Beiträge von LemuelG im Thema „Artikel von Udo Bartsch in der FASZ“

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    Original von Sternenfahrer
    Auch wenn Ihr sehr emotional und teilweise persönlich angreifend argumentiert - was denkt denn Ihr, warum niemand nennenswert Arbeit in die Brettspielforschung investiert?
    Habt Ihr die Artikel zu den Board Game Studies Conventions (zuletzt in Haar) gelesen? Das waren nicht viele Wissenschaftler.


    Ich habe in meinem ersten Post in diesem Thread mehrere mögliche Gründe dafür angeführt, weshalb es so sein könnte, dass die Brettspielbranche aus strukturellen Gründen eher nicht im Fokus steht. Du hast nicht einen davon aufgegriffen und stattdessen das Grundverständnis der Wissenschaft angegriffen - und das eben nicht eingeschränkt, sondern umfassend, wie Dir ja inzwischen auch aufgefallen ist. Die ganze restliche, teils emotionale, Diskussion hat sich darum gedreht.


    Ich habe nun eben mal die von mir am häufigsten genutzte Recherche-Datenbank (tendenziell Wirtschaftsfokus, aber auch Sozialwissenschaften und Informatik) eine Volltextsuche nach "board game" in wissenschaftlichen Journal-Artikeln durchführen lassen. Das ergab immerhin 405 Treffer, nach einem groben Scan wirklich äußerst bunt gemischt. Eine Übersicht der ersten 150 Treffer füge ich mal an. Das wirkt jedenfalls nicht wie "peinliches Ignorieren".

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    Original von Sternenfahrer
    Richtig - weil Deine Frau so ist und das tut, gilt das unmittelbar und direkt für alle Wissenschaftler weltweit, und es würde auch automatisch für diejenigen gelten, die dasselbe für Brettspiele tun; Entschuldigung, das wußte ich nicht...


    Wenn Du ins Negative verallgemeinern darfst, dann dürfen wir auch ins Positive verallgemeinern. Selber alle über einen Kamm scheren und dann über andere meckern, die das mutmaßlich auch machen, offenbart naiv gesagt eine gewisse argumentative Arroganz, wenn ich das so sagen darf, ohne dass Du Dich beleidigt fühlst. :)

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    Original von Sternenfahrer


    Ach... Ich hatte vergessen, daß ich im Forum bin, in dem von Spieleherstellern angenommen wird, daß sie das tun, um uns eine Freude zu machen! :)
    Darf ich Deine Einstellung zum tatsächlichen Wissenschaftsbetrieb als "naiv" bezeichnen, ohne daß Du das als Beleidigung ansiehst?


    Ach Sternenfahrer, dass Du hier bezeichnen darfst, wie Du lustig bist, die Diskussion hatten wir doch nun schon zur Genüge. Ob ich und andere Deine Einschätzung dann teilen oder nicht, ist eine ganz andere Frage.


    Selbstverständlich gibt es auch in der Wissenschaft ein gehöriges Maß an Arroganz, Statusdenken und Postengeschacher. Du darfst mir gern glauben, dass ich nah genug am bzw. im Wissenschaftsbetrieb arbeite, um das einschätzen und verabscheuen zu können. Gleichzeitig erzeugt eben dieses unbedingte Pochen auf Publikationen und neue Erkenntnisse einen gewaltigen Druck, tatsächlich Fortschritte zu erreichen ... an deutschen Unis auf Kosten der Lehre, anderswo auf Kosten hoher Studiengebühren. Aber so kommt es tatsächlich auch wieder und wieder zu signifikanten Erkenntnissen aus der Forschung - ob Du das wahrnimmst oder nicht.


    Natürlich - nicht jede Forschung führt zu nobelpreiswürdigen Durchbrüchen. Aber auch das Ausschließen nicht gangbarer Wege ist Beitrag zum Wissensstand, wenn auch halt nicht so populär und erfolgswirksam.

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    Original von Sternenfahrer
    Frage 1: Warum erscheinen überhaupt wissenschaftliche Artikel?
    Antwort: Nach meiner Meinung aus Geltungssucht (oder, positiver formuliert, weil der veröffentlichende Wissenschaftler Anerkennung mindestens seiner Kollegen sucht).


    Nicht vielleicht doch eher, weil ohne das Schaffen und Publikmachen von Wissen die Bezeichnung "Wissenschaftler" ein bisschen lachhaft wäre? Oder wie sollte der Wissenschaftsbetrieb Deiner Meinung nach funktionieren? Wissenschaft lebt vom Widerstreit der Argumente ... und dieser wird in den meisten Disziplinen eben über Fachartikel ausgetragen (und in wenigen Disziplinen über Bücher). Und mit Anerkennung hat das nur bedingt etwas zu tun ... vielmehr sind Qualität und Quantität der eigenen Beiträge notwendige Voraussetzung, um überhaupt für akademische Positionen in Frage zu kommen.


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    Original von Sternenfahrer
    Frage 2: Läßt sich dieses Ziel - Anerkennung, Ruhm, "sich einen Namen machen" - mit Forschungen über Brettspiele erreichen?
    Antwort: Ich vermute: Nein.


    Auch das halte ich für fragwürdig - immerhin wird sehr intensiv etwa über die Film- und die Musikindustrie geforscht, die ja nun nicht so viel seriöser sind. Ich denke eher, hier liegt ein Größenproblem vor - bei einer kleinen Branche ist es auch sehr viel weniger wahrscheinlich, dass gerade sie für eine Studie herangezogen wird.


    Außerdem braucht es natürlich immer eine erforschenswerte Frage, die dann im Mittelpunkt der Untersuchung steht und zu der man auch sinnvoll Datenmaterial erheben oder finden kann.


    Was nun Simulations- und verhaltenswissenschaftlich-psychologische Aspekte des Brettspiels angeht, so ist das gar nicht meine Disziplin. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Brettspiele zum Erforschen elementarer Zusammenhänge bereits zu komplex sind, während sie als Simulation der Realität im Vergleich etwa zu Computerspielen zu stark vereinfachen. Eine Untersuchung in Form eines Computerspiels hat überdies den Vorteil, dass alle gesammelten Daten von vornherein in elektronischer Form vorliegen.


    In den Kulturwissenschaften wird aber wohl doch ein wenig zu den Brettspielen geforscht - immerhin hält wohl der diesjährige Gewinner des Kinderspiels des Jahres hierzu Seminare, und das wohl nicht ohne Fachliteratur, wenn man Guido von Trictrac glauben darf.