Beiträge von ravn im Thema „Zukunft des Brettspiels?“

    Teburu von CMON : Interessanter Ansatz. Allerdings sehe ich ein Problem dabei. Die Entwicklungskosten für ein neues Spiel. Aktuell kann eigentlich jeder ein Brettspiel herstellen lassen. Eine Autoren-Idee reicht, ein Grafiker und ein Redakteur und das alles per Crowdfounding vorfinanziert. Unzählige neue Verlage haben das bewiesen - mal gut und mal weniger gut ausgereift und umgesetzt.


    Durch die App-Komponenten von Teburu und der aktiven Hardware, die Feedback an die App zurückgibt, kommen ganz neue Kostenfaktoren dazu. Die Entwicklungskosten eines Spiels steigen und ob und zu welchen Kosten Dritte fernab CMON dieses System lizensieren und nutzen können, ist fraglich. Kann so ein Spielsystem die Kosten wieder einspielen? Wohl nur, wenn es damit gelingt, neue Käuferschichten zu erschliessen. Nur die Smartphone-Zocker wie auch die Konsolenspieler oder die PC-Gamer haben einen ganz anderen Ansatz, warum die ihre digitalen Games daddeln. Die haben ihre ganz eigenen Vorteile und Ansprüche. Ein per App interaktiv aufgebohrtes Brettspiel bleibt da zu sehr Brettspiel und deshalb in seinem Genre mit seiner Zielgruppe gefangen. Dem gegenüber steht die Fraktion der Oldschool-Brettspieler, die jegliche Technik im Brettspiel ablehnen und damit die potentielle Käufergruppe minimieren. Man braucht sich aktuell ja nur umsehen. Wie viele spielenswerte Brettspiele mit App-Unterstützung gibt es aktuell auf dem Markt und warum gibt es nicht mehr, obwohl doch jeder ein Smartphone hat?


    Ich wünsche CMON viel Erfolg, bin aber skeptisch. Eben weil ich in der Vergangenheit zu viele Brettspiel-Plus-Systeme habe scheitern sehen. Meist lag das an der zu beschränkten Hardware, die das Brettspiel eher eingeschränkt statt erweitert hat und zu wenig Mehrwert gegenüber komplett analogen Brettspielen geboten hat. CMON und Asmodee sollten aber über ausreichend Finanzmittel verfügen, um so ein System ausreichend pushen zu können. Am Ende zählt aber, ob das Gebotene das Brettspielerlebnis wirklich aufwerten kann und fernab der ersten Faszination überlebt.

    Einfache 1:1 Umsetzungen von Brettspielen auf "computerunterstützte Brettspiele" werden nicht funktionieren. Da wage ich mich mal in die Propheten-Rolle. Warum sollte ich ein "Mensch ärgere Dich nicht" aufwändig durch Multimedia-Technik aufgeblasen spielen wollen, wenn es vom eigentlichen Spielprinzip mndestens genauso gut am Spielbrett funktioniert?


    Da müssen schon Spiele her, die einen echten spielerischen Mehrwert bieten - über schöne Videosequenzen hinaus. Deshalb hat mich Yvio bisher auch nicht überzeugt, weil es z.B. bei Freibeuter der Karibik die Story im Hintergrund kaum mit dem eigentlichen Spiel verknüpft und im Prinzip nur ein Ware X nach Hafen Y bringen ist mit Zufallskämpfen aufgelockert. Das Spiel an sich würde aber genauso als klassisches Brettspiel funktionieren. Warum also Yvio?


    Das Beispiel Wii zeigt zudem deutlich, wie eng beschränkt die Genres sind, die ein technisch in sich geschlossenes System anbieten kann. Viel mehr als Fuchtelsteuerungen sind da nicht möglich. Als kurzweiiger Partyspass ganz nett, aber leider mit wenig Langzeitmotivation - schlicht weil der Tiefgang der Spiele fehlt Zudem fehlt auch die Rechenpower der Konsole, um komplexere oder innovativere Spiele umzusetzen. Da sich Wii am Markt aber gut verkauft, wird sich so schnell nichts daran ändern. Warum auch? Einfachst-Geschicklichkeits-Bewegungs-Spiele laufen doch.


    Wenn die "Zukunft des Brettspiels" eine Basis-Station erfordert, die man zunächst noch kaufen muss, hängt der Erfolg von den verfügbaren Spielen und dem Preis der Basis-Station ab. Und wenn diese Basis-Station nur für Brettspiele einzusetzen ist, dann wird die Käuferschicht zu gering ausfallen, um technisch komplexe Geräte zu einem vernünftigen Preis anzubieten. Erst bei 299 Euro hat sich die PS3 gut verkauft und die ist nicht nur Spielkonsole, sondern auch Blu-ray-Abspielgerät und ermöglicht den Zugang zum Internet. Für damals 599 Euro haben nur die absoluten Freaks zugeschlagen.


    Mein Fazit: Auf absehbarer Zeit werden Brettspiele weiterhin Brettspiele bleiben. Erst wenn neue Technologien wie "elektronisches Papier" wirklich marktreif sind und neue preiswerte Möglichkeiten bieten, wird sich der Brettspielmarkt in Richtung Zukunft bewegen. Bis dahin werden diverse elektronische Projekte nur Freakprodukte bleiben.