Beiträge von Mixosaurus im Thema „Perfektionismus in Eurogames“

    Darüber kann man sich jetzt streiten, ob das mit Perfektionsmus zusammenhängt. Mit Komplexität auf jeden Fall nicht. (..)

    Vor allem kann man es nicht nur auf die Komplexität schieben. Entscheidungsunfreudigkeit oder sogar Entscheidungsunfähigkeit ist übrigens auch ein medizinisch feststellbares Symptom. Druck von Außen ist da allgemein übrigens oft kontraproduktiv, denn wenn es eben nicht auf Perfektionsimus beruht, sondern auf Angst, sozialer Druck etc.., dann verstärken sich nur die Symptome.

    Was den Willen/die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung angeht gebe ich dir vollkommen Recht, hatte ich ja auch bewusst mit eingeschlossen nach deinem berechtigten Hinweis, den ich wahrscheinlich vorher so nicht gesehen habe - danke dafür.

    Komplexität als EINEN der Faktoren auszuschließen halt ich indes für falsch. Ich zumindest kenne Menschen, die bei simplen Spielen frei heraus und sehr schnell spielen, bei komplexen Spielen aber sehr stark ins grübeln geraten, eben weil sie Spaß an der Optimierung haben. Das macht Komplexität für mich auch zu einem Faktor, dieser mag nachrangig sein, für mich gehört er aber trotzdem dazu. Aber das hast du ja in meiner Wahrnehmung zumindest in deinem letzten Absatz auch angedeutet.

    Es gibt Menschen, die stehen 5 Minuten vorm Joghurtregal, weil sie sich nicht entscheiden können, welchen sie kaufen. Es gibt Menschen, die hadern manchmal so lange, bis Chancen verzogen sind. Ich kenne Leute, die verursachen Downtime bei Magic, bei Wettlauf nach El Dorado oder Super Fantasy Brawl. Ich kenne Menschen, da dauert es immer. Das hat nichts mit Komplexität zu tun und aufkommenden Perfektionismus, weil man 100% im ersten Spiel erreichen möchte, sondern weil es eine Überforderung bei der Entscheidung gibt. Einige Menschen neigen dazu mehr, bei manchen wird es zu einem echten Problem im Alltag.

    Interessanter Ansatz mit der Überforderung - danke für den Input, hatte ich so noch nicht bedacht. Ich würde dem aber nur bedingt zustimmen, weil es IMO eine Mischung aus den drei Faktoren Komplexität/Perfektionismus/Überforderung ist, die zu Paralyse/Analyse führt.

    Komplexität muss IMO ein Faktor sein, weil mit zunehmender Komplexität alle Spieler, die ich kenne, mit steigender Komplexität mehr "Grübelzeit" benötigen.

    Perfektionismus muss IMO ein Faktor sein, weil er letztlich erklärt, warum tendenziell sehr kompetitive Spieler mehr "Grübelzeit" brauchen als weniger kompetitive.

    Überforderung ist mit Sicherheit ein Faktor, diese entsteht wahrscheinlich aber erst (IMO auch in deinem guten Joghurtbeispiel) durch unbewussten Perfektionismus - man will halt auf jeden Fall die beste Lösung für das gegeben Problem(chen) haben.

    Da frage ich mich, ob man in diesen Fällen mit den falschen Maßstäben an die Sache heran geht. Es bleibt die Frage, ob wir uns selbst nicht den Spielspaß und den Lerneffekt nehmen, wenn wir Systeme, die uns zumindest so weit überfordern, dass der Spielfluss darunter leidet, zu verbissen spielen wollen und den Drang nach Perfektion nicht abschalten? Ärgert man sich am Ende über das eigene Versagen nicht perfekt gespielt zu haben - oder freut man sich über gesteigerte Punktzahlen, wenn man „automatisch“ durch den in Wiederholung und Erfahrung eingebauten Lerneffekt besser wird?

    Eine interessante Fragerstellung - danke dafür.

    Ich denke es ist einfach menschlich - wir sind halt verschieden. Ich versuche das man mit den beiden Polen grübelnd/nicht-grübelnd und kompetitiv/nicht-kompetitiv zu beleuchten. Mit den beiden Polen hätten wir 4 Begriffspaar oder Spielertypen:

    grübelnd-kompetitiv

    grübelnd-nichtkompetitiv

    nichtgrübelnd-kompetitiv

    nichtgrübelnd-nichtkompetitiv

    Hier mag sich jede*r selbst einordnen, wahrscheinlich gilt aber: Je weiter oben man sich in der Liste einordnen desto Analyse-Paralyse. Beschreiben würde ich die Spielertypen auf einer Skala (eher ein Koordinaten) dann in etwa so:

    grübelnd-kompetitiv

    Hat Spaß an der Optimierung und braucht sehr lange für die Züge weil die Person dabei auch noch gewinnen will. Im Vordergrund steht das geistige Messen mit Mitspieler*innen.

    grübelnd-nichtkompetitiv

    Hat einfach Spaß an der Optimierung, braucht aber weniger lang für die Züge als kompetitive Menschen.

    nichtgrübelnd-kompetitiv

    klassische*r Bauchspieler*in, spielt schnell, will aber gewinnen. Spielt die Person mit grübelnden Spieler*innen wird wahrscheinlich ihre "Grübelzeit" steigen, da es ums das Gewinnen geht und die anderen ja auch länger grübeln.

    nichtgrübelnd-nichtkompetitiv

    Hat vor allem Spaß am Spiel selbst, das Gewinnen ist Nebensache. Fordert aber zu sehr grübelnde Menschen aber auch einmal auf, bitte etwa schneller zu spielen.

    Auf deine Frage bezogen: Ich denke solange eine der o. g. Gruppen unter sich (eventuell auch mit einer benachbarten Gruppen) bleibt werden gar keine Probleme entstehen, was das Grübeln angeht. Schwierig wird es wahrscheinlich dann, wenn man mit Personen spielt, die min. 2 Stufen voneinander entfernt sind.

    Ich selbst bin nichtgrübelnd-nichtkompetitiv und kann deine Frage von daher nur insofern bewerten, als dass ich sagen kann, dass deine Überlegungen nicht auf alle zutreffen, gleichzeitig kann ich aber deine Gedanken nachvollziehen. Für mich klingen sie aber eher wie eine Frage einer "Sinnkrise mit dem Spielen" als für ein generelles Problem von grübelnd-kompetitiven Spieler*innen. Ich denke, die "Grübelfraktion" hat mindestens ebensoviel Spaß am Spielen wie die nicht-grübelnde. Der Unterschied ist halt der Drang nach dem optimalsten Spiel - wenn das aber doch der Spaß für diese Personen ist, warum sollte man es dann abschalten?