Beiträge von Wikinger im Thema „Russian Railroads überbewertet?“

    Ich kann mir noch kein endgültiges Urteil darüber erlauben, ob es überbewertet ist oder nicht.
    Empirisch kann ich da nach einer Partie nicht viel beitragen, aber eine rationale Analyse ist durchaus möglich.

    Eine Gedankenlinie möchte ich gerne mal durchzeichnen:

    Annahme: Das Spiel besitzt einige wenige Strategien, die - konsequent durchgezogen - gegen Ende massive Siegpunkte erzeugen,
    die dann den Spielsieg bedeuten können.

    Diese Grundstrategien nennen wir mal A, B, C und D. (Ich habe bisher nur 2 davon kennengelernt, wieviele unterscheidbare Hauptstrategien es tatsächlich gibt,
    weiß ich nicht, ist aber für die folgende Argumentation nebensächlich.)

    Für ein gutes Spiel müssen alle Spieler diese Strategien kennen. Tun sie es nicht, werden sie einfach abgezockt.
    (Das spricht nicht unbedingt gegen das Spiel, verprellt aber unnötigerweise Spieler.)

    Weiter. Angenommen ich spiele solitär, dann kann ich für jede dieser Strategien ein optimales Skript erzeugen.
    Dieses liefert dann einen Maximalwert unter optimalen Bedingungen.
    Das Optimal-Skript zu finden ist ein wesentlicher Teil des Spiels, und "Spiel" im Sinne von Optimierung.

    Wird das Optimal-Skript gestört, wird der Maximalwert nicht mehr erreicht.

    Es gibt bei RRR 2 Sorten von "Störungen":
    1.) die zufällige Reihenfolge der Ingenieure
    2.) die interaktiv bedingte Verteuerung oder das Verschwinden grundlegender Aktionen

    Die 2. Sorte Störungen ist "Spiel" im Sinne von Interaktion, Interaktion durch Blockade.

    Jetzt kann man die Aussage, daß man eine Strategie keinesfalls verlassen darf, verstehen.
    Gerade weil die Optimal-Strategie geskriptet ist, ist ein Klammern daran absolut notwendig.
    Wenn ich dies aber tun muß, dann interessiert mich im Grunde nicht, welcher Mitspieler welche Strategie verfolgt.


    Die Aussage, daß

    Zitat

    "das Spiel erst sein volles Potential ausreizt, wenn die Spieler nicht mehr nur vorrangig mit dem eigenen
    Tableu beschäftig sind"


    klingt gut, heißt aber auch, das man den Weg seines Optimal-Skripts verläßt und damit selbst Federn lassen muß.
    Das ist paradox.

    Die Mitspieler
    Zu Beginn des Spiels weiß keiner, welche Grundstrategien die Mitspieler wählen, vorausgesetzt natürlich, sie kennen diese (A-D).
    Die zufällige Spielreihenfolge kann hier schon eine der Strategien erzwingen. Tut sie es nicht, müssen die ersten 1-2 Runden zeigen wo es lang geht,
    damit verläßt man schon den Pfad des Optimalen.

    Im Idealfall wählt jeder eine andere Strategie und keiner tritt sich auf die Füsse. Dann hätte man ein Multi-Player-Solitär.
    Sobald sich aber 2 oder mehr Spieler eine Grundstrategie teilen, kann diese nicht mehr optimal durchgezogen werden.
    Gibt man diese auf, so kann man keine andere Strategie mehr wählen, die sich optimal durchziehen läßt. Leider zu spät.
    Man kann nicht mehr gewinnen, es sei denn, alle anderen Mitspieler treten sich auch auf die Füsse.

    Daraus entwickelt sich folgende Metastrategie:

    Im Grunde muß jeder "destruktiv" spielen, die geskripteten Strategien der Mitspieler gilt es zu durchschauen und zu blockieren.
    Was dann noch übrig bleibt, gilt es in eigene Siegpunkte umzumünzen.

    Dieser Metastrategie müssen letztlich alle folgen, um ein ausgewogenes Spiel zu erreichen.

    Fazit
    Unter der Annahme der Existenz einiger optimalen Basis-Strategien, suggeriert RRR ein Strategiespiel zu sein,
    kann aber selbst die verschiedenen Strategien nicht ausgewogen managen.

    Nun. Ein Spielreiz ist anfangs nicht zu leugnen. Vielleicht sind auch 10 Partien mit Genuß zu spielen. Ich werde es noch ein paarmal spielen,
    und sehen, ob ich richtig liege. Vielleicht können die Autoren inzwischen eine Erweiterung nachlegen, die das Strategie-Management verbessert.
    Lassen wir uns überrussian ... :)