Beiträge von Smuntz im Thema „15.04.-21.04.2023“

    Marrakesh (deluxe)

    Da fällt mir ein, ich habe noch Nachholbedarf bei "Marrakesh" :whistling:

    Kaum hatte ich das neulich im Thread zum aufkommenden Feld-Spiel Civolution geschrieben, da brachte sich Spielteufel in freundliche Erinnerung - hatten wir uns das doch schon mal vor Monaten vorgenommen. Gesagt getan, ging es nun endlich vor wenigen Tagen zu dritt zur Erkundung des mir noch unbekannten Werkes eines meiner Lieblingsautoren. Dass ich es selbst nicht besitze, war der zu Zeiten der Kickstarter-Kampagne empfundenen Diskrepanz zwischen aufgerufenem Preis (140€ oder so, später nochmal einiges mehr) und dem "Katze im Sack" Gefühl eines noch unbekannten Spiels geschuldet, Autor hin oder her. Da fiel es mir doch bedeutend leichter, einen ähnlichen Betrag ins aufgehübschte Castles of Burgundy zu investieren. Inzwischen sind die Sirenenrufe bei mir verhallt und ich freue mich, das Spiel auch so mal spielen zu können.

      

    Auf 11 Schauplätzen unseres Tableaus werden wir tätig, um letztlich aus einem Mix von Siegpunkt-Möglichkeiten zu schöpfen - so weit so Feld. Ich mag das, sehe einen guten "Punktesalat" nicht als Schimpfwort sondern Ausdruck von flexiblem Spieldesign mit vielen Wegen zum Sieg, die sich so mannigfaltig balancieren lassen - und darin hat Stefan Feld mehrfach seine Meisterschaft bewiesen.

    Mit je 3 von 12 kleinen achteckigen Holzzylindern - Keshis genannt - wählen wir den Einsatzort unserer 3 Worker für eine Runde aus, bevor alle von den Spielern gewählten Keshis gemeinsam in einen Würfelturm geworfen werden und das Meiste davon unten wieder herauskommt - aber eben nicht immer alles, manches erst später, soweit also nicht ausrechenbar. Vom Startspieler der Runde beginnend reihum wählt man ein oder zwei Steine gleicher Farbe, um mit einem am gleichen Ort anwesenden Arbeiter eine Aktion auszuführen oder - wenn dort niemand ist - diese Steine dort anzusammeln und damit spätere Aktionen an diesem Ort zu verstärken. 11 Orte 12 Keshis in 12 Farben... richtig, einer dient als Joker, um so wenigstens einmal ein persönliches Interesse in so einer Runde mit 4 Durchgängen zu verstärken. Nach drei kompletten Runden mit vier Durchgängen wird abgerechnet und das wars dann auch.

      

    Der Spielreiz liegt natürlich im Detail der Wertungsmöglichkeiten der einzelnen Plätze. Die stelle ich hier nicht alle vor. Manches bringt kurzfristig, anderes kombiniert auf Distanz wertvolle SP. Da ich noch so gar kein Gefühl für eben diese eher strategischen Ansätze der Wertungen besaß, zielte ich oft und gerne auf kurzfristigen Erfolg. Insbesondere der Kauf von sog. Luxusgütern aus einem Mix von drei der Farben schien mir attraktiv. Hier winkten mal eben rasch eingefahrene 7, 10 oder gar 13 SP, wo man anderswo langfristiger planen muss - andererseits ergibt sich das eine oder andere aber auch nebenher.

    Spielteufel hatte natürlich Erfahrung, nahm uns vom Start weg alle Hoffnung, jemals einen der auf dem Fluss winkenden Rundenboni zu erhalten, da war ihr Vorsprung doch zu deutlich. Aber das ist eben auch nur ein Schauplatz unter vielen. Mit meiner Ad-hoc-Punkte-Sammelei hatte ich zwischenzeitig einen Vorsprung von über 40 SP erspielt. Ja, ich ahnte es schon, dass dieser Sprintvorteil irgendwann dahin schmelzen würde.

      

    Abgerechnet wurde zum Schluss. Jeder von uns wusste, wo wir gelegentlich SP liegengelassen hatten. So schwamm Spielteufel am Ende noch in ungenutzten Ressourcen, die verglichen mit rechtzeitigem Invest im Spiel am Ende nur Trostpunkte zählten. Ich hatte gerade noch in der letzten Runde den Bau eines weiteren Stadttores verbaselt und SP liegengelassen, aus meinen ersparten Ressourcen aber alles herausgeholt. Am Ende konnte ich mich glücklich mit 134 - 133 - 106 zum knappen Spielsieg retten.

      

    Fazit: ja, das hat schon sehr viel Spaß gemacht. Aber es ist auch nicht zu übersehen, dass Stefan Feld - vielleicht dem Zeitgeist heutigen Spieldesigns geschuldet? - mehr und mehr Spiele deutlich jenseits (nach oben) des Kennerspielniveaus entwickelt. Das schlägt sich dann in zu vermittelndem Regelwerk und Spieldauer nieder. Genauso viel Spaß machen mir aber auch die knackigeren früheren Werke und ich tendiere mehr und mehr dazu, lieber diese auf den Tisch zu packen und davon zwei zu spielen, wo die Zeit sonst nur für eines reicht.

    Vor Jahren habe ich angesichts der Güte des Spiels vier Stunden Spielzeit bei einem Underwater Cities noch als Ausnahme akzeptiert - sowas spielt man ja nicht immer... dachte ich. Inzwischen haben sich solche Titel gemehrt und es liegt nicht etwa nur daran, dass wir langsamer geworden wären. Gewissenhaft ja, wir sind daher nicht die schnellsten aber von AP eben auch weit entfernt. Vor allem aber will meine Frau diese Zeitfresser nur noch widerwillig mit mir spielen und ich kann sie verstehen, muss ja nicht jeder so im Hobby aufgehen wie ich. Demnächst wird wohl doch z.B. lieber wieder ein Carpe Diem und immer wieder gerne "BuBu" aufgelegt. Marrakesh ist auf jeden Fall eine lohnende Spielerfahrung und ich werde mich bei sich bietender Gelegenheit nicht dagegen wehren.

    #Marrakesh