Beiträge von Venyo im Thema „Unintuitiv, fehlende Redaktion, schlechte Übersetzungen, schlechtes Design: grundsätzliche Probleme vieler Crowdfunding Brettspiele“

    Wir haben neulich wieder zwei Kickstarter zum ersten Mal gespielt: Primal: The Awakening und The few and cursed.

    Ich finde, dass Regeln und Ikonografie intuitiv sein sollten. Das Setting sollte dabei nicht einfach ignoriert werden. Ein Beispiel ist die Mechanik, dass man bei The few and cursed weit weg von der Start-Stadt entfernt sein kann und dann dort hin zurück teleportiert wird, wenn man seinen Ablagestapel mischt, wenn man sonst keine neuen Karten nachziehen könnte. Ergibt logisch wenig Sinn.

    Zum Regelheft von The few and cursed meinte meine Frau, dass es das schlechteste sei, was sie je gelesen hat.

    Die Übersetzungen sind richtig schlecht. "Ein aufreizender alter Mann steht an einem Brunnen". Keine Ahnung wie das im Englischen hieß, aber mit Sicherheit wurde das nicht richtig rübergebracht.

    Das Design sollte nicht halb fertig sein. Der Name von Charakteren auf Karten steht teils quer über dem Gesicht. Icons, die die Art der Karte identifizieren, sind ohne Rand auf der Karte einfach im Artwork und je nach Farbe des Artworks nicht mehr sichtbar.

    Das Management ist teils extrem fiddly. Meine Frau hat für Primal eine vierseitige "Kurz-"Übersicht erstellt, was welche Icons heißen und wie die Reihenfolgen sind und sowas und selbst da war noch nicht alles drauf. Das stoppt ständig den Spielfluss, wenn man die Bedeutung viel zu vieler, unintuitiver Icons irgendwo nachschauen muss. "Struggle" muss aufs Monster gelegt werden (dabei sind die Spieler gemeint, die struggeln?) und das wird dann vom Monster als Ressource genutzt, um Aktionskosten zu bezahlen - finde ich auch wenig logisch. Aktionen ergeben keinen Sinn (erst kommt der explodierende Pfeil, dann der superleise Stealth-Pfeil und dann kommt random ein Backflip dazu... Tschüss Immersion, das ist dann nicht mehr cool, sondern witzig. Auch ein Problem vieler Kickstarter: too cool to be cool).

    Subjektiv habe ich noch den Eindruck, dass in Spielen von osteuropäischen Studios immer einige "sadistische" Mechaniken eingebaut sind, die das Gegenteil von Spaß sind. Ständig wird man "bestraft" beim spielen. Außerdem finde ich das "Puzzle" für den optimalen Zug / die optimale Attacke für Primal (oder z.B. auch Tainted Grail) nervig und uninteressant. Es dauert etwas, man kriegt es hin, aber es ist für mich einfach langweilig. Als würde ich gerade keine schwere, aber langwierige Matheaufgabe lösen.

    Ich frage mich auch, wie ein BGG-Rating von 8,6 für Primal zustande kommt und wenn man die die 10er-Bewertungen schaut, sind viele ohne Text und in manchen steht dann "Waiting this Kickstarter!" - ja klasse, 10er-Bewertung ohne es gespielt zu haben.

    Dieser Rant ist jetzt nicht ausgereift - manches ist Geschmackssache, anderes kommt auch bei Brettspielen mit herkömmlichem Vertriebsweg vor (Beispiel schlechte Übersetzung: Descent - Legenden der Finsternis). Aber was mich zusammenfassend nervt: viele Kickstarter hätten Redaktion gebraucht. Sie sind oft zu fiddly; es wurde ohne Rücksicht darauf, ob Thema und Mechaniken logisch noch zusammenpassen, alles Mögliche zusammengematscht und sind im Endeffekt keine guten Spiele - oder zumindest Spiele mit gravierenden Mängeln, die vor Veröffentlichung hätten bereinigt werden müssen. Aber sobald ein neuer Kickstarter angekündigt wird, der viele große Miniaturen hat, sauteuer ist und ein flashiges Design hat, drehen alle am Rad und schreien "Take my money". Das ist dann sogar noch ein Anreiz für Studios, wenig darauf zu achten, ob das Spiel am Ende rund ist und Spaß macht ohne dass man das Gefühl hat, gerade eine Steuererklärung machen zu müssen.

    Wie seht ihr das?