Beiträge von ravn im Thema „Eine hohe Downtime-Abwertung des Spiels?“

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    Original von Sternenfahrer
    Anderes Beispiel - TITAN von AH. Ein Urgestein der Spielszene, aber mit laaaaaaaaaaaaaaaaanger Downtime. Wenn zwei Spieler untereinander ihre Schlacht austragen, dann interessiert mich sogar das Ergebnis der Schlacht, aber die Schlacht selbst eigentlich nicht... Fans werden sagen, daß man daraus Rückschlüsse auf die Taktik usw. usf., aber das langweilt mich persönlich.


    Deshalb halte ich TITAN für ein schlecht designtes Spiel: In vielen Situationen sind nur zwei Spieler aktiv beteiligt und man kann sogar noch vorzeitig ausscheiden. Altes, überholtes Spieldesign, das Downtime fördert. Diesen Typus von Spiel halte ich bei aktuellen Veröffentlichungen aber eher für eine Ausnahme. Wer kennt aktuelle Beispiele, wo die Downtime vom Spieldesign vorgegeben ist und eben nicht von den Spielern provoziert wird aufgrund Denkstarre?


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    Original von Sternenfahrer


    Hm, sind das nicht genau die, welche ein Spiel spielen "um Spaß zu haben" und nicht, "um zu gewinnen"? Ehrlich gesagt hatte ich genau diese Spieler vor Augen, als Du weiter oben davon gesprochen hast, daß man doch um des lieben Frieden willens auch mal suboptimale Züge voreilig machen sollte, nur, damit alle auch schön oft drankommen... :box:


    Ne, das sind meiner Meinung nach die Spieler, die mitspielen, obwohl sie kein wirkliches Interesse an dem Spiel haben - oder sich was anderes von dem Spiel versprochen hatten und dann selbst gelangweilt sind und deshalb die Spielrunde ausbremsen, weil sie nicht mit- und vorausdenken wollen. Spass-Spieler spielen hingegen aktiv mit, erlauben sich aber auch supotimale Bauchzüge, weil sie nicht alle Optionen in aller Tiefe durchdenken wollen. Soweit meine Erfahrung, wobei sich das eh nicht verallgemeinern lässt. :)


    Cu / Ralf

    Um den ursprünglichen Faden wieder aufzunehmen: Bei der ganzen Downtime-Diskussion sollte man schon unterscheiden, wann man Downtime empfindet. Das kann von Spieler zu Spieler ganz unterschiedlich sein und hängt wohl auch stark davon ab, wie viel Interesse man generell für das Spielgeschehen an sich aufbringt:


    Da gibt es Spieler, die sich eher wenig für die Züge und Aktionen der Mitspieler interessieren und erst wieder aufs Brett schauen, wenn man sie erinnert, dass sie jetzt am Zug sind. Ob die Downtime empfinden, weiss ich nicht, müsste jemand sagen, der sich angesprochen fühlt.


    Allerdings können diese Spieler eben Downtime für die restliche Spielrunde erzeugen, die durchaus an den Aktionen der Mitspieler teilhaben will. Aber wenn während der Denkpause dann minutenlang nichts passiert, was man selbst beobachten und analysieren könnte, wird es nervig und langweilig, weil es nicht voran geht. Ebenso wird es aber auch nervig (zum Glück nur selten erlebt), wenn man angetrieben von einem Schnellspieler durch die Aktionen hastet und vom Spiel wenig übrigbleibt. Gibt also auch das gegenteilige Übel.


    Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte ebenso, dass in den wenigsten Fällen Downtime durch das Spieldesign entstehen muss. Weil dann wäre es ein Designfehler und schlicht ein schlechtes Spiel. Nicht aktiv verbrachte Spielzeit wird ja erst zur Downtime, wenn einem das Spielgeschehen egal wird, weil es keine Auswirkungen auf den eigenen Zug hat und/oder die Aktionen der Mitspieler im Grunde uninteressant sind, weil der Ausgang schon feststeht und/oder kein Spannungsbogen vorhanden ist und/oder man selbst keinen Zugang zu dem Spiel gefunden hat. Wenn einem aber das Spielgeschehen egal wird und die Aktionen der Mitspieler uninteressant sind, dann ist es entweder ein schlechtes Spiel - oder man (was wohl eher zutrifft) selbst nicht die Zielgruppe dafür und erlebt eben Downtime.


    Cu/Ralf

    Die Frage kann doch sein, was eine hohe Downtime auslösst: Entweder das Spiel selbst und/oder die Spieler. Wenn beides zusammenkommt, kann es dann schon heftig werden. Wobei mir persönlich die gemessene Spielzeit relativ egal ist, solange die gefühlte Spielzeit für meine Mitspieler und mich zum Spiel passt. Wenn ich mich anfange, zu langweilen, weil man ausser Warten wenig im Spiel machen kann, dann ist das Downtime für mich, die zur Abwertung des Spiels führt. Immer besser, wenn man ständig involviert ist, auch wenn die Mitspieler am Zug sind. Je mehr Interaktion desto besser.


