Beiträge von MetalPirate im Thema „Golem für 15,90€“

    ["für diesen Preis kann man es mitnehmen"]

    Ich habe das Spiel ja auch nicht kontextlos emfohlen, sondern "allen, die Euro-Spiele mögen und Golem noch nicht kennen".

    Ergänze das zu "eine bedingte Empfehlung für alle, die Euro-Spiele mögen, XYZ noch nicht kennen und bei denen sich durch zumindest grobes Informieren das Interesse erhöht hat", dann unterschreibe ich das auch. Ich empfehle bei sowas, sich ein paar besonders überschwängliche und ein paar kritische Bewertungen anzuschauen, bei BGG z.B. in den Bereichen 8,5-10 einerseits und 5-7 andererseits, und sich dann zu überlegen, bei wessen Argumenten und Begründungen man sich mit den eigenen Interessen und Vorlieben eher wiederfindet.

    Um es für mich präziser zu fassen: Der Reiz dieser Spiele liegt zumeist in dem EINEN NEUEN Mechanismus, und beim Rest muss man damit leben dass man die immergleichen Luciani-und-co-Bonus-Plättchen und -Aktionen bekommt. Was bedeutet, dass einem die Spiele zu Beginn alle gefallen, aber je mehr man kennt, setzt eine gewisse Monotonie ein, und das Gefallen hängt für mich stark davon ab, wie gut/originell/wichtig diese eine Idee ist.

    Mal ein bisschen provokant gefragt: Was ist eigentlich der Unterschied zu Spielen von Stefan Feld, Uwe Rosenberg, Alexander Pfister, Vital Lacerda oder anderen bekannten Autoren mit eigenem Stil (und dem einen oder anderen Selbstzitat bei den Mechanismen), außer dass man bei den Italienern gerne locker-flockig ein Dutzend italienischer Autoren und Autorinnen in einen Topf schmeißt und sich dann über die endlose Fülle von ähnlichen Spielen aus dieser Schule beklagt?

    Klar, ein bisschen kommt das auch daher, dass italienische Autoren gerne zusammenarbeiten, oft 3+ Autorennamen auf der Schachtel landen und sowieso auf jedem zweiten Spiel dann Simone Luciani oder ein anderer bekannter Name als Co-Autor fungiert, sicherlich auch aus Marketing-Gründen. Aber wollen wir das denen immer nur negativ auslegen? Die Italo-Euros haben IMHO schon eine ordentliche Bandbreite, zumindest wenn man bereit ist, nicht nur die fünf mainstreamigsten und bekanntesten Italo-Euros als repräsentativ für alles zu werten. Golem ist jetzt vielleicht nicht das allerbeste Beispiel für besondere Originalität, aber die gibt es durchaus unter den Italo-Euros.

    Ich bin jetzt eher wenig überrascht, dass das Spiel jetzt verramscht wird, ebenso wie gleichzeitig Tabannusi und zuvor Terramara, Alma Mater und und und. Die italienische Designschule macht im Prinzip allesamt gute Euros, die sich für mich abseits der Mechanismen aber alle etwas seelenlos angefühlt. [...] Es fühlt sich halt zunehmend so an, als hätten die einen "Werkzeugkasten" und dann genau eine Idee, um die bekannte Elemente drumherum gebastelt werden.

    Im Prinzip möchte ich dir schon zustimmen, aber ich glaube noch nicht mal, dass man überhaupt eine allgemeingültige Unterscheidung in "gut" (bei dir: Lorenzo, Darwin) und "weniger gelungen" treffen kann. Vielmehr kommt's darauf an, sich diese Masse von doch irgendwo ähnlichen Spiele wirklich genau anzuschauen, um sich das herauszusuchen, das den eigenen Vorlieben entspricht. Sowas wie Tabannusi oder Terramara hat z.B. überdurchschnittlich viel Interaktion. Der eine mag genau das, der andere findet's furchtbar, insbesondere wenn es wie bei Terramara auch direkte, negative Interaktion ist.

    Nur auf die BGG-Durchschnittsnote schauen, das reicht nicht. Da fallen manchmal nämlich auch gerade diejenigen Spiele hinten runter, die eben nicht 08/15-Standardware sind, sondern versuchen, auch eigene, nicht unbedingt massentaugliche Akzente zu setzen und ein paar Ecken und Kanten mehr haben.

    Auf der einen Seite bedeutet das Arbeit, aber auf der anderen