Beiträge von Achim im Thema „Game Brewer sagt "GoodBuy"“

    Verstehe die Aufregung hier ehrlich gesagt überhaupt nicht. Da entscheidet sich ein Verlag nach sieben Jahren seine Pforten zu schließen, seine Restbestände zu verkaufen und um etwas Mithilfe zu bitten und viele regen sich darüber auf. Die einen sind der Meinung, die Spiele waren nicht gut genug, die anderen empfinden es als anmaßend, wenn sie gebeten werden, schnell noch einmal beim laufenden Abverkauf zuzuschlagen, andere wissen sowieso alles besser und auch scheinbar ganz genau, warum der Verlag eigentlich aufhört. Bei einigen habe ich sogar das Gefühl als wären sie schadenfroh.

    Leute wo liegt denn das Problem? Auch die besten Spiele sind kein Garant für ein über Jahrzehnte langes Auskommen. Ich habe nirgendwo gelesen, dass der Verlag insolvent wäre. Da verabschiedet sich ein Verlag, wie hunderte andere auch schon zuvor und bietet seine Restbestände mit einem Abschlag an. Normalerweise werden solche Restposten doch im Centbereich an Postenschiebern abgegeben. Überproduktionen landen so bei Reste-Rampe, Jokers und Konsorten für ganz kleines Geld. Fühlt ihr euch übervorteilt weil ihr beim Crowdfunding zum Listenpreis euer Spiel gekauft habt?

    Wenn man von Spielen leben will, muss man eine bestimmte Menge davon herstellen, sonst wird das nichts. Von 300 Stück im Jahr kann man nicht leben und die Herstellkosten sind bei Kleinstauflagen je Stück astronomisch. Ein Spiel in Eigenentwicklung bedarf doch im Vorfeld viele Arbeitsstunden. Anbieter, die nicht für die Masse produzieren, haben immer das Problem kleiner Stückzahlen, die anderen das Problem großer Stückzahlen. Welcher Verlag in Deutschland, der ausschließlich von "eigenen" Gesellschaftspielen lebt, ist denn schon sehr lange auf dem Markt. Fast alle haben irgendwann aufgehört zu existieren, die einen freiwillig, die anderen zwangsweise, manche haben ihren Verlag auch verkaufen können oder müssen. Viele davon hatten richtige Renner im Programm mit Auflagenhöhen, da tropfen einen die Augen. Aber hohe Auflagen bedeuten auch normalerweise mehr Personal und hohe Gesamtkosten und da kann man dann noch schneller in wirtschaftliche Schieflage geraten. Wo sind denn unsere alteingesessenen Spielverlage? Fast alle gingen in die Pleite oder wurden von anderen übernommen. Erst vor kurzem hat es wieder einen erwischt: Haba musste Konkurs anmelden, der Kinderspielverlag schlechthin. Hatte wahrscheinlich auch nur schlechte Spiele im Portfolio. Schmidt, FX-Schmidt, Noris, Klee, Ass, Spear, Porst, Bütehorn, Hexagames, Hanje, Pelikan usw., um nur einige zu erwähnen, alle weg vom Fenster, was blieb ist manchmal noch der Markenname. Das gleiche gilt natürlich auch für ausländische Verlage, speziell britische Kleinverlage, die hielten meist nur ein Jahr durch, dann waren alle Ersparnisse weg.

    Wenn ich mir die Stückzahlen von Game Brewer so ansehe, dann sind das doch keine riesigen Mengen, das ist doch eher ein kleiner Normalbestand. Eigentlich müssten die Bestände höher sein als die, die in diesem Shop ausgewiesen werden.

    Früher als Spiele noch stationär verkauft wurden, mussten mit Ausnahme der traditionellen Spiele, alle nach einem Jahr aus den Regalen genommen werden, man brauchte den Platz für die neue Kollektion. Alles was noch da war musste sofort raus, und das, mit zum Teil extremen Preisabschlägen. Das haben sich die Kunden natürlich gemerkt und daher warten auch heute noch viele auf diese Schnäppchen. Hinzu kommt, dass für jeden Verlag der aufhört, gefühlt drei neue Aspiranten hinzukommen, die euphorisch ihre Arbeit beginnen und so reißt der Abverkauf auch so schnell nicht ab. Es erscheinen jedes Jahr tausende Spiele neu auf dem deutschen Markt, über Kickstarter zusätzlich noch eine Flut an meist mittelmäßigen und auch überproduzierten Spielen. Da bleibt dann halt am Ende des Tages so einiges liegen. Früher war die Überproduktion übrigens meist je Titel viel höher. Die Spiele wurden noch in Deutschland produziert, da musste man die Produktion auslasten, um die Leute in der Fertigung bezahlen zu können, am Ende des Jahres landeten die meisten davon in den Schütten der Kaufhäuser. Hat sich aber niemand deswegen aufgeregt, war eben so. Viele Spiele wurden früher bei Ravensburger produziert. Da konnte man aber nicht vorgeben, macht mal 300 Stück, nein, die haben einen eine ganze Garage damit vollgemacht. 500 konnten verkauft werden, 5.000 blieben als unverkäuflich übrig. Da sind die Bestände bei Game Brewer doch Peanuts.

    Also, alles ganz normal und eigentlich kein Grund sich große Gedanken darüber zu machen.

    Aber eines muss ich noch los werden: so wie ich das über die vielen Jahre wahrgenommen habe, kann dieser Markt wirklich mörderisch sein, viele verschulden sich sehr dabei, arbeiten sogar nebenbei in einem Zweitberuf um die Rechnungen bezahlen zu können und alle, die sich kaufmännisch hier engagieren, machen das normalerweise mit viel Einsatz, Herzblut und meistens sehr wenig Ertrag. Dafür sollten wir Spieler eigentlich dankbar sein, sonst müssten wir unsere Spiele nämlich selbst basteln.