Beiträge von MetalPirate im Thema „06.10.-12.10.2014“

    So bleibt es bei einem groben Abschätzen, was auch spannend sein kann.


    Genau so ist es. Bei Five Tribes geht es mehr als bei jedem anderen Spiel, das ich in letzter Zeit gespielt habe, um Bauchgefühl, um Intuition. Blick auf die Stellung und abschätzen, ob da eher viele oder eher wenige Punkte zu holen sind. Und das, wohlgemerkt, nicht nur für den ersten der Reihenfolge, sondern auch später. Beispiel: Oasen-Feld mit 3 blauen und 1 gelben Meeple in Gebiet mit fünf blauen Plättchen. Da sieht jeder, dass er da mit blau dort enden sollte, um viel Geld zu verdienen. 4*5 = 20 Punkte warten da! Aber: dieser Spieler setzt eine Palme drauf und lässt nur einen gelben Meeple übrig. Der nächste Spieler endet mit gelb dort (2 Gelbe = 4 Punkte sicher + evtl. Gelb-Mehrheit), räumt das Feld leer (8 Punkte) und platziert obendrein eine zweite Palme dort (noch 6 Punkte). Zusammen 18 Punkte (+ evtl. Gelb-Mehrheit).


    Zitat

    Aber es fühlte sich bei meiner Erstpartie eher wie ein Schuss ins Dunkle an, ob jetzt 5 oder 8 reichen wird oder viel zu viel ist.


    Wenn ich biete, muss es mir egal sein, ob ich nachher erster, zweiter oder dritter in der Reihenfolge bin. Ich muss, egal wie's kommt, die Punktzahl nach Abzug des Gebots maximieren und dementsprechend bieten. Oder andersrum gesagt: ich muss die Mitspieler mehr Punkte für Gebote zahlen lassen, als sie nachher im Zug wieder rausholen können. Im oben genannten Beispiel ist es nicht allzu erstrebenswert, Startspieler zu sein, deutlich weniger, als es auf den ersten Blick aussieht. Sowas muss man eben sehen.


    Zitat

    Oder ändert sich dieses subjektive Spielgefühl mit weitaus mehr Spielerfahrung?


    Eindeutiges "ja". Man bekommt einen Blick dafür. Der eine schneller, das andere weniger schnell. Und mit AP-anfälligen Mitspielern ist Five Tribes vermutlich ganz schnell völlig unerträglich, das sollte ich der Fairness halber auch immer dazu sagen. Five Tribes will aus dem Bauch heraus gespielt werden.

    [Five Tribes]
    Ich kann zwar auf die Spielreihenfolge bieten (ohne Nachlegen zu dürfen), laufe dabei aber stets Gefahr, dass ich bei nur mittleren Geboten trotzdem nur Dritter werde und dann auch direkt Null hätte bieten können. Dieses Spielelement fühlte sich arg "gamey" an - nette Spielerei, kleiner Spannungsmoment, aber eher unkontrollierbar fernab der Extremgebote.


    Genau das ist doch der Witz der Sache. Man bietet immer direkt mit Siegpunkten (SP), und, ganz wichtig, die Differenz zwischen den Geboten steigt an. Sonst würde es nicht funktionieren. Die möglichen Beträge für Gebote sind: 0-1-3-5-8-12-18 SP. Du musst entscheiden, wieviel es dir wert wäre, in der gegebenen Runde anzufangen und die anderen dazu zwingen, entweder 1 SP, 2 SP, 3 SP, 4 SP oder gar 6 SP (Schritt von 12 auf 18) mehr zu bieten, wenn sie unbedingt vor dir am Zug sein wollen. Wenn sie dann nicht 1, 2, 3, 4 oder 6 Punkte mehr machen als du (Achtung: unfreiwillige Vorlangen beachten, die man dem nächsten Spieler gibt!), dann gewinnst du netto. Das ist das Geheimnis von Five Tribes.

    (geht euch das auch so, dass ihr vor 2-3 Regalen voll mit Spielen steht und nicht wisst, auf was ihr Bock habt???)


