Eindrücke von Einem, der auszog, gute Spiele zu finden.
Wow, war das ein Tag. Mein erstes Mal in Essen. Obwohl es bis kurz davor so aussah, als würde ich nicht nach Essen kommen, klappte es doch noch.
Aber mal der Reihe nach. 5 Uhr morgens aufstehen. Es war eine kurze und mit unruhigem Schlaf verbrachte Nacht. Fertigmachen, Frühstücken, Fortfahren: um 06:36 Uhr ging die Reise los. Laut Navi waren es 286 km bis nach Essen. Die Fahrt mit dem Auto verlief dann auch gut, keine Staus, ein paar Baustellen, wenig LKWs. Um 9:40 Ankunft in Essen, Parkplatz 2, Messeeingang Ost.
Wir, das sind Ingrid, Noura (24-jähriges, mit Spielgenen geborenes Töchterchen von Ingrid) und ich, stehen auf dem Parkplatz und wollen gerade noch ein zweites Frühstück machen, da läuft Friedemann Friese vor unserem Auto vorbei. Wir raus aus dem Wagen und Friedemann zum Fotoshooting verhaftet. Er hatte es eilig und mehr als ein Schnappschuß war nicht drin. Er mit Fluppe, dafür ohne Fische und Frikadellen.
Auf dem Weg zu den Messehallen kommt uns ein Radfahrer entgegen. Er mußte wegen einer Gruppe von Messebesuchern bremsen und sogar absteigen. Auf unserer Höhe angekommen war er am schimpfen: "Idioten! Jetzt spieln'se wieder den ganzen Tag Monopoly". Haha.
Rein in Halle 12. Rundgang rechts herum. Bei Ludo Art erstmal Taurus bestaunt. Sieht schon geil aus, das Spiel. Noura wollte es unbedingt spielen, aber es war ständig umlagert. Czarne gab den großen Zampano ... sagte ich schon, dass mir sein grafischer Stil nicht gefällt? Braun ist nunmal nicht meine Lieblingsfarbe, seine schon. Dann Planet Steam das erste Mal live gesehen. Die Karten zu groß, die Tanks zu klein und fumelig und mit 55 Euro zu teuer. Ingrids Worte: Das viele Brimborium soll wahrscheinlich über ein durchschnittliches Spiel hinweg täuschen. Wahre Worte - eine kürzere und treffendere Rezension hat selten jemand verfaßt. Trotzdem möchte ich es irgendwann nochmal spielen, aber nicht kaufen. Jedenfalls nicht für den Preis.
Dann rüber zum What's your game Stand und Vasco da Gama angeschaut. Optisch ein wunderschönes Spiel, mit gutem Material. Nur die kleinen fumeligen Pöppel (Kapitänsfiguren) stören mich. Eigentlich wollte ich es kaufen. Aber: Ich bin mir nicht sicher, ob es auch ein gutes Spiel ist. Dumm vom Verlag, dass keine gedruckte deutsche Regel beiliegt. Für mich eine klare Fehlentscheidung, angesichts der Bedeutung des deutschen Absatzmarktes. Ich habe am Abend dann nochmal vor dem Spiel gestanden, es aber letztendlich nicht mitgenommen. Wenn es gut ist, werde ich es später auch für weniger als 30 Euro bekommen.
Weiter zum Pegasus Stand. Schaue mir Steel Driver an. Ist wirklich sehr schön geworden, trotz des Pegasus typischen häßlichen Covers. Im Gegensatz zu JKLM Games haben sie nicht den Fehler gemacht, den Spielplan neu zu illustrieren. Und dann sehe ich aus den Augenwinkeln Martin Wallace am Pegasus Verkaufstresen, wie er sich ein Steel Driver holt (geschenkt oder gekauft, weiß ich nicht). Bevor wir ihn fotographieren konnten, war er schon wieder in der Menschenmenge verschwunden. Aber ich habe ihn gesehen, das erste Mal live und in Technicolor!
Rüber in Halle 11. Ziel: Friedemann Frieses Stand. Seinen Stand haben wir gefunden, Friedemann nicht. Also Fabrikmanager angeschaut, Henning Kröpke war am erklären. Optisch sehr gelungen, mir gefällt Mauras Stil sehr. Aber ich werde es nicht kaufen, dafür sind mir die Ähnlichkeiten zu Funkenschlag doch zu groß. Habe mich entschlossen, Funkenschlag und Brasilien/Portugal zu kaufen, was wir am Abend auch mitgenommen haben.
Weiter zu Halle 9. Ich war schon richtig scharf auf die Heidelberger Schnäppchen. Top Spiele für 20 Euro. Imperial, Steam, Rise of Empires standen alle auf meiner Kaufliste. Aber nix wars damit. Alles schon weg. Ich war zugegeben enttäuscht. Wenn es nur ein Kontigent an diesen Spielen gab, dann hätten die Heidelberger es auf alle 4 Tage verteilen sollen. Das wäre gerechter gewesen. Egal. Als kleinen Trost gab es noch ein paar Exemplare von Hamburgum. Ich habe mir eines gesichert, und damit wieder eines meiner "unbedingt haben wollen" Spiele in meiner Sammlung. Die Aktionen der Heidelberger zeigen mir, dass es sich nicht lohnt, ein Spiel unbedingt sofort haben zu wollen. Mit ein wenig Geduld läßt sich eine Menge Geld sparen.
