Beiträge von Tyrfing im Thema „Interaktion und Planbarkeit“

    Insbesondere in den ersten Partien (und über das Stadium kommen viele Spiele ja garnicht) würde ich aber auch empfehlen zukünftig drohende vernichtende Züge anzukündigen. Nicht dass man den Mitspieler ins Verderben stürzt und dieser das Spiel dann niemals mehr mit einem Spielen mag.
    (Bspw. Im Wandel der Zeiten: Napoleon und eine Militärstrategie bei jemanden, der noch nie gesehen hat, dass Militär böse werden kann... richtig böse)

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    Original von ravn
    Ein Grossteil der Brettspiele setzt Interaktion als Teil des Spiels ein. Reine Multiplayer-Solitär-Spiele bilden für mich eine Randgruppe der Brettspiele, wo die Mitspieler unwichtig werden, wo ich genauso gut auch alleine spielen kann oder im Singleplayer an PC / Videospielkonsole.


    Damit laufe ich konform, auch insofern als das "Randgruppe" bedeutet, dass sie drin sind in den Gesellschaftsspielen
    Mal ganz nett, wenn das Spiel eine Metaebene (die auch völlig vom Spiel losgelösst sein kann) bietet, auf der man mit den Mitspielern während des Spiels interagiert (die dann aber nicht das Spiel beeinflusst) - und sei es nur der Small-Talk über den nächsten Zug..

    Zitat

    Original von ravn
    Da schliesst sich direkt die Frage an, warum man selbst Brettspiele spielt: Weil man die Interaktionsmöglichkeiten innerhalb eines abgesteckten Brettspielrahmens mag? Oder weil man trotz der Interaktion seinen eigenen Plan möglichst effektiv durchziehen will? Oder eine Mischform davon?


    Eben, das ist ein nicht unerheblich Aspekt vom "persönlichen Spielegeschmack".


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    Original von ravn
    Wenn ich persönlich Brettspiele spiele, dann möchte ich gerne mit Mitspieler spielen, die direkte Interaktion eben. Deshalb hat mir Cyclades auch so gut gefallen. Und wenn dabei Planbarkeit auf der Strecke bleibt, dann war es schlicht ein unpassender Plan für das Spielgefüge, der Interaktion nicht berücksichtigt hat.


    Das geht nun mehr in eine Kritik an Cyclades her, als in die Diskussion um Interaktion um Planbarkeit, aber ich greif das dennoch mal auf.
    Cyclades hat als zentralen Mechanismus die 4 bzw. 5 Götter um die man jede Runde bietet. Daneben gibt es noch die Möglichkeit Kreaturen zu kaufen.
    Sofern man die Kreaturen ignoriert, finde ich das Spiel gut - vielleicht etwas zu statisch. Kreaturen scheinen dafür die Abhilfe zu sein, jedoch bringen diese Kreaturen derart viel "Dynamik" ins Spiel (und werden auch noch zufällig gezogen), dass die vorherige Planbarkeit dahin ist. Was mir bis dahin noch kalkulierbar war (nahe Truppen anderer Spieler = Gefahr) gerät mit den Kreaturen derart ins chaotische, dass mir das Spiel nicht mehr gefällt - denn mit den Kreaturen muss ich im Prinzip damit rechnen, dass die falsche Kreatur zum falschen Zeitpunkt gezogen wird und ich z.B. überall immer angreifbar bin.


    Dieser Mechanismus hebelt den m.E. zentralen Mechanismus der Götter derart auf (und hat unter Umständen auch direkt spielentscheidende Auswirkungen), dass mir das gesamte Spiel nur aufgrund dieses Kartenstapels komplett nicht mehr gefällt. Ein gutes Beispiel im übrigen, wie ein vielleicht "nebensächlicher Kartenstapel", der vielleicht auf den ersten Blick nur als "Erweiterung des Spielprinzips" anmutet die zentrale Rolle im Spiel übernehmen kann.

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    Original von LemuelG
    Die zunächst zu klärende Frage ist doch: Was ist eine Strategie?


    Ohweh, wenn wir anfangen alle möglichen Begriffe erst zu definieren haben wir aber einiges vor!
    Wikipedia zum Begriff Strategie in der Spieltheorie
    Wobei das mit Vorsicht zu genießen ist, denn die Spieltheorie beschäftigt sich zwar mit "Spielen", aber eben nicht unseren "Gesellschaftsspielen" - sondern hat dafür eine eigene Definition. Darunter fallen zwar auch einige (alle?) Gesellschaftsspiele, ich denke aber, dass die Gesellschaftsspiele vielschichtiger sind, als es die Definition der Spieltheorie abdeckt.
    Man muss ein Spiel nicht vollständig formal beschrieben haben um es zu spielen und Spaß daran zu haben. Insofern vermute ich, dass Gesellschaftsspiele darüber hinaus gehen.
    Ich denke, dass wir intuitiv aber etwas ähnliches meinen, wenn wir von derartigen Begriffen reden.



    Mit Ralfs Statement laufe ich relativ konform, außer der Aussage, dass man mit Gesellschaftsspielen schlecht bedient ist, wenn man Interaktion als störend empfindet. Wobei er die Aussage anschließend direkt relativiert, wenn er sagt, dass man dann zu den "Multiplayer-Solitaire-Spielen" greifen sollte (nimmst du diese also vorher aus der Menge der "Gesellschaftsspiele" raus?).
    Ich denke dass der gewünschte/erträgliche Grad an Interaktion und Planbarkeit ein spielerspezifisches Kriterium ist, nach welchen sich ein Spieler seinen Spielegeschmack bildet und seine Spiele aussucht.


    Mein persönlicher Geschmack ist hierbei irgendwo bei "Möchte viel Planbarkeit und gleichzeitig aber ein Mindestmaß an Interaktion"
    Zuwenig Planbarkeit stößt mir negativ auf: Das Spiel ist zu chaotisch (bspw. Montego Bay) oder aber man ist der Laune der Mitspieler zusehr unterworfen (da fällt mir spontan kein Spiel zu ein, weil ich diese meist nicht häufig spiele.... evtl. Sticheln?)
    Zuwenig Interaktivität stößt mir auch negativ auf: Zuwenig miteinander (bspw. Vor den Toren von Loyang)

    Mir macht viel eher der Begriff der "Planbarkeit" Probleme.


    Planbar ist ein Spiel, das man von anfang bis zum Ende durchplanen kann und jederzeit genau über den Status des Spiels bescheid weiß? Das würde für alle Spiele ohne verdeckte Elemente zutreffen, auch wenn sicherlich kein Mensch ein Go-Spiel komplett durchplanen kann (noch nichtmal Schach ist bisher möglich).
    Allerdings kann man auch in Spielen planen, in denen man verdeckte Karten hat, bspw. beim Skat - muss dort aber mit einer gewissen Unbekannten abwägen: Wie sind die restlichen Karten verteilt?


    Dennoch kann ich beim Skat besser planen, als bspw. bei Uno - denn beim Skat ist die Ungewissheit relativ gering: Ich weiß genau, welche Karten noch offen sind (Ausnahme: Handspiele), nur die konkrete Verteilung ist mir unbekannt.
    Bei Uno weiß ich kaum, welche Karten die Spieler auf der Hand haben. Auch weiß ich nicht, welche Karten ich demnächst spielen kann. Zwar kann man hoffen, dass sich die Farbe nicht ändert, aber welche Zahl gleich obenauf liegt, ist mir bisher nur selten gelungen vorherzusagen.



    Aber zur Kernfrage: Inwieweit beeinflusst Interaktion die Planbarkeit?
    Das eingreifen meiner Mitspieler kann ich in gewissen Rahmen vorhersehen - diesen Rahmen gibt mir das Spiel vor:
    - Worum geht es im Spiel und an wo hier können mir die Mitspieler "reinpfuschen"?
    - Wie wichtig sind die Elemente, wo die Mitspieler Einfluß drauf haben?
    - Wie stark haben die Mitspieler hierauf Einfluß?
    - Wie sinnvoll ist es für meine Mitspieler hier ihren Einfluß auch wirklich auszuüben?
    Hier finden sich einige Punkte, die die konkreten Mechanismen ansprechen. Andere hingegen sprechen den Sinn der Aktion und dessen Auswirkungen an - diese Punkte kann ich nicht ohne konkrete Strategie abschätzen.
    Der Verlust einer Fabrik mag meine Produktion negativ beeinflußen. Wenn ich auf diese angewiesen bin ist das tragisch. Wenn meine Strategie Produktion ignoriert, dann ist mir das egal und die Interaktionsmöglichkeit verpufft sozusagen wirkungslos (ws. werden sich meine Mitspieler dann auch überlegen, ob sie das überhaupt durchführen).

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    Original von Attila
    Rein für mich unterscheide bei interaktion noch zwischen 2 "Kategorien":


    a) Mir ist völlig schnuppe was meine Mitspieler für Aktionen machen - letztendlich kommt es für mich nur darauf an, welche Aktionen/Resourcen noch für mich übrig bleiben - mich interessieren das was die Mitspieler so gemacht haben allenfalls um abzuschätzen was sie als nächsten tun werden. - Das sind für mich "bessere" Multiplayer-Solospiele. (z.B. Agricola)


    b) Es ist für mich wichtig, was die Mitspieler so tun - nicht um zu wissen welche Aktionen/Resourcen sie mir "wegnehmen", sondern weil das unmittelbar meinen Spielzug beeinfluss. Das ist die Art an Interaktion die mir am meisten zusagt. (z.B.: Age of Steam)


    Bei derartigen Argumentationen und vorallem den Beispielen, habe ich immer den Eindruck, dass es primär darum geht, bestimmte Spiele abzuwatschen und andere positiv hervorzuheben.
    Agricola (schlecht?) <-> Age of Steam (gut?)
    Ich empfinde AoS auch interaktiver, aber dann als Argument zu bringen, dass man bei Agricola nur schaut, "welche Aktionen übrig bleiben" und "was sie als nächstes tun werden". Beides kann man nicht pauschal als "nur" abtun. Eben weil man in AoS auch "nur" schaut, welche Ressourcen noch zum transport "übrig bleiben" und welche Rollen die Mitspieler wohl "tun werden".
    Oben drauf legt AoS sogar noch ein Element, nachdem die Ressourcen zufällig aufgefüllt werden. Wenn dass alleine als Maßstab reichen würde, würde ich folgern, dass Age of Steam das zufälligere und weniger planbare Spiel ist.


    Häufig hat ein Spiel eine zentrale Auslage, auf der eben Ressourcen (Aktionen, Waren, ...) liegen, um die die Spieler konkurrieren. Das ist immer interaktiv, jedoch nicht immer im dem Maß, was man selbst als "interaktiv" ansieht - eben weil es spieltechnisch unter Umständen relativ uninteressant ist (Agricola - dort ist das Warenmanagement und dessen Umwandlung wichtiger - die Aktion ist meist auch noch eine Runde später da). Bei anderen Spielen ist die zentrale Auslage eminent wichtig (Age of Steam oder als einfacheres Beispiel: Ra - dort dreht sich alles um die gemeinsame Auslage und das Timing mit den Mitspielern. Alles eine gemeinsame Auslage, aber eben unterschiedlich wichtig im Spiel).



    Mein Fazit: Am Mechanismus alleine kann man nur festmachen "Interaktiv Ja/Nein", aber nicht in welchem Ausmaß (bis zum Ausmaß: Kaum - bei dem einige dem Spiel sämtliche Interaktion absprechen).

    Wenn man es völlig schwarz-weiß sieht: Ja.


    Interaktion bedeutet ja nichts anderes, als dass meine Aktionen meine Mitspieler beeinflussen. Da meine Aktionen aber nicht vorhergesehen werden können (nur unter z.B. der Annahme, dass ich auf Gewinn spiele oder anderes) sind Interaktive Elemente Störelemente für eine Planung.



    In der Praxis ist dass dann aber nicht immer so drastisch: Wenn in China ein Mitspieler einen Sack Reis fallen läßt, beeinflusst das meine Industrieplanung in Amerika in der Regel nicht. Je nach Spiel und Spielmechanismus kann Interaktion zwischen den Spielern das Spiel aber mehr oder weniger planbar machen. Bspw. auf einer Landkarte, kann man in der Regel zumindest die konkrete Gefahr eines Angriffs vorhersehen (Truppenansammlung an der Grenze) - kann man aber Truppen im selben Zug rekrutieren, an die Grenze bringen und dort angreifen lassen, so ist dies schon wesentlich weniger als Gegenspieler einplanbar bzw. man weiß z.B. nicht, wo man sich verteidigen muss, weil das ja potentiell überall passieren kann.


    Die beiden Elemente beeinflußen sich also stark, sind aber keine direkten Gegensätze auch wenn sie prinzipiell eher gegeneinander laufen
    (Wiedermal den Zweispielerfall außen vorgelassen).