    Das übliche Auswahlverfahren von meiner Liebsten und mir: einer sucht sich drei Spiele aus, auf die er Lust hätte (-> weniger Entscheidungsdruck, weil eh nicht final; ein "och, das könnten wir auch mal wieder spielen" reicht) und der andere wählt dann aus dieser Vorauswahl das zu spielende Spiel aus, denn die "1 aus 3" Auswahl geht dann immer fix (dass der/die Zweite die gesamte Vorauswahl abgelehnt hätte, gab's noch nie). Am Ende hat man sich sehr elegant auf ein Spiel geeinigt, mit dem beide gut leben können. Wer Vorauswahl und wer finale Auswahl macht, wird natürlich gewechselt. Hat sich bewährt!

    In dieser Woche gespielt: La Isla und Asara. Bericht siehe unten.


    In dieser Woche gekauft: Among The Stars. Schon Monate juckt mich das. Jetzt einfach mal bestellt. Dazu Amerigo und Rialto (-> Spiele-Offensive-Aktion), weil zuletzt oft Stefan Feld Titel auf den Tisch kamen und nichts davon schlecht ist. Feld garantiert mindestens mal Durchschnitt, weil die Spiele einfach "funktionieren" (was man längst nicht von allen Spielen behaupten kann!) und oft sind die Feld-Spiele richtig clevere, interessante Knobelaufgaben, bei denen man immer mehr machen will, als man kann.



    Womit wir schon bei neuesten Feld-Titel, nämlich La Isla wären. Das Spielprinzip ist eigentlich ganz einfach: man bekommt jede Runde drei Karten, die jeweils drei verschiedene Funktionen haben und muss sich entscheiden, welche Karte man für welche Funktion nutzt -- und natürlich geht nicht immer alles, was man gerne möchte. Wer sich ein bisschen mit Mathematik auskennt, weiß, dass es bei 3 Karten 3! = 6 Zuordnungsmöglichkeiten gibt. (Für Nicht-Mathematiker: das "3!" heißt "3 Fakultät" und steht für 1*2*3=6.) Oft kann man nach dem Ziehen der Karten sofort sagen, dass man eine Karte unbedingt für eine bestimmte Funktion nutzen will, dann bleiben nur noch 2! = 1*2 = 2 Möglichkeiten übrig, die anderen beiden Karten zuzuordnen ("so oder andersrum"). Zu dem Ganzen addiert man -- Feld-typisch, der Kerl ist halt Mathe-Lehrer -- die recht unscharfe Möglichkeit, die einzelnen Handlungsalternativen klar zu bewerten, alles ist gut ausbalanciert, und man hat eine Knobelaufgabe vor sich, die einfach Spaß macht. Im Spielgefühl ist La Isla recht ähnlich zu Brügge.


    Feld-untypische Sachen gibt es aber ganz genauso. La Isla hat weder etwas aus der Kategorie Katastrophen / Bestrafungen / Drohungen / Minuspunkte (was Feld ja gerne nutzt) noch bietet es viel Angriffsfläche für die übliche Kritik der Feld-Gegner. Es ist definitiv kein "victory point salad", wo es für alles und jedes Siegpunkte gibt. Die Masse der Siegpunkte kommt durch das Sammeln von Tierarten. Jede Wertung, die man selbst anstößt, gibt ein Punkt pro Tier einer Sorte. Dazu gibt's am Ende nochmal Punkte für Anzahl der Tiere mal Multiplikator, der sich danach richtet, wie oft eine Tierart insgesamt gewertet wurde. Es gibt auch Punkte für das Einfangen, ähh, Entdecken, der Tiere selbst während des Spiels und für vollständige Sets aus allen unterschiedlichen Tieren am Ende. Aber im wesentlichen ist's Anzahl mal Multiplikator, und auch die im Laufe der Spielzeit gesammelten Tiere ließen sich in diese Formel einbeziehen ("Anzahl mal 1") und wenn man möchte, könnte man sogar die Gesamtpunktzahl trotz der im Laufe der Zeit ansteigenden Anzahl der Tiere in dieser Form mathematisch beschreiben, nämlich als Integral über die Zeit. Anzahl mal Multiplikator. Aber im Gegensatz zu Mac Gerdts Sachen nicht Summe von 5-6 unterschiedlichen Produkten aus Anzahl mal Multiplikator, sondern genau ein solches alles dominierende Produkt.


