Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „29.07.-04.08.2024“

    Die Woche wurde eifrig gespielt, darunter einiges, was ich vorher schonmal eher unter "muss nicht" abgelegt hatte und was mir nun doch gut gefallen hat (quasi Liebe auf den zweiten Blick):

    #Conservas Kam heute an und wurde sofort ausgepackt. Der Umfang des Spiels ist für die 33 Euro, die es die Gamefound-Backer in Deutschland gekostet hat, angemessen (entspricht Beer&Bread vom gleichen Autor oder einem der kleineren Garphill-Spiele), vor allem wenn man dann noch die recht umfangreichen Stretch Goals mitrechnet - klar würde es bei einem größeren Verlag wahrscheinlich eher 20-25 Euro kosten. Bei diesem Solo-Bag-Builder, der mechanisch entfernt an Yggdrasil erinnert, versucht man in jedem der 12 Szenarien (die man zudem in zwei Schwierigkeitsstufen spielen kann) Fisch einzudosen, ohne zu überfischen. Erschien mir Szenario 1 noch viel zu einfach, zieht der Schwierigkeitsgrad bereits in den ersten drei Szenarien gut an, so dass ich mir Hoffnungen auf eine gewisse Langlebigkeit mache. Eine Runde dauert wie angegeben ungefähr 20 Minuten, für diese Dauer ist das Spiel ziemlich perfekt. Einer der wenigen Crowdfunding-Titel, mit dem ich wirklich voll zufrieden bin. Ich bin gespannt, ob Frosted dann auch die Stretch Goals dabei hat (drei weitere Szenarien und fünf Promokarten) und was sie für das Spiel nehmen werden.

    In der Vielspielerrunde gab es #Barcelona . Ich hab den Proto vor mehreren Jahren gespielt, seitdem hat sich viel getan, aber die Targi-ähnliche Aktionswahl steht weiterhin im Mittelpunkt. Wie Haddock schon meinte, wirken einige Bestandteile etwas aufgesetzt (z.B. die Straßenbahn und der "Markt"), letztlich ist das hier trotz aller thematischer Anklänge ein sehr typischer Euro-Pudding mit bekannten Bestandteilen, bei dem es mir jetzt schwerfallen würde, eine richtige Innovation auszumachen (ähnliches galt ja schon für Garcias anderes Spiel aus dem letzten Jahr, Arborea). Und meine Güte, was für eine Siegpunktgenerierungsmaschine, umso erstaunlicher, dass wir sowohl bei Platz 1 und 2 wie auch bei Platz 3 und 4 einen Tie hatten. Aber einen soliden Euro mit einiger Tiefe und hoher Wiederspielbarkeit, bei dem es einiges an Strategien zu entdecken gibt, findet man hier in jedem Fall vor. Was allerdings problematisch sein kann: Bis zum eigenen Zug kann man so gut wie nichts planen, da sich der Plan von Spieler zu Spieler immer wieder ändert. Was ich lustig finde: Barcelona startete damals auf BGG mit einer 4,0 und ist mittlerweile auf eine 3,3 runtergekracht. Die Wahrheit liegt m.E. irgendwo in der Mitte, es ist schon eher (unteres) Expertenspiel, da man zuviel auf einmal beobachten muss und gut überlegen muss, ob man gelegentlich nicht absichtlich die Mitspieler blockieren sollte. Also: Hat mir besser gefallen als der Ersteindruck hergegeben hat und wird bei der üblichen SO-Verramschung in 1-2 Jahren dann gerne gekauft. Aber ist auch für AP-Kandidaten ein Titel aus der Eurohölle, und man muss indirekte Interaktion schon abkönnen.

    In verschiedenen Konstellationen gab es dann noch #Akropolis , jenes französische Spiel des Jahres, das viele für 2023 auch im deutschen SdJ-Rennen gesehen hatten. Gefällt mir auf den zweiten Blick deutlich besser, ist schnell gespielt, eine Art halbes Ginkgopolis oder Saloon Tycoon, bei dem man Plättchen auch in der Höhe aufeinander legt. Ich hab immer noch keine ideale Art gefunden, wie man am besten bauen soll, und so lange bleibt es für mich auch frisch.

    Auf #Piratenkapern hätte ich in der Vielspielerrunde wohl besser verzichtet, das kam überhaupt nicht gut an und wurde gar mit Zombie Würfel verglichen (so schlecht ist es dann weißgott doch nicht).

    #Axio gab es noch ein paarmal mit der Freundin, die überarbeitete Neuausgabe von Knizias Einfach genial. Die Pyramiden sind witzig, und es geht deutlich schneller, das berechtigt eine Koexistenz beider Spiele im Regal. Mittlerweile ist ja wieder das Original bei Kosmos im Programm, was wohl auch schlicht das bessere und komplexere Spiel ist, aber für mal eben zwischendurch ist Axio eine nette Alternative.

    #GanzschöncleverDeluxe ist einfach nur das alte Grundspiel plus zweitem Plan, in den Ideen aus allen vier Grundspielen auf einer neuen Karte zusammengetragen wurden. Schön ausgestattet, der Würfelturm ist einfache Pappe, aber erfüllt seinen Zweck, und die separate große Auslage empfinde ich als echten Bonus. Wir haben diese Woche alle Teile gespielt, und wieder stelle ich fest, dass ich Doppelt so clever am wenigsten mag - wahrscheinlich ist dieser neue Mixed-Plan mein Favorit.

    #FuchsimWald zeigt das Risiko, wenn man eine App oft spielt - meine Freundin hat schlicht keine Chance mehr in dem 2-Personen-Stichspiel gegen mich.

    #Calico Sooo niedliche Katzen, und dann so ein mies gelaunter Brainburner. Meine Güte ist das frustig, vielleicht ja auch nur für mich, aber ich erreiche hier nie alle Ziele, es fühlt sich wie ein Puzzlespiel an, bei dem man einfach nie die Chance hat, an die richtigen Teile zur richtigen Zeit zu kommen. Wahrscheinlich braucht man einfach ein wesentlich besseres Gedächtnis und Übersicht über die Mitspieler. Wird nicht mehr meins, darf wieder ganz hinten im Regal verschwinden.

    #Liberatores Da hat die Schmiede bzw. Giant Roc aber mal kräftig ins Klo gegriffen. Ein völlig unausgereiftes Social-Deduction-Spiel mit Verrätermechanik, das sehr viel schlechter funktioniert als die engere Verwandtschaft. Wenn Caesars Handlanger einfach ab Runde 1 offen unterstützt, gibt es quasi kein Mittel, um ihn an seinem schändlichen Tun zu hindern, und das Spiel ist für die anderen verloren. Auch ist das Spiel selbst mit 4 Personen noch unterbesetzt und gleichzeitig langatmig. Die Regeln zählen zum Schlechtesten, was ich bisher aus der Schmiede gesehen habe. Grobe Enttäuschung.

    Dann noch drei Spiele des portugiesischen Verlags Pythagoras:

    #Moesteiro / Monastero : Ich mochte einige Spiele von Costa und Rola, also hab ich mir jetzt auch ihr vorletztes Werk von 2022 besorgt, auch wenn das leider in Deutschland komplett unter dem Radar geflogen ist und jetzt schon für die Hälfte zu kriegen ist. Für 20 Euro erhält man hier ein typisches Eurospiel in guter Aufmachung und mit tollen Grafiken, bei dem es um den Bau eines berühmten portugiesischen Klosters, Santa Maria da Vitória, geht (wo ich sogar schonmal war, was die Chose nochmal reizvoller macht). Im Kern haben wir es hier mit einem Würfeleinsetzspiel auf Kennerniveau zu tun, das sich in einer Stunde runterspielt, aber dabei etliche schön-schwierige Weichensetzungen verlangt. Dies liegt auch daran, dass wir mit unseren Würfeln nicht nur unsere Aktionen festlegen, sondern unser aller Würfelergebnis auch festlegt, was überhaupt an Ressourcen in dieser Runde rauskommt. Interaktion spielt hier naturgemäß eine große Rolle, denn viele Wege sind da nicht mehr möglich. Ein wirklich schöner Mechanismenmix, auch hier ist nicht viel neu, aber was das Spiel macht macht es sehr gut, und spannend ist es auch, vor allem aber ganz schön "auf die Fresse" für einen Euro. Kann ich als Absacker sehr empfehlen, und für die aktuell 20 Euro erhält man da einen ordentlichen Gegenwert.

    #GodsofRome Hmmm, Area-Control mit Worker-Placement hatte ich in den letzten Monaten eigentlich oft genug, aber das hier ist auf Familienspiellevel (unteres Kennerspiel), und man kann die Götter um ihre Gunst bitten, und vor allem habe ich lange nicht mehr so clevere Kombo-Möglichkeiten in diesem Genre gesehen. Mein letzter Zug, den ich mehrere Runden vorbereitet hatte, brachte mir mal eben die komplette dritte Wertung für mich ein. Auch wenn ich damit nicht gewonnen habe, war das eine tolle Partie und das Spiel hat mich unerwartet begeistern können. Sehr sehr cleveres Spieledesign mit Coimbra-Optik.

    #Celtae Das dritte Pythagoras-Spiel, von dem ich vorher noch nichts gehört hatte, mit einem extrem geilen, sehr originellen Aktionswahlmechanismus: Ich tausche meinen Arbeiter auf einem Aktionsfeld gegen den einen Arbeiter im Rondell und aktiviere so bestenfalls noch diverse Boni, wenn ich noch bestimmte Arbeiter im Vorrat habe. Wie zuletzt oft dagewesen werten bei Spielende nur die Fortschrittskarten, in die Spieler investiert haben. Viele weitere Details, die es zu beachten gilt (Farbkarten aktivieren bestimmte Aktionen etc.), für mich ist die 2,8 auf BGG deutlich zu niedrig gegriffen. Von Orlando Sá fand ich ja schon Pessoa und Rossio sehr gut, hier übertreibt er es fast mit der Spielschnelligkeit, ich hätte da gern noch eine Extraspielrunde drin, aber der Eindruck legt sich wahrscheinlich mit mehr Partien. Ansonsten ein echter Knaller, der nur zu zweit nicht so richtig gut austariert scheint. Dafür mit einem tollen Solo-Modus. Bei The Mico weiß wohl mittlerweile jeder selbst, ob er/sie die Optik mag oder nicht - ich find's okay, hätte da aber mittlerweile gerne etwas mehr Abwechslung.