Beiträge von malzspiele im Thema „Was ist für mich ein richtig gutes Spiel?“

    Dank guter Rundenübersicht ist La Granja für mich da aber eher ein positives Beispiel. Das ist klar strukturiert und die einzelnen Schritte erfüllen doch eigentlich dein Kriterium der „vielen kleineren Aktionen“.

    Auch hier sehe ich es anders: Schon die Tatsache, dass eine solche Rundenübersicht notwendig ist, ist ein schlechtes Zeichen. Für mich der Grund, das Spiel wieder zu verkaufen.

    Ich widerspreche. Klar ist das Thema bei der Crew eigentlich egal, aber dennoch trägt es seinen Beitrag zum Gesamtgefühl bei. Mit „nackten“ Karten und ohne Thema wäre es in meinen Augen weniger reizvoll. Gerade die verschiedenen Missionen/Level passen doch eigentlich ganz gut. Die Missionsbeschreibungen hätten für mich kürzer sein können, aber dass thematisch überhaupt elnzelne Missionen sind, fand ich schon gut.

    So unterschiedlich sind die Leute. Für mich ist das Thema komplett willkürlich und taucht im Spiel gefühlt gar nicht auf. Das kommt teilweise sicherlich daher, dass wir uns auch niemals die Mühe machen würden, die Missionstexte durch- oder gar laut vorzulesen.

    Alles, was Flavour-Text ist, also nicht relevant für den mechanischen Spielablauf ist, wird bei uns ignoriert. Das Thema muss sich aus den eigentlichen Aktionen und den Bezeichnungen der spielrelevanten Abläufe ergeben. Ansonsten kann man darauf auch verzichten.

    - Und ein Aspekt, der in letzter Zeit etwas mehr durchdringt: Ich werde ein wenig kritischer was einzelne Schritte beim Aufbauen betrifft. Ich liebe #Brass, aber das fummelige Sortieren der einzelnen Plättchen auf dem eigenen Tableau nervt mich. Es darf gerne eine Partie #Distilled sein, doch das Nachschlagen und Aussortieren, welche Charakterkarten bei welcher Rezeptkarte zur Auswahl stehen, empfinde ich als umständlich. Ein Auseinandersortieren der Materialien am Spielende ist für mich hingegen deutlich entspannter. Das macht mir (noch?) nichts aus.

    Ein guter Punkt! Das habe ich ganz vergessen, ist durchaus auch wichtig.

    Welche Positivbeispiele gibt es denn für die einzelnen Kriterien?

    Positivbeispiele sind gar nicht so einfach ... Ich versuche es mal:

    1) Da sehe ich in meinem Regal viele Spiele, die das schon recht ordentlich machen, also: Terraforming Mars, Arche Nova, Stone Age, Die Burgen von Burgund, Notre Dame, Puerto Rico, Rokoko, usw.

    2) Ganz heikler Punkt. Ich kenne kein Spiel, welches das wirklich gut löst. Auch unsere Designs bisher nicht, weil es echt schwierig ist.

    3) Auch hier als Beispiel: Terraforming Mars, Arche Nova, aber auch Tapestry, Great Western Trail, etc. Im Prinzip alle Spiele, deren Ablauf einfach daraus besteht, immer wieder reihum einen Zug zu machen. Dazwischen maximal hin und wieder eine kurze Verwaltungsphase.

    4) Das passt für einen Großteil der Spiele, zumindest, so wie ich sie spielen möchte, nämlich aus dem Bauch heraus.

    5) Auch hier: Terraforming Mars, Arche Nova, Tapestry, Great Western Trail.

    6) Jedes Spiel mit fester Rundenanzahl oder einer Spielendebedingung, die klar abzusehen ist.

    7) Spontan fällt mir dazu die Urfassung von Village ein. Und fast jedes Spiel, das Michael Menzel oder Ian O'Toole illustriert haben. Auch Tapestry löst es gut.

    8) Wieder einmal: Terraforming Mars, Arche Nova. Insgesamt bin ich da nicht sehr anspruchsvoll, selbst so etwas wie First Rat oder Rajas of the Ganges ist mir thematisch immer noch gut genug.

