Am Sonntag ist nach drei Jahren im Spieleschrank endlich mein Key Market auf den Spieltisch gekommen - in Dreierrunde, wobei wir alles Erstspieler waren und deshalb die Partie auch ein reines Kennenlernen war und sicher weit davon entfernt, optimal und wirklich zügig zu sein. Dabei ist das Regelwerk, wenn man es einmal verstanden hat, recht einfach und eingängig. Allerdings muss man eine Menge an Zusammenhängen beachten, so dass mich sich gut und gerne in tiefergehende Denkschleifen verfangen kann - oder man spielt einfach impulsiv und auch dem Bauch, wie wir es zumindest teilweise versucht haben. Zwei Stunden plus X sollte man für eine Erstpartie aber trotzdem einplanen.
Ob das Spiel jetzt 275 bis 350 Euro wert ist, wie bei BGG verlangt wird, glaube ich nicht. Aber ok, wenn jemand mir diesen Preis bezahlt, trenne ich mich davon. Es ist zwar ein gutes bis sehr gutes Spiel, wiegt aber meiner Meinung nach keine 5 bis 6 Spiele dieser Gewichtsklasse auf. Seine 60 Euro damals ist es aber sicher wert.
Im Kern steht der Marktmechanismus, bei dem man Waren verkauft und gelegentlich auch kauft. Allerdings sind Waren bei Spielende oder auch während des Spiels fürs Einsetzen oder Befördern in Gilden sowie für den Arbeiter-Ruhestand wesentlich mehr wert. Allerdings braucht es einen gewissen Geldfluss, um seine Arbeiter bezahlen, Neue einzusetzen und die auf dem zentralen Plan zu neuen und besseren Erntemöglichkeiten ziehen zu können. Dabei gibt es erhebliche, wenn auch indirekte Interaktion, da man sich auf dem zentralen Plan durchaus im Weg steht und es schon entscheidend ist, wer wann was auf den Markt zuerst verkauft und damit den Verkaufspreis drücken kann. In den Gilden gibt es ebenso Gerangel und die verfügbaren Plätze - zu viert wohl noch mehr als zu dritt.
Bei der grafischen Darstellung steht sich das Spiel leider ein wenig selbst im Weg. Die Papp-Arbeiter-Plättchen sehen zwar nett aus, werden aber auf den ebenso nett gezeichnetem Zentralplan teilweise zum Suchbild. Abhilfe könnten da Holzscheiben sorgen, die man den Papp-Plättchen unterlegt. Zudem schweift der Blick von den Markpreisen zu den modifizierten Ernte-Potential-Markern und dem Zentralspielplan sowie dem eigenen Vorrat an vorab geernteten Waren und das alles will erfasst und koordiniert werden. Da werden runde und eckige Erntefelder unterschieden und haben zudem unterschiedliches Ernte-Potential, wobei eigene Arbeiter in den passenden Gilden die ebenfalls noch modifizieren. Da habe ich den Eindruck, dass man das auch übersichtlicher und damit einfacher zugänglicher hätte gestalten können, ohne dass sich die Farben der Spieler und der Jahreszeiten und der Waren dabei teils überschneiden und für zusätzliche Unübersichtlichkeit sorgen.
Rein spielerisch bietet Key Market allerdings eine ganze Menge an Grübel- und Optimier-Potential und durch die verschiedenen Gilden, die im Spiel sind, auch eine ausreichende Varianz von Partie zu Partie. Locker und leicht spielt sich anders, damit Entscheidungen auch nachhaltig Sinn machen. Was ernte ich wann und wie viele Arbeiter brauche ich wirklich in den Gilden oder doch lieber zur Ernte? Komme ich über den ertragsarmen Winter, der die Halbzeit des Spiels darstellt und wann ist der richtige Zeitpunkt, um seine Arbeiter in den Ruhestand zu entlassen?
Wenige, aber dafür umso gewichtigere Entscheidungen stehen dabei an und jede davon kann sich wie eine Fehleinschätzung anfühlen, wenn man das grosse Ganze noch nicht überblickt. Eine Partie reicht dafür nicht aus, weil erst mit der Endwertung wirklich klar wird, was man alles hätte anders machen sollen. Herausfordernd Spass hat es allerdings gemacht und das ist doch die Hauptsache - der Verkauf (wenn überhaupt) muss also erstmal warten, oder bietet Jemand von Euch 275 Euro für mein Exemplar aus tierfreiem Nichtraucherhaushalt, das keinerlei Abnutzungsspuren zeigt?
Cu / Ralf