Beiträge von ravn im Thema „Wo bleiben eigentlich...“


    Bitte genauer lesen: ich sprach von Kino_filmen_, nicht vom Kino! Die ganzen technischen Entwicklungen haben den Kinofilm als solches m.E. kein Stück "besser" oder "innovativer" gemacht. Vielmehr erscheint mir so, dass mit diesen technischen Gimmicks vom eigentlichen Film und der (oftmals fehlenden oder zumindest krankenden) dahinterliegenden Geschichte abgelenkt wird. Gleiches gilt für mich beim übermäßigen Einsatz von Computer-Effekten, wilden Schnittfolgen oder "Wackelbildern" mit Handkameras...


    Jip, Deine Unterscheidung mit Fokus auf Filme im Kino anstatt Kino als Ganzes habe ich verstanden. Ich sehe da aber keine solche Trennung, weil ein Film ein (teils technisches) Umfeld braucht, um beim Zuschauer wirken zu können. Da können (aber nicht müssen!) Innovationen in diesem Umfeld dazu führen, dass der Film als solches seine Innovationskraft erst ausspielen kann. Der Film Gravity wäre ohne die technischen Innovationen wie die konsequente Nutzung von 3D-Elementen einfach nur ein weiterer Weltraumfilm gewesen und meiner Meinung weit davon entfernt, als innovativ bezeichnet zu werden.


    Gleiches gilt für mich für Brettspiele. Die Innovation muss nicht zwangsläufig in der Spielidee stecken, sondern kann auch im verwendeten Material begründet sein. Oder das Regelwerk wird innovativ präsentiert und vermittelt. Oder verlagert die Innovation auf die Gruppierung der Mitspieler, wie damals beim Tischwechsel-Mechanismus von Fische-Fluppen-Frikadellen, das mit zu wenig Mitspielern und nur einem Spiel schlicht nicht innovativ, sondern eher arg gewöhnlich war.


    Ich vergleiche es gern mit Romanen und Kinofilmen: auch da gibt es meines Erachtens keine echten Innovationen, aber immer wieder neue Geschichten und Themen, die unterhalten.


    Och, mit 3D per Polarisationsverfahren und Brillen sowie Higher Frame Rates mit 48 Bilder pro Sekunde und Dolby Atmos 360 Grad Soundstandard wie auch VIP-Luxus-Ledersessel sind in den letzten Jahren doch schon einige auch nachhaltige und echte Innovationen ins Kino eingezogen. Zwar bezahlt man jetzt bis zu 16 Euro (bei Überlängenzuschlag und am Wochenende) für eine Kinokarte, kann dafür aber Innovation erleben - zumindest technische. Vor nervigen Sitznachbarn, überteuerten Snacks und teils mässigen Filmen hilft das alles aber auch nicht.


    Das Gesamtpaket muss eben stimmen und da haben Brettspiele (um die Kurve zum Thema zurück zu bekommen) vor allem in Sachen Ausstattung in den letzten Jahren einige Innovationen gezeigt, auch wenn der redaktionelle Feinschliff dabei machmal ein wenig auf der Strecke blieb. Euphoria mit den echt wirkenden Rohstoffen ist da ein gutes Beispiel.

    Innovationen finde ich persönlich gut, eben weil mich Wiederholungen auf Dauer langweilen. Bei 800+ Neuheiten pro Jahr sollten eigentlich ein paar Spiele immer dabei sein, die innovative Ideen bieten. Nur ist Innovation alleine wenig wert, wenn das restliche Spiel drumherum schlicht nicht funktioniert oder keinen Spass macht. So erlebt bei City Council, das ein paar neue Ideen in das Städtebau-Genre getragen hat, aber ein so mieses Regelwerk hat und zudem an einigen Stellen nicht ausreichend ausgetestet scheint, dass die Innovationen des Spiels unbedeutend werden.


    Deshalb: Innovationen gerne, aber dann bitte auch zuende gedacht. Weil bei einigen Neuheiten, die im zu engen Umfeld der Autoren gereift sind, merkt man doch leider, dass die zwar voller Leidenschaft und Euphorie für das eigene Spiel stecken, aber ein ausreichender Abstand zum Endprodukt fehlt, um Fallstricke und Unzulänglichkeiten vor (!) der Veröffentlichung zu erkennen. Am Ende des Tages sind mir sehr gut spielbare Spiele mit bekannten und bewährten Mechanismen-Themen-Mix deshalb lieber als unausgereifte Innovationen.