    An sich gute Spiele, aber leider hohe Downtime haben für mich: Tikal & Co Serie, bei der jeder X Aktionspunkte und Y Aktionsmöglichkeiten hat und man ausser passivem Beobachten nix im Mitspielerzug machen kann, ausser eben warten, bis man selbst wieder agieren kann. Wenn dann noch Denkstarre dazukommt, oh je. Generell besser wenn man Abneigung gegen Downtime hat, wenn reihum in Phasen einer Runde gespielt wird, als dass ein Spieler komplett alle Phasen durchläuft, bevor der nächste Spieler am Zug ist. Oder?


    Cu/Ralf

    Wenn man sich einfach damit abfindet, in Brettspielen nicht alles kontrollieren zu wollen und auch nicht meint, man könnte diesen Zustand durch ewiges Nachdenken erreichen, dann stimmt meiner Meinung schon mal der Grundgedanke. Fehleinschätzungen und nicht optimale Entscheidungen gehören einfach dazu. Die Herausforderung ist dann auch, das Beste (in der gegegeben Zeit) daraus zu machen.


    Für mich ist ein Brettspiel auch immer ein Gruppenerlebnis. Wer es hingegen eher als solitäre Knobelei sieht, immer und jederzeit das Optimum zu erreichen und dem Sieg alles unterordnet, hat da wohl eine andere Vorstellung von Brettspielen. Sollte man in der Runde drüber sprechen, wenn es die Spielstimmung für Einzelnen tötet.


    Cu/Ralf

    An anderer Stelle schon mal im spielbox-Forum gepostet (damals ging es um Denkstarre), trifft hier aber bei Downtime ebenso zu:


    Wer für sich in Anspruch nimmt, bei seinem Zug alle Optionen durchrechnen zu wollen und damit gefühlt ewig Zeit verbraucht, kann ein Spiel kaputtspielen. Weil wenn das die Mitspieler auch machen, dann wird das Spiel kaum über die x-fache Spielzeit tragen. Machen das die Mitspieler hingegen nicht, weil sie das Spiel beschleunigen wollen, kann der Optimier-Freak einen gravierenden Spielvorteil auf Kosten der Mitspieler haben, gewinnt eventuell dadurch und macht zudem das Spielgefühl für die Mitspieler kaputt!


    Anders sieht es für mich allerdings aus, wenn jemand das Spiel noch nicht kennt und schlicht unsicher oder in der Situation überfordert ist, was er überhaupt machen kann. Da muss man den Mut haben bzw. vermitteln können, die erste Partie auch mal aus dem Bauch heraus zu spielen, um das Spiel im Spiel kennenzulernen und nicht bedingungslos auf Sieg.


    Am besten allerdings, man einigt sich vorab auf eine Marschroute. Weil mit rollenden Augen dem Geschehen beiwohnen und es still ertragen, kann nicht Sinn der Sache sein bei einem Freizeitvergnügen, das eigentlich allen Mitspielern Spass machen sollte.


    Cu/Ralf

    Abenteuer in Mittelerde ist so ein Kandidat für Downtime - zumindest in der Vollbesetzung mit 4 Spielern. Das Spiel braucht seine Zeit, man muss sich ebenso die Zeit nehmen, damit durch die Kartentexte auch die Atmosphäre wirken kann. Aber einige Karten wiederholen sich einfach zu schnell (nach der zweiten Partie) und ein Wald voller toter Elfen kann da schnell langweilig werden.


    Zudem passiert je nach gewählten Charakter und deren Questen recht wenig, wenn man Pech hat. Da ist man mehr passiver Zuschauer eines Mittelerde-Abenteuers, als das man selbst aktiv viel dazu beitragen kann. Ok, man kann sich immer noch mit seinen Mithelden beraten, aber meist ist die Vorgehensweise für die nächsten Züge recht offensichtlich und zu detailiert vorausschauend sollte man im Angesicht von Sauron eh nicht beratschlagen.


    Fazit: Weiterhin schönes Spiel, weil eben anders und voller liebevoller Atmosphäre, aber der eigentliche Spielanteil am Spiel kann schon mal extrem gering ausfallen. Wird höchste Zeit für mehr Questvielfalt auf Heldenseite und neue Bedrohungskarten auf Seite von Sauron. Oder taugt das Spielprinip einfach über die erste Kennenlernpartien des Neuen nichts?


    Cu/Ralf