bei den Blüten. Die sechs Blüten haben alle eine endliche Menge Nektar zu bieten und wer am meisten Bienen (Würfel) zu einer Blüte schickt, bekommt 2, der zweitmeiste noch 1 Nektarwürfel.
Zur Charakterisierung eines Spiels wird gerne übergeordnetes Thema (hier: Bienenstock managen) oder Spielmechanismus auf Zugebene (hier: Worker Placement) herangezogen. Um Waggle Dance passend zu beschreiben, braucht es meiner Meinung nach aber die eher selten betrachtete Ebene dazwischen, den übergreifende Mechanismus im Ganzen. Bei Waggle Dance gibt ein klar definiertes Ziel, nämlich als erster auf 7 Feldern des eigenen Bienenstocks Honig produziert haben (-> Umdrehen der Wabenplättchen; danach nicht mehr anderweitig nutzbar). Das bringt, nebenbei gesagt, einen gewissen Rennspiel-Charakter rein und jeder weiß immer, wo wer in Bezug auf das 7-Honigfelder-Ziel steht. Die verschiedenen Aktionen bauen entweder Infrastruktur auf (Bienenstock vergrößern durch Anbau von Waben; neue Bienchen/Würfel erlangen durch Eier und Brutpflege) oder dienen direkt der Honigproduktion: Nektar sammeln, Nektar im Stock verteilen, Honigproduktion aus vier gleichfarbigen Würfel. Durch das klar definierte Spielziel ergibt sich für den erfahrenen Spieler damit schon eine grobe Richtschnur für erfolgreiches Spielen: erst Infrastruktur verbessern und dann im richtigen Moment mehr oder weniger scharf umsteuern Richtung Honigproduktion aus dem, was man hat. Wer am Ende noch viele Ressourcen übrig hat (Eier übrig, Nektar übrig, zu viele Waben), der hat etwas falsch gemacht. Unter dem Strich also eine Optimierungsaufgabe in Sachen Effizienz.
Vom Spielgefühl her erinnert mich Waggle Dance daher an Spiele wie Stone Age (der Vergleich passt auch in Sachen leichter Zugänglichkeit) oder, wenn wir zeitlich etwas weiter zurückblicken, an St. Petersburg. Bei letzterem: Geld in Handwerker investieren, um noch mehr Geld zu bekommen, mit dem man letztendlich Siegpunkte kauft. Im Prinzip ungegrenztes "engine building", bei dem man das rechtzeitige Umschwenken Richtung Siegpunktgenerierung nicht verpassen darf. So fühlt sich auch Waggle Dance auf einer funktional abstrahierten Theorie-Ebene an. Nur dass hier Siegpunkte durch ein weniger abstraktes Spielziel ersetzt wurde und im Vergleich zu ähnlichen Spielen die verschiedenen Aktionen deutlich vielfältiger sind und eine sehr schöne Integration zwischen Thema und Mechanismus bieten. Würfel auf Blüten setzen = Bienchen zu Blüten fliegen lassen. Mehrheit auf Blüten bestimmt, wer den 2 Nektar bekommt. Komplexere Aufgaben wie Honigproduktion oder Eier ausbrüten erfordern zwei kooperierende Bienen = Pasch. Und anderes mehr. Das Spiel ist wunderbar schnell erklärt und, trotz durchaus komplexer Mechanismen, ausgesprochen intuitiv zu spielen. Bitte daher nicht von meinen theoretischen Überlegungen abschrecken lassen. Wer nicht Vielspieler mit mathematisch-technischem Hintergrund ist, wird das einfach nur als nett gemachtes Worker Placement Spiel erleben...
Punktabzug gibt's aber wegen qualitativ minderwertiger Komponenten. Die Würfelchen sind eher Quaderchen; die Kantenlänge schwankt wild zwischen 8 und 10 Millimetern. Das ist nicht nur rein optisch ein Problem. Auf eigenen Waben liegen bis zu vier Nektar-Würfelchen, und wenn das vier gleiche sind und man daraus Honig machen will, muss man noch zwei Würfel dazu packen. Naheliegend wäre: oben drauf legen. Genau das wird aber schwierig, wenn die Würfel unterschiedlich hoch sind. Außerdem würde ich mir wünschen, dass das Spiel ein Spielbrett hätte. Das zentrale "Spielbrett" besteht nämlich einfach aus 12 auszulegenden Karten (3 nebeneinander - 6 in Blütenform im Kreis - 3 nebeneinander).
Plus:
* Thematische Integration
* Leichte Zugänglichkeit
* Komplexe Mechnismen (Würfeleinsetzen + Mehrheiten) elegant verpackt
Neutral:
* Optimierungsspiel in Sachen Effizienz; kein Strategiespiel mit zig verschiedenen Wegen zum Ziel
* Sonderkarten sind teilweise (!) von der Sorte: "bäh, dafür habe ich jetzt einen Zug verschwendet?!" (Aber im Durchschnitt passt's schon, von daher noch okay.)
* Interaktion durch Mehrheitenwertung auf Blüten, durch genre-typische Blockade von Einsetz-Felder und durch negative, d.h. einem Mitspieler schadende, Sonderkarten
* Optisch im Prinzip nett aufgemacht, aber eingestreute Klötzchengrafik und Technikbezüge im Artwork wirken etwas fragwürdig. Kommt ein bisschen so rüber, als hätte der Künstler selbst nicht wirklich gewusst, in welche Richtung er wollte.
Minus:
* minderwertige Komponenten
* zu wenig Zufallselemente in Sachen "grundsätzliche Aufgabenstellung"
Fazit: 6/10 Punkte (dabei schon 1 Punkt abgezogen wegen schlechtem Material)
Auf eine Zahl heruntergebrochen klingt das aber schlechter als es ist. Zum einen bin ich kein Freund von Bewertungsschemata, bei denen sich alles zwischen 6/10 und 10/10 Punkten bewegt. Ein 6/10 heißt bei mir tatsächlich (leicht) überdurchschnittlich. Zum anderen gehört Waggle Dance für mich zu den "Spielen mit Ecken und Kanten aus Kleinverlagen", die durchaus ihre Berechtigung haben. Ein Spiel mit ausgesprochenen Stärken, ebenso ausgesprochenen Schwächen -- und leider einer gehörigen Portion verschenktem Potenzial. Genau das gleiche Spiel hätte mit minimalen Änderungen und ordentlicher redaktioneller Betreuung bei einem renommierten Verlag gut und gerne 8/10 bekommen können. Statt 1 Punkt Abzug eben 1 Punkt mehr für den letzten Feinschliff, der dem Spiel fehlt. Lohnt sich das Spiel? Meiner Meinung nach ja, wenn man auch mal "Spiele mit Ecken und Kanten" jenseits des Mainstreams spielt, d.h. wenn man die Stärken schätzen kann, auch wenn man dazu die Schwächen übersehen muss. Leider dürfte genau das das Problem für das Spiel sein. Wer solche "Ecken und Kanten"-Spiele sucht, der meint damit oft nur heftige (d.h. für Normalspieler nicht mehr zumutbare) Vielspieler-Drogen anstatt gehobenere Familienspiele auf Stone Age Niveau. Das ist etwas schade, denn Waggle Dance ist im Kern ein wirklich gutes Spiel, das die Aufmerksamkeit des Publikums verdient hätte -- aber wohl nicht bekommen wird.
#WaggleDance