Beiträge von MetalPirate im Thema „11.08.-17.08.2014“

    Ich wundere mich manchmal, wie manche hier vier und mehr Spiele in einer Woche spielen können. Rentner oder Studenten? :) Egal. Nachdem die 2-3 Wochen zuvor exakt null Spiele gespielt wurden, konnte ich diese Woche meine Liebste sogar zu zwei "neuen" Spielen begeistern. ("Neu" im Sinne von noch nie zuvor gespielt; ich bin immer fürs Regellesen und -erklären zuständig und das Ganze setzt eine überdurchschnittlich aufgeschlossene Ehefrau voraus.)



    Nummer 1 war #GlenMore. Lag schon etliche Monate ungespielt herum. Erster Eindruck: überdurchschnittlich. Es ist wirklich erstaunlich, wieviel Spiel in dieser kleinen Schachtel steckt. Irgendwie ein typisches Matthias Cramer Spiel (neben Glen More auch Helvetia und Lancaster, sowie Beteiligung an Rokoko). Ein Haufen bekannter Mechanismen, gerne auch etwas abseits des Mainstreams geklaut entnommen, sehr geschickt zu etwas Neuem zusammengewürfelt. Im Falle von Glen More: man nehme etwas Carcasonne-Legespiel, die Zugreihenfolge von Jenseits von Theben und etwas Ressourcenklötzchenkonvertierung. Was im ersten Moment nach "naja" klingt, funktioniert aber erstaunlich gut. Ein paar richtig clevere Ideen sind nämlich auch dabei.


    Bei drei Wertungen (pi-mal-Daumen nach jedem Drittel des Spiels) zählt in drei völlig verschiedenen Wertungskategorien die Differenz zu demjenigen, der am wenigsten hat. Einmal deutlich vorne, zweimal leicht hinten sein zahlt sich unter dem Strich aus. Das hat den Effekt, dass man nirgends den Gegner davon ziehen lassen darf (und umgekehrt genau dieses selbst versuchen sollte). Bringt viel Spannung rein. Zweiter genialer Schachzug: durch den Zugreihenfolge-Mechanismus haben die Spieler unterschiedlich viele Züge, was im Endeffekt heißt: unterschiedlich viele Plättchen in ihrer Siedlung verbaut. Aber: ganz am Ende wird die Effizienz der Siedlung bewertet. Wer mehr Plättchen hat als der mit den wenigsten, muss 3 Punkte pro überzähligem Plättchen abgeben. Auch das funktioniert super, dann es macht mutiges Vorwärtsspringen zu "guten" Plättchen unter Verzicht auf Züge interessanter. Fazit: sehr schönes Spiel. Für den aktuellen Angebotspreis bei dem offensiven Spieleverkäufer ;) kann man das Zuschlagen nur empfehlen.



    Nummer 2 war gestern abend #CarsonCity. Auch das ist überdurchschnittlich, aber aus völlig anderen Gründen. Viele Spiele sind eher mechanisch mit mehr oder weniger aufgesetztem Thema. Das gilt insbesondere auch für das (mittlerweile arg überstrapazierte) Worker Placement Genre. Carson City ist dagegen superthematisch. Um den Wilden Westen geht's. Wir bauen die Stadt Carson City auf, erwerben dazu Landparzellen, bauen Minen, Ranches, Saloons, Banken und anderes, holen uns die Unterstützung von Sheriff, Bauarbeiter oder Revolverheld (-> role selection) und wenn uns danach ist, überfallen wir mal flott die Bank des Mitspielers. Während das klassische Worker Placement das entsprechende Feld blockt, ist es bei Carson City erlaubt, auf besetze Felder zu gehen. Dann gibt's ein Duell: derjenige mit der größten Feuerkraft (nicht eingesetzte Arbeiter + Revolverchips + Würfelergebnis) darf die Aktion machen, der andere nicht. (Für Fundamentalisten gibt's auch eine würfelfreie Variante.) Einsetzen kann man seine Cowboys auf diverse Aktionsfelder, freie Parzellen (zum Kaufen derselben) oder auf Gebäude (fremde: überfallen, eigene: verteidigen).


    Das Spiel hat einen starken räumlichen Aspekt (was ich persönlich immer sehr mag): Kosten und Ertrag der Gebäude richten sich nach der Nachbarschaft. Außerdem müssen die meisten Gebäude mit dem Straßennetz des am Anfang zufällig platzierten Stadtzentrums verbunden sein. Ziel ist es, in nur vier Runden möglich viele Siegpunkte zu machen, wozu man im wesentlichen Geld in Punkte konvertieren muss. Viel Zeit zum "engine building" bleibt da nicht. Dazu ein paar andere interessante Mechanismen, u.a. darf man, abhängig von der Rollenkarte, nur einen bestimmten Geldbetrag in die nächste Runde mitnehmen. Insgesamt eine positive Überraschung. Erwartet hatte ich bloß ein weiteres Worker Placement Spiel unter vielen anderen. Carson City ist überdurchschnittlich. Auch wenn die Verwaltung der veränderlichen Erträge und das Aufsummieren derselben gegen Spielende langsam in den Bereich kommt, wo man über Minuspunkte für zuviel Fummeligkeit reden muss: das grandios umgesetzte Thema hebt des Spiel aus der Masse heraus. Empfehlenswert.