Ich habe mich jetzt durch das 30seitige Walkthrough gelesen und dabei die Züge mit dem aufgebautem Spiel verfolgt. Dabei ist der Walkthrough-Text schön launig geschrieben und wird dadurch fernab des trockenen Themas lesenswert, aber eben auch aufgebläht lang. Wer es kürzer mag, greift zur Original-Anleitung.
Im Kapitel 7 angelangt weiss ich jetzt, wie das Spiel aufgebaut wird, dass es 5 verschiedene Fraktionen gibt, die miteinander im Wettstreit um die Ausbeutung des Weltalls stehen und verschiedene Sondereigenschaften besitzen. Zudem habe ich die Funktionsweise des Spielertableaus verstanden und weiss, dass man sich per Ersteigerung aus drei verschiedenen Gruppen sein Raumschiff zusammenbaut.
Zudem ist Wasser wichtig, weil Rohstoff, Treibstoff und Geldquelle zugleich. Ersteigert sind die Raumschiffbauteile toll, aber zusammengebaut werden die erst im Niedrigen Erdorbit und da muss man die hochschaffen, was je nach Gewicht auch Geld kostet. Geld gleich Wasser muss man allerdings auch als Treibstoff mit sich führen, damit man überhaupt irgenwohin ankommen kann. Weil jeder Triebwerkstoss verbraucht Treibstoff und der ist begrenzt und teuer. Je weniger man mitnimmt, desto leichter ist man, desto weniger weit kommt man. Oder man setzt auf Sonnensegel, braucht keinen Treibstoff, sollte sich dann aber in Sonnennähe aufhalten und Bremsmanöver ganz schnell vergessen, weil das halten Sonnensegel nicht aus.
Der Spielplan beschreibt die möglichen Routen zu den Planeten unseres Sonnensystems und anderen interessanten (und in echt existierenden) Orten wie Kometen und diverse Monde & Co. Dabei sind die Lagrange Punkte ebenso wie die Hohmann Kreuzungen originalgetreu eingezeichnet, weil die eben entscheidend für den Treibstoffverbrauch bei Kurskorrekturen sind. Zudem sind die Besonderheiten und Gefahren dieser Routen auf den Plan umgesetzt, angefangen von Strahlung über toxische Winde der Venus bis zur Schwerkraftproblematik des Merkurs in direkter Sonnennähe akkurat berücksichtigt. Einmal verstanden ist der auch nicht mehr so überladen wirkend.
Leider hört der Walkthrough an der Stelle auf, bevor ich auf zur ersten Landung ansetze, erste Rohstoffe suche und finden kann, erste Fabriken baue. Aber hoffentlich werden die fehlenden Teile noch veröffentlicht, weil diese Art der Spieleinführung ist wirklich gelungen.
Spielerisch simuliert High Frontier den Weltraumflug auf einem wissenschaftlichen Detaillevel, der auf Fakten aufbaut, die dann in einzelne Spielmechaniken umgesetzt sind. Es ist also ganz klar kein typisches Eurogame, wo ein genialer Mechanismus vorhanden war, dem dann ein Thema übergestülpt worden ist. Hier ist es eher umgekehrt: Das Thema war da und nun lag es am Autor, da passende Spielmechaniken zu finden, die in der Gesamtsumme Sinn und Spielspass machen oder zumindest den Spielspass nicht behindern, während man das Thema Weltraumflug erlebt.
Deshalb die klare Warnung: Das Spiel ist meiner ersten Meinung nur für SF-Weltraum-Astronomie-Raketenbau-Fans, die eine Mission to Mars & Co mal selbst planen und durchführen wollen. Kann gut sein, dass es geniale Taktiken, Strategien und Spielmechanismen gibt, aber in erster Linie steht die wissenschaftlich korrekte Umsetzung des Themas.
Teils bedeutet dass, das man in der Spielmechanik vereinfacht für diverse Gefahren mit W6 würfelt (teils modifizert) und bei einer 1 ist das Raumschiff vaporisiert. Warum es diese Gefahr gab und welcher Auslöser dafür verantwortlich war, weiss man aber immer vorab und kann selbst entscheiden, ob man zusätzliche Risiken auf sich nimmt. Komplett durchplanen kann man aber nicht alles, da schlägt eben wieder das Thema Weltraumflug zu.
Das W6-Würfelwurf-Beispiel soll bitte nicht abschrecken, nur zeigen, dass einige Spielmechaniken an sich eher einfach, in der Kombination mit dem Thema aber vielfältig und passend sind. Zudem gibt es neben den Basisregeln noch die Erweiterung, die ein mehr an Möglichkeiten, Details und einige neue Spielmechaniken bietet. High Frontier setzt seinen Schwerpunkt aber klar auf Erlebnisspiel. Ein thematisch in wissenschaftlichen Details verankerter Ami-Trash könnte man liebevoll sagen. Sozusagen auf der entgegengesetzten Skala eines Caylus angesiedelt. Bisher gefällt es mir aber, auch weil es etwas Besonderes bietet.
BTW: Die Erweiterung erweitert den Spielplan an der linken Seite, aber leider passen nicht alle Fluglinien, wenn man den direkt anlegt. Man muss schon eine Lücke von 1 cm lassen, weil der Hersteller ein Teil des Plans einfach als Kante umgeschlagen hat. Kein Beinbruch, aber doch irgendwie schade, weil der Spielpla als astronomische Karte schon beeindruckend wirkt.
Cu / Ralf