    Genau da habe ich nach nur zweimal spielen schon meine leichten Zweifel, ob das La Isla auf Dauer genügend erfolgversprechende Strategien bieten wird. Eben weil es -- feld-untypisch! -- nicht tausend Sachen gibt, die Siegpunkte bringen, sondern alles von "Anzahl mal Multiplikator" dominiert wird, habe ich in meinem zweiten Spiel auf Teufel komm raus meinen Multiplikator hochgetrieben. "Meinen" Multiplikator, weil jeder mit 2 Tieren einer zufällig ausgelosen Art bereits anfängt. Also: Genau diese Tierart auf Teufel komm raus hochpuschen. Wie gesagt: nur zwei Spiele bisher, die auch definitiv viel Spaß gemacht haben, aber ich bin berühmt-berüchtigt dafür, solche optimalen Strategien intuitiv auch schon im ersten oder zweiten Spiel zu finden. Vielleicht müsste man bei zwei Spielern das Starttier nur einfach statt doppelt zählen. Bei mehr Spieler sicher kein Problem, aber zu zweit reicht's eben, den einzigen Gegner auf Distanz zu halten, selbst wenn man dabei selbst nicht optimal spielt. La Isla hat Spaß gemacht, nette Knobelaufgabe, aber bei dem Langzeit-Wiederspielwert als Zweierspiel melde ich leichte Zweifel an. Kann aber auch genauso gut sein, dass mich da mein Bauchgefühl täuscht...




    Spiel Nummer 2 war dann etwas älteres. Wobei das relativ ist. 2010. Vielleicht liegt die Einstufung als "älteres Spiel" auch daran, dass Asara, um das geht's hier nämlich, schon viele Monate ungespielt im Spieleschrank lag. Jeder von uns hat solche Sachen im Schrank liegen, oder? ;) Es war die erste und zugleich letzte Bewährungschance, denn schon vor dem Spielen war klar: wenn's nicht überzeugt, muss es im Zuge der Essen-2014-Neuerwerbungen weichen. Aber, was soll ich sagen, der Schrank wird nicht leerer. Asara hat voll überzeugt. Die Altmeister Kramer/Kiesling können's immer noch.


    Im Kern ist Asara ein Worker-Placement-Spiel mit gemischter Anzahl- und Mehrheitenwertung dabei. Man baut Türme in fünf unterschiedlichen Farben. Die Bauteile unterschiedlicher Farben kosten unterschiedlich viel, bringen aber auch unterschiedlich viel Prestige für den höchsten Turm, denn darum geht es in dem Spiel. Die eingesetzten "Arbeiter" sind Karten und davon gibt's fünf verschiedene Spielfarben. Also "worker" unterschiedlicher Art, man denke z.B. an Keyflower mit den gelben/roten/blauen Meeples. Und genau wie bei Keyflower gibt's bei Asara Farbzwang, allerdings mit der Einschränkung, dass man statt der geforderten Farbe in schon besetzten Bereichen (1-7 Plätze pro Bereich) immer auch zwei beliebige Karten spielen kann. Für ganz ähnliche Mechanismen sind in den letzten Jahren Spiele als "innovative Weiterentwicklung des worker placement Genres" gelobt worden, aber Asara ist schon von 2010...


    Sehr clever ist auch der Mehrheitenmechanismus. Ein Grund, warum Asara so lange im Schrank lag, ist genau das: Mehrheitenmechanismus und dessen Problematik bei zwei Spielern. Normalerweise heißt Mehrheiten bei zwei Spielern: 1 Punkt erreichen und der zweite Platz ist gesichert. Bei Asara geht das nicht. Gewertet werden Türme, und zwar alle Türme der Spieler, nicht nur der höchste. Ein Spieler kann also den ersten und den zweiten Platz abräumen. Mit Minimalaufwand Platz 2 sichern geht nicht mehr.


    Wie viele Kramer/Kiesling-Titel hat auch Asara eine Erweiterung als "Fortgeschrittenen-Version" bereits im Spiel integriert und spätestens dann ist es worker placement der besten Sorte. Viele verschiedene Felder unterschiedlichster Funktion und erbitterter Wettstreit um die besten Plätze. Das alles ohne Betonung der harte Blockade, sondern wegen Farbzwang und dessen Umgehungsmöglichkeit mit zwei statt einer Karte mit der weichen Abfederung Zugverlust. Asara hat uns sehr gefallen, absolute Empfehlung, erst recht mit dem Hinweis, dass Asara zu den Spielen gehört, die für ~10 EUR gebraucht zu haben sind. Meiner Meinung nach ein ziemlich unterschätzter Titel.




    gespielt: #LaIsla #Asara
    gekauft: #AmongTheStars #Amerigo #Rialto