    9) Letztlich alle Spiele, die eben keinen Firlefanz wie 3D-Pappfiguren oder 3D-Minis, die problemlos auch durch einfache Plättchen, Holztokens oder Standees ersetzt werden könnten.

    Nachtrag für: Tja, was ist für mich ein richtig gutes Spiel?

    Für die Kategorie der Füller / Absacker / Aufwärmer, also Spiele mit Spieldauer von wenigen Minuten bis höchstens eine Stunde zu mehreren sieht das bei mir ganz anders aus.

    Hier zählt für mich vor allem der Unterhaltungswert für die Gruppe. Da können gerne mal die Emotionen hochkochen. Oder das Getriebe im Gehirn auf Hochtouren laufen. Bei solchen Spielen bin ich auch bereit, kooperativ zu spielen und in dem Fall sogar auch unter (gemeinschaftlichem) Zeitdruck.

    Solche Spiele dürfen brutal glücksabhängig sein (solange es sich über mehrere Partien ausgleicht), das Material muss nicht sonderlich hübsch sein. Beispiel: Krass kariert.

    Da in einer derart kurzen Zeit nichts sinnvoll aufgebaut werden kann, benötigt solch ein Spiel eigentlich überhaupt kein Thema. Meist wirken die Versuche, ein solches überzustülpen, für mich sogar hilflos bis lächerlich. Oftmals sogar störend. Beispiel: Die Crew. Ein tolles Spiel, mit den passenden Mitspielern gerne stundenlang gespielt. Aber wozu benötigt es dieses aufgepfropfte Weltraum- oder Tiefseethema?

    (Es gibt aber auch Ausnahmen, beispielsweise das geniale Guillotine :guillotine:, wo eigentlich nur das Thema den Spaß ausmacht.)

    Wichtig ist nur, dass die Regeln überschaubar und schnell erklärt sind, dass man ohne großen Aufbauaufwand losspielen und Spielspaß haben kann. Und natürlich muss wie immer das Spielmaterial das Spielerlebnis optimal unterstützen.

    Wenn dann aber alle still am Tisch sitzen und jeder vor sich hin grübelt, ist das Spiel für mich als Absacker raus. Fürs Grübeln habe ich die großen Spiele (siehe oben)!

    Hui, da wäre ich tatsächlich mal an ein paar Hintergründen /Ausführungen (Stichworte genügen) - auch gerne per PM - interessiert! 😊

    Nachdem ich den Text fertig hatte, dachte ich mir: Warum eigentlich nicht für alle sichtbar? Deshalb also doch hier:


    Tja, was ist für mich ein richtig gutes Spiel? Das ist natürlich getrennt nach Spielkategorie zu betrachten. Für den Fall eines großen Spiels, also einem Spiel, dass vorwiegend mit mehreren Spielern gespielt wird und 60 Minuten oder länger dauert:

    Ich möchte in einem Spiel wirklich das Gefühl haben, zu spielen. Nicht zu arbeiten. Nicht zu rätseln. Kein Gedächtnistraining. Sondern bei jeder Partie relativ frei und entspannt etwas anderes ausprobieren zu können. Das bedeutet für mich, dass das Spieldesign:

    1) ... mir viele unterschiedliche Wege bietet, die ich ausprobieren kann. Es muss also mehr als ein oder zwei Hauptwege zum Sieg geben. Plus möglichst viele Mischformen. Und keiner davon darf dauerhaft besser sein als die anderen.

    2) ... mir nicht vorschreibt, was ich zu tun (und zu lassen) habe. Negativbeispiele:

    - Spiele, für die am Anfang zufällige Endwertungen gewählt werden, die später einen Großteil der Gesamtpunkte ausmachen. Oder Zwischenziele, die (zu) mächtige Boni geben. Ich werde also genötigt, auf genau diese Ziele zu spielen. In Maßen ist das okay, beispielsweise die Meilensteine bei Terraforming Mars, die sich aufteilen und bei vielleicht 10-15 Punkten pro Spieler nur einen Bruchteil der erzielten Gesamtpunkte von vielleicht 80-90 ausmachen.

    - Spiele, bei denen die Aktionen der Mitspieler mir vorschreiben, was ich zu tun habe. Im Sinne von: Wenn der Mitspieler den ersten Weg geht, musst Du den anderen gehen, weil du sonst keine Chance hast. In solchen Fällen ist dann oft schon die Spielreihenfolge entscheidend dafür, welche Wege erfolgreich sind. Schrecklich!

    - Spiele, in denen Umstände es unmöglich machen, bestimmte Wege zu probieren. Beispielsweise: Nur ein Spieler pro Runde kann Aktion X ausführen. Als Zweiter kann ich es dann nicht versuchen. Natürlich soll es Interaktion geben, aber nicht in Form von "gar nicht mehr möglich", sondern bspw. es wird teurer oder langwieriger, aber bleibt möglich. Oder aber: Um einen bestimmten Weg zu versuchen, benötigt man zwingend bestimmte Karten, die man anfangs (zufällig) einfach nicht hat. Beispiel: Die Ratten von Wistar.

    3) ... mir keinen komplexen Zug- oder Rundenablauf aufdrückt, den sich kein normaler Mensch merken kann (oder will). Negativbeispiel: La Granja.

    4) ... mich nicht ständig dazu zwingt, exakt zu rechnen. Ist zwar kein Problem für mich, im Kopfrechnen war ich schon immer gut, aber das hat mit Spielen nichts zu tun! Negativbeispiel: Funkenschlag.

    5) ... mir viele kleine Entscheidungen ermöglicht. Ich möchte also lieber 30 oder 40 ganz schnelle Aktionen als 10 große Aktionen mit Monster-Kettenzügen. Negativbeispiele: Die weiße Burg, Tiletum.

    6) ... mich zeitlich nicht unter Druck setzt. Also weder mittels Zeitlimit pro Aktion / Zug / Runde, noch indem ein Spieler mit seinen Aktionen dafür sorgen kann, dass ich mich beeilen muss, weil ein variables Spielende getriggert wird. Ich brauche (entgegen der üblichen Sichtweise vieler Redakteure / Verlage) keinen Spannungsbogen, der bei Spielende auf dem Höhepunkt ist. Ich möchte in Ruhe spielen und versuchen, damit ein (mein) Ziel zu erreichen. Negativbeispiele: Galaxy Trucker, Arche Nova.

    7) ... optisch das Spiel maximal unterstützt, also:

    - grafisch in sich schlüssig wirkt (nicht so, also ob mehrere Grafiker unabhängig verschiedene Teile gestaltet haben und irgendwer das dann mehr schlecht als recht zusammengestückelt hat). Negativbeispiel: Die Blumenstraße. Cover, Spielplan und Kartenillus haben drei völlig verschiedene Stile.

    - alle benötigten Informationen auf dem Spielmaterial, möglich symbolisch, dargestellt werden. Das sollte auch Startausstattung, Rundenwertung, Rundeneinkommen, Endwertung, etc. umfassen.

    - keine winzigen oder verschnörkelten Schriften und Symbole benutzt, sondern Nutzinformationen deutlich erkennbar darstellt. Negativbeispiel: Everdell.

    - auf platzraubende Riesenillustrationen und für den Spielablauf unnötige Flavour-Texte verzichtet.

    8) ... thematisch sinnvoll sein. Ich möchte das Gefühl haben, dass die Abläufe thematisch zumindest weitestgehend schlüssig sind. Und das Thema an sich muss auch passen. Sobald es in den Bereich "Dark Fantasy" oder Horror geht, bin ich raus. Also bitte keine Monster, Magier, Cthulhu. Feen und Waldelfen sind grenzwertig. Dafür ließe sich doch sicherlich auch ein realeres Thema finden, oder?

    9) ... auf unnötigen Schnickschnack verzichtet, vor allem auf 3D-Elemente, die das Spiel nicht braucht. Die nur Platz in der Schachtel und auf dem Tisch wegnehmen. Oder die Übersichtlichkeit behindern. Negativbeispiele: Everdell, Tapestry.

    Und wenn das ganze dann noch in einer Standardschachtelform daherkommt und in meine Spieletaschen passt, ist alles gut!

    (Fairerweise sollte ich sagen, dass in unserem Regal derzeit kein einziges Spiel steht, das alle dieser Kriterien erfüllt... ;))