Beiträge von Herbert im Thema „Ameritrash - warum die Ablehung?“

    Zitat

    Original von Tom13
    Bei den Eigenschaften schoss mir sofort durch den Kopf: Agricola, Caylus, Puerto Rico.
    Die Spiele stimmen mit (fast) allen genannten Eigenschaften überein - lediglich das vorzeitige Ausscheiden fällt weg.


    Spieldauer und Regelumfang halten sich bei den Dreien doch im Rahmen. Assymetrie kommt vor, aber nicht in Verbindung mit Zufall.


    Zitat

    Original von Tom13
    Sind demnach 'Euros' auch Amitrash? Wo liegen denn nun die Grenzen? Oder gibt es gar keine?


    Mit Sicherheit beeinflussen sie sich gegenseitig. Viele Wallace Spiele verbinden z.B. Eigenschaften von Eurogames und Ameritrash.

    Die Frage war ja "warum die Ablehung" und nicht "wie mit der Ablehnung umgehen", daran will ich mich mal versuchen.


    Zunächst mal stellt sich da natürlich die Frage, was denn genau Ameritrash ist und was ihn ausmacht.


    Ich verstehe unter Ameritrash Spiele wie:


    Cosims zählen für mich nicht zum Ameritrash. Ameritrash muss dabei nicht unbedingt aus den USA kommen, er tut es aber zumeist, wie sonst kann auch der Name zustandekommen.


    Eine interessanten Artikel zum Thema findet man übrigens hier bei BGG. Die Quintessenz dahinter ist: "Der grundlegende Designgedanke beim Ameritrash ist Dramatik". Beim Eurogame sieht man den grundlegenden Gedanken Eleganz, beim Cosim Realitätstreue.


    Ameritrash Spiele haben für mich folgende typische Eigenschaften:

    • Assymetrie
    • umfangreiches Regelwerk
    • Spieler können vor dem Spielende ausscheiden
    • lange Spieldauer
    • schrullige Themen


    Wohlgemerkt: Es sind Eigenschaften von Ameritrash, aber sie definieren das Genre nicht. Auch Eurogames können eine oder mehrere dieser Eigenschaften besitzen und nicht jedes Ameritrash Spiel besitzt alle dieser Eigenschaften. Sie sind aber allesamt bei Ameritrash häufiger anzutreffen als bei Eurogames. Und sie halten viele Mitspieler von Ameritrash (und auch von anderen guten Spielen) fern.


    Assymetrie bedeutet in vielen Fällen auch unterschiedliche Siegchancen für die Spieler. Wenn mein interesse beim Spielen im wesentlichen auf das Gewinnen fixiert ist, dann will ich doch Chancengleichheit. Ein Spiel zu verlieren, wo ich von vornherein auf verlorenem Posten stand, was soll das? Und ich weiss es ja vorher nicht. In Cosmic Encounter kann es zu Konstellationen kommen, da steht der Sieger von vornherein so gut wie fest. Das Spiel ist in diesem Falle genaugenommen sogar broken.


    Assymetrie bedeutet aber auch unterschiedliche Strategien für die Spieler. Wenn ein Spieler häufig gewinnt, kann ich mich ja üblicherweise an seiner Strategie orientieren. Bei Ameritrash erfordert aber häufig jede Konstellation ihre eigene Strategie. Ich kann mir also keine Standardstrategie für das Spiel zurechtlegen. Bei Cosmic Encounter muss ich sie in jedem Spiel neu nach meiner Rasse ausrichten und an den Rassen meiner Mitspieler. Wer gerne auf Standardstrategien zurückgreift, wird hier nicht glücklich.


    Umfangreiches Regelwerk ist wohl selbsterklärend. Die meisten unter uns werden bei vielen Spielen den Erklärbär geben und machen sich dabei meist schon im Vorfeld einen Kopf, wie sie ein Spiel nach dem Regelstudium didaktisch richtig aufarbeiten. Was erzähle ich in welcher Reihenfolge, was kann ich am Anfang weglassen und im Spiel bei passender Gelegenheit nachliefern. All dies tut man, um die Regelhürde für die Mitspieler zu minimieren. Diese Aufgabe wird bei Ameritrash meist noch ein wenig anspruchvoller als sie ohnehin schon ist.


    Spieler können vor dem Spielende ausscheiden geht bei vielen gar nicht. Da geht man zu einem Spieleabend, am besten zu mehreren in Fahrgemeinschaft und dann fliegt in einem Vierstünder einer nach der ersten Stunde raus. Nicht wirklich das gelbe vom Ei. Zum kibitzen ist man ja nicht gekommen.


    Und die lange Spieldauer ist natürlich auch ein Grund, sich nicht auf das Spiel einzulassen. Bis zu einer Stunde ist O.K., dann muss was anderes gemacht werden. Ich kann so etwas zwar nur schwer nachvollziehen. Habe ich keine Lust auf ein Spiel, dann ist mir auch eine Stunde zu lang. Habe ich aber Lust auf das Spiel und es hat genügend Substanz für eine längere Spieldauer, dann nehme ich mir die Zeit gerne.


    Und die schrulligen Themen tun ihr übriges. Science Fiction, Fantasy oder Horror sind nicht jedermanns Ding. Dann schon lieber im Tierreich wie bei Hase und Igel, in real existierenden Gegenden wie Puerto Rico oder in der realen Geschichte bei Thurn und Taxis. "Reale Themen wollen wir, im Leben wie im Spiel!"



    Das sind wohl die Gründe, die bei den Einen für die Ablehnung des Ameritrash sorgen und bei den Anderen dafür, dass sie ihn lieben.