Beiträge von GangZda im Thema „Muss man (Anti-)Wargames rechtfertigen?“

    durchaus heikel das Thema. was ist mit Table-Talk/Trash-Talk während eurer Spiele?


    Macht ihr Witze über das Aktuelle Spielgeschehen? Wenn zum beispiel durch kuriose Würfelwürfe eine absolut unterlegene rumänische Armee plötzlich 2 russische Fronten zurückdrängt. - Sagt ihr dann: "Jawoll! Voll die krassen Ninja-Rumänen" :) oder sowas wie "Die Rumänen hatten wohl einige Tiger-Panzer geliehen bekommen."


    Und allgemein gibt es bei euch während des Spiels kommentare um das Spiel zu verdeutlichen, um aufzuzeigen was gerade passiert? "Ouh... die Russen halten sich trotz Unterzahl fanatisch auf dem Berg" o.ä.!?


    Was davon findet Ihr ok, was ist nicht ok?


    ich will nicht den Apostel spielen. Wenn ich so ein Spiel spiele, dann habe ich kaum Tabus in dieser Hinsicht... aber ist das ok?


    Danke für alle bisherigen wirklich interessanten Antworten!


    Alex :)

    Zu: "Aus den Augen, aus dem Sinn"


    JA, so ist das nunmal!


    Weiß nicht was daran verwerflich ist junge Geschichte die man durch diverse Medien präsent im Auge/Sinn hat näher zu empfinden, als prä-historische, schlecht dokumentierte Sagen über Feldzüge.


    Alex

    Zitat

    Original von Dirtbag


    ...


    Wenn man also schon Gewissensbisse hat, wäre es dann nicht angemessen, sie auch konsequent zu haben? Oder sind die Morde und die Toten der Vergangenheit ein bisschen weniger Mord und ein bisschen weniger tot, weil sie weiter weg sind? Frei nach dem Motto "Aus den Augen aus dem Sinn"?
    ...


    Danke für deine Meinung...


    Du hast absolut recht... und alles an dem was du sagst ist absolut wahr, nur habe ich


    1. keine Ahnung von dem was abging in den ganzen anderen Konflikten... Ich bin kein Geschichte-Experte und weiß von einigen Ereignissen mehr und von anderen garnicht


    2. ich habe so gut wie keine Verbindung zu Alexander den III von Makedonien (außer dem wunderbarem Vornamen), während meine und wahrscheinlich auch eure gesamte Familie direkt im "großen Vaterländischen Krieg" Involviert waren oder zumindest betroffen...


    Da ich darüber weiß, mehr von "Augenzeugen" gehört habe und mich aus eigenem Interesse mehr darüber gebildet habe, ist der Konflikt an der Ostfront eben viel Präsenter als irgendein Alexander - selbst wenn sein Feldzug auch nicht gerade schön war. So ist es eben. Ich bin Geborener Sowjet und habe einen gewissen Rest an anerzogenen Stolz darauf, dass unsere Nation damals der Hauptgrund dafür war, dass Nazi-Deutschland NICHT die Weltherrschaft errungen hat. (JA, ich persönlich habe nichts gemacht, und JA, einige sagen so und andere so, und JA, Stalin war ein ähnlich schlimmer Verbrecher. Und NEIN, dass soll jetzt keinen kränken, der Vorfahren hat, die als mutiger Soldat für Ihr Land gekämpft haben. - oh man, ist das alles ein heikles Thema)


    Was ich sagen will ist: Junge Kriege zu denen man auf persönlicher Ebene bezug aufbauen kann, gehen eher unter die haut als alte Konflikte, von denen man keinerlei Ahnung hat was genau da abging. (und die habe ich meistens eben nicht)

    Mir ist egal was die anderen sagen... aber mir ist mein Gewissen nicht allzu egal...


    Daher ist mir auch egal wie ich es anderen erkläre, sondern ich muss es vor MIR SELBST vertreten können.


    das ist nich allzu trivial


    edit: ich meine damit: es ist in jedem Fall "Unterhaltung" egal wie man es dreht... Aber, dass viele viele Millionen in diesem Feldzug ihr leben gelassen haben und (VOR ALLEM WIE!) darüber macht man sich während des Spiels nicht allzu viel Gedanken...


    Klar in Puerto Rico ist man Sklavenhändler und in Brass ist man ein Gewissensloser Industriemogul... Da gibt es viele Spiele die keine allzu "gute" Rolle in die Schuhe des Protragonisten Stecken.


    Aber bei No Retreat fühle ich mich dennoch anders.


    Alex

    Zitat

    Original von ravn
    Labyrinth von GMT über den "War on Terror" bleibt zum Glück ausreichend abstrakt von der Darstellung. Klar tauchen historische Ereignisse auf, aber man plant als Jihadist einfach nur einen Anschlag in dem oder dem Land, indem man würfel und einen Marker platziert und nicht konkret, wie man per Autobombe möglichst viele Ungläubige zerfetzen kann. Da fand ich Meltdown von Cwali Games schon unangenehm plastischer mit den Pöppeln in Menschenform, die je nach Strahlungsgrad erst nur umfallen und dann sich am Boden wälzen (= weiter umgedreht werden). Wobei man entscheiden musste, ob es sich die noch lohnt, die zu retten. Hat mir auf dieser Ebene dann keinen Spielspass mehr gemacht.


    Cu / Ralf


    Da scheinst du mir eine noch höhere Schmerzensgrenze zu haben...


    Alex

    Ich bin schon seit einiger Zeit in den Geschmack des "No Retreat: The Russian Front" (NR) gekommen.


    Dieses Spiel behandelt den wohl größten, brutalsten militärischen Konflikt der Menschheitsgeschichte.


    Ich selbst bin geborener Soviet und komme aus dem heutigen Weißrussland. Ich kann mir nur kaum vorstellen wie etwa 2/3 der gesamten Bevölkerung dieses Landabschnitts im Krieg ihr leben gelassen haben. Ich kann mir auch nur kaum vorstellen, dass nur einzelne wenige jüdische oder jüdisch/arabisch aussehende Menschen am Leben geblieben sind.


    Mein Großvater ist ethnisch "jüdisch" (also vom Aussehen, wenn auch ungläubig), er ist 1940 geboren und musste zusammen mit seiner Mutter nach Osten vor den Deutschen fliehen. Sein Onkel hat in jungen Jahren (wohl um die 20) den gesamten Krieg durchlebt. Vom ersten Tag an stand er an der Front und ist schlussendlich (verwundet) bis nach Berlin gekommen.
    Dieser konnte, wie mein Opa sagt, sobald er getrunken hatte nur noch über den Krieg reden. Mein Opa selbst spricht ungern über seine Jugend. Es mangelte an allem, und besonders die "Juden" waren sehr arm dran. Auch seine Eindrücke und Erinnerungen sind sehr "post-apokalyptisch". Seine Kindheit besteht aus Mundraub, Suchen nach Schrott (aus dem Krieg) um es zum Altmetall zu bringen und Suchen nach unverfeuerten Geschossen, um den Sprengstoff dazu zu nutzen im Fluss zu "fischen". Er erinnert sich an viele viele Behinderte Menschen. Häufig Menschen ohne Beine, welche auf einem selbstgebauten "Skateboard"(wie er sagt) rollten, und um die sich kaum gekümmert wurde. Er sagt diese seien ca. 10 Jahre später ganz von der Bildfläche verschwunden... wahrscheinlich einem der vielen möglichen Tode erlegen.


    Ich könnte hier noch etwa 2h lang von seinen Erzählungen schreiben... aber ihr seht sicherlicht was ich meine.


    Wenn ich ein Spiel wie NR spiele, dann sehe ich das alles nicht. Ich sehe nicht das unendliche Leid der Menschen und die Millionen von Toten. Ich sehe nicht Kanibalismus, Holocaust, Arbeits-Lager, Mord ....


    Wenn ich sowas spiele dann sehe ich nur die strategische Komponente. Für mich ist es simpel gesagt in dem Moment nichts anderes als Schach.


    Ist das Legitim?


    Mein gesunder Menschenverstand sagt mir "ich darf das nicht so einfach..." ich habe den Eindruck ich müsste mir da mehr gedanken drum machen, die Konsequenz meiner "Befehle" realisieren und verstehen, was da gerade abgeht.


    Ich habe mal ein wenig gelesen und sehe überall bei solchen Fragestellungen Vergleiche mit Schach, Go und Super Mario... denn das ist alles (abstrakter) Krieg und das letzte ist zumindest Mord an unschuldigen Schildkröten.


    Ich sehe den Punkt im Vergleich aber ich erachte das als unfair. Ein Spiel wie GO ist abstrakt. Es handelt nicht von einem Speziellen Krieg. Es könnte auch ein Instrument von Außerirdischen sein, Kriege gewaltfrei zu klären. Go erklärt/verherrlicht/spielt keinen realen Konflikt nach.


    In NR will ich nicht unbedingt die Rolle des OKH oder gar Hitlers einnehmen um Lebensraum von den Russen zu rauben. - Wenn ich das Spiel spiele, will ich aber gewinnen... und ich spielte bisher meistens die Wehrmacht... Das ist noch ein weiterer Gewissenskonflikt.


    Ich will hier keine Diskussion darüber haben ob es OK ist oder nicht Kriegsspiele zu spielen...


    Denn: jeder kann (fast) machen was er will... und ein AntiKriegsspiel spielen ist da noch harmlos und tut keinem weh.


    ... ich will stattdessen lieber verstehen, was Ihr denkt, fühlt und glaubt, wenn ihr ein solches Spiel spielt. Rechtfertigt ihr euch das? Wie geht Ihr persönlich damit um? Ich fühle mich wirklich schuldig wenn ich denke "Krieg ist spannend", bin ich doch eigentlich im Herzen ein Pazifist.


    Danke für jede Meinung!


    Alex