Beiträge von MetalPirate im Thema „Unintuitiv, fehlende Redaktion, schlechte Übersetzungen, schlechtes Design: grundsätzliche Probleme vieler Crowdfunding Brettspiele“

    Wie seht ihr das?

    Ähnlich.

    Ich habe in 10+ Jahren 100+ Crowdfunding-Spiele unterstützt und muss feststellen, dass sich Crowdfunding im Spielebereich stark gewandelt hat. Auch wenn's für die breite Masse offensichtlich gut funktioniert und immer neue Umsatzrekorde auf GameFound & Co erreicht werden werden: Für mich persönlich läuft da vieles in die falsche Richtung. Deshalb bin ich da weitestgehend raus; meine Crowdfunding-Aktivität ist gefallen auf ein bis drei Projekte jährlich.

    In den Anfangstagen des Crowdfundings waren die Unterschiede zwischen Verlagsspielen und Crowdfunding-Spielen noch gering. Aber dann haben die Macher gemerkt, wie sie in diesem Bereich am besten Geld verdienen können und mittlerweile sind das zwei verschiedene Welten, auch wenn's natürlich weiterhin Überschneidungen gibt und die erfolgreichsten Crowdfunding-Spiele garantiert auch später im normalen Handel verfügbar sein werden. (Auch ein wichtiger Grund, warum sich Crowdfunding nicht mehr lohnt: alles wirklich Gute gibt's auch später noch. Kein Verlag der Welt verzichtet freiwillig darauf, seine Highlight-Spiele auch später noch verkaufen zu wollen.)

    Crowdfunding-Spiele haben mittlerweile eigene Design-Kriterien (insbesondere: "viel hilft viel"), eine eigene Art der benötigten Werbung (Hauptelement: FOMO), eine eigene Art des späteren Vertriebs über jährliche Erweiterungskampagnen oder ggf. neue Spiele des gleichen Verlags mit Add-On-Möglichkeit alter Spiele im Pledge Manager. Eine komplett eigene Welt, bis Anschlag darauf optimiert, die Nerd-Blase finanziell zu melken.

    Pi-mal-Daumen kann man sagen, dass es bei Crowdfunding nur darum geht, während der 2-4 Wochen Kampagnenzeit maximalen Hype zu entfachen. Alles andere ist weitgehend egal. Insbesondere geht's bei Crowdfunding-Spielen nicht wirklich darum, dass ein Spiel nach Veröffentlichungen sich durch Mund-zu-Mund-Propaganda, Ausprobieren auf Spielertreffen oder positive Berichte im Internet sich noch viele Monate lang gut verkaufen und idealerweise eine Zweitauflage rechtfertigen soll. Nach Auslieferung Unboxing-Videos mit hübschem Material und gekauften Influencern reicht völlig. Dann Erweiterungskampagne, FOMO-Maschine wieder anwerfen, und weiter geht's. Viel Mühe in Playtesting oder in eine Übersetzung zu stecken, rechnet sich für Crowdfunding-Macher einfach nicht. Deren Geld fließt eher in hübsches Aussehen und in Youtube-Alles-Hochjubler.

    Dementsprechend sind dann die Ergebnisse: Berge von hübsch aussehendem Spielmaterial in vielen bunten Kisten, aber nur sehr selten gute Spiele. Und diese wenigen gutes Spiele kann man fast sicher auch später noch im Handel kaufen. Nur vielleicht ohne irgendwelche unbalancierten Design-Abfälle, die als exklusive Stretch Goals den Backern vorbehalten bleiben, damit die sich ihr teuer bezahltes Zeugs auch weiterhin schön reden können.