Dann noch zum Lookout Games Stand. Hanno Girke kam uns mit Sackkarre entgegen. Sofort ein Foto gemacht. Der Mann arbeitet wirklich selbst! Er ist ein lustiger Typ, und gefällt mir sehr. Moorbauern wird ein Pflichtkauf, aber nicht für 25 Euro auf der Messe. Gegenüber bei Hall Games dann Vor den Toren von Loyang angeschaut. Das Material gefällt mir nicht so sehr, trotz schöner Gemüsesteine. Die Pappe der T-Stücke ist doch sehr dünn. Mir gefallen auch die Illustrationen nicht. China ist nunmal nicht mein Thema. Mir geht auch langsam dieser Kartentick von Uwe Rosenberg auf den Keks. Ich will Brettspiele, keine Kartenspiele. Und das Erntethema ist ausgelutscht. Agricola war genial, Le Havre war imho ein "Wie, mehr kommt da jetzt nicht?", und Vor den Toren von Loyang ist ein definitives No Buy für mich. Es gibt genug Spiele die mich mehr ansprechen. Später haben wir am Lookout Stand noch Uwe Rosenberg persönlich gesehen. Er macht einen sehr symphatischen Eindruck.
Dann in Halle 5, nachdem wir die Freakhalle 6 überstanden hatten. Dort gab es Schwerter und weiteren Fantasy Krimskrams. In Halle 5 hatte ich 2 Ziele: Splotter Spellen und Warfrog. Also erst zum Warfrog Stand, meinem persönlichen Highlight. Martin Wallace war nicht da, ich war enttäuscht. Dafür aber James Hamilton (Hammy). Sehr netter Kerl, hat Steam Barons gezeigt. Ich habe mir das Steam Barons Material noch kurz angesehen und es dann doch gekauft. Last Train to Wensleydale war ohnehin ein Pflichtkauf für mich. Das Holzgeld habe ich nicht mitgenommen. Für 15 Euro hat mich die Qualität nicht überzeugt, das Holz ist sehr leicht und wirkt damit billig. Papiergeld, notfalls von einem alten Monopoly, tut es auch. Die 15 Euro sind in Spielen besser angelegt.
Und wen sehen wir schräg gegenüber vom Warfrog Stand? Friedemann Friese. Wir wollten unbedingt ein Foto von ihm. Er war wie schon morgens in Eile, hat sich aber dann doch gerne mit Noura fotografieren lassen. Friedemann, Du hast jetzt einen neuen Fan, und das ist Noura. Nur grüne Haare, das wird sie sich nicht antun, denke ich.
Weiter zum Splotter Spellen Stand. Dort herrschte gähnende Langeweile. Von 2 Erklärtischen mit Greed, Incorperated war nur einer belegt. In der Ecke standen 2 Holländer an der Kasse und langweilten sich, weil niemand was gekauft hat. Selbst Schuld, wenn die Regeln nicht vorab veröffentlicht werden. Diese selbstgefällige Arroganz/Ignoranz von Splotter geht mir auf den Keks. Mir schien es, als wären ihre Spiele längst keine Selbstläufer mehr. Ich wollte mir eigentlich ein Indonesia gönnen, aber da ich das im Internet günstiger bekomme, werde ich es dort kaufen.
Von Halle 5 nochmal in Halle 9 und dort ein bisschen weiter rumgeschaut. Walter Mac Gerdts und sein Imperial 2030 gesehen und bestaunt. Ich wurde gefragt, ob ich in ein Spiel einsteigen will, aber da ich (a) die Regeln nicht ausreichend kenne und mich (b) in dem Lärm nicht konzentrieren könnte, habe ich abgelehnt. Imperial 2030 ist mir ein bisschen zu futuristisch geworden, da war das alte Imperial schöner. Trotzdem steht es auf meiner "später mal haben wollen" Liste.
Von Halle 9 zurück zu Halle 5 und nochmal an den Warfrog Stand. Ich wollte unbedingt ein Foto von Martin Wallace. Und ja, er war jetzt da, zusammen mit Julia, seiner Frau. Noura hat ihn dann direkt fotografiert vorm Regal seiner aktuellen Spiele und ich war zufrieden. Martin ist Profi und hat freundlich in die Kamera gelächelt. Dann fragt Ingrid ihn, ob er mit mir zusammen ein Foto machen würde. Mir war das eher peinlich. Aber Martin hat gleich zugestimmt, kam extra zu mir, schüttelte mir die Hand und wir haben ein Erinnerungsfoto geschossen. Sagte ich schon, dass ich ein Martin Wallace Fan-Boy bin?
Dann zurück in Halle 12. Ich war kurz alleine am Kosmos Stand und habe dort Wolfgang Kramer gesehen, wie er sein Alcatraz erklärt. Finde ich toll, wenn so ein Altmeister wie er persönlich Spiele erklärt. Noura wollte unbedingt ein Spiel kaufen, und zwar eines dieser kleinen Spiele von Zoch, Gloria Piktoria. Da alle Einkäufe erledigt waren, hatten wir Zeit, es uns mal erklären zu lassen. Das Standpersonal von Zoch war überaus hilfsbereit und hat extra ein Exemplar für uns geöffnet. Der Erklärbär Marc kannte zwar die Regeln nicht wirklich, hat uns aber mit Hilfe der Spielanleitung in das Spiel eingeführt. Okay, das Spiel war aus meiner Sicht eher schlapp, aber Noura steht nunmal auf sowas. Dann sehe ich ein Tobago am Nebentisch und fragte Marc, ob er uns das nicht nochmal erklären könnte. Immerhin war es schon 17:30 Uhr, und seine Stimme ziemlich im Eimer. Aber er erklärte sich gerne bereit, weil er selbst das Spiel gern mag. Von Tobago wußte ich nur, dass es überall gelobt wird derzeit. Also sagte ich zu Marc, das wird bestimmt das nächste Spiel des Jahres. Das hat ihm nochmal Auftrieb gegeben. Tobago ist wirklich wunderschön vom Material her und spielt sich auch sehr ansprechend. Kein Strategiehammer aber ein wirklich gutes Familienspiel mit Anspruch. Wir haben es dann mitgenommen und Noura war glücklich.
Bei den folgenden Eindrücken kann ich die Hallen nicht mehr zuordnen, aber das spielt eigentlich auch keine Rolle.
Colonia spricht mich nicht an und interessiert mich auch nicht. Was soll dieser halbrunde Spielplan? Gab's den nicht eckig? Queen Games wird nie mein Lieblingsverlag werden. Neuauflage von Ra bei Rio Grande Games gesehen, sehr schön, wußte ich gar nicht. Ystaris Assyria macht einen sehr guten Eindruck, wobei das Spielmaterial schon recht klein ist. Ich hätte es gerne mal angespielt, aber wir hatten leider keine Zeit mehr. Diese hellblauen GeekDo Stoffbeutel, die am Boardgamegeek Stand verteilt werden, sind mit Vorsicht zu genießen. Die stinken so ekelerregend nach Chemikalien, dass sie eigentlich nur aus China stammen können. Möchte nicht wissen, wieviele Chinesen dort kotzend bei der Arbeit zusammenbrechen. Ich will diesen Dreck aus China nicht mehr! Am Stand habe ich dann auch das Boardgamegeek Game von Richard Breese gesehen. Okay, es sieht gut aus, aber ich muss es nicht haben.
Das Maria von Richard Stubenvoll ist wirklich sehr schön geworden. Die Schachtel, der Spielplan, die Stanz- und Holzteile ... alles top und wunderschön. Ich habe es nicht mitgenommen, da es mein Budget gesprengt hätte, dafür aber ein Regelheft. Es würde mich wundern, wenn ich Maria nicht irgendwann in meine Sammlung aufnehme.
Thema Material. Ich weiß nicht mehr wo, aber im Laufe des Tages habe ich dann auch ein Macao von Alea gesehen. Wenn es ein kleiner Verlag wie What's your Game? schafft, solides Material anzubieten, wieso dann nicht auch Alea, Tochter von Ravensburger? Die Pappe der Stanzteile -- wie bei allen Alea Spielen -- ist wieder viel zu dünn. Darüber könnte ich mich schwarz ärgern und daher werde ich Macao auch nicht kaufen. Zumal mich der Würfelmechanismus der letzten Runden nicht wirklich überzeugt. Ich mag Stefan Felds Spiele wirklich, aber ich wünschte er würde mal den Verlag wechseln. Zu einem Verlag, der nicht wie Ravensburger offensichtlich vor allem an Gewinnoptimierung denkt, sondern an qualitativ hochwertiges Material.
Habe ich schon erwähnt, dass das neue Tinner's Trail eher bescheiden aussieht? Es ist also doch zur Messe erschienen, endlich! Ich habe es am JKLM Stand gesehen, die Schachtel ist überraschend klein. Leider lag dort kein offenes Exemplar, aber angesichts des häßlichen Spielplans war das auch kein Verlust.
Weitere Promis: Irgendwo habe ich auch Bernd Brunnhofer vom Hans im Glück Verlag gesehen. Das Egizia ist übrigens optisch sehr schön geworden. Wie es sich spielt, wird man sehen. Kurz vorm Verlassen der Messe läuft uns noch Dr. Rainer Knizia über den Weg. Sah aus wie ein Business-Mann, ist er wohl auch. Er ist mir nicht besonders symphatisch, lassen wir es dabei.
Die Heimreise verlief ohne Besondere Vorkommnisse und gegen 21:30 Uhr waren wir wieder zu Hause. Glücklich, aber kaputt.
~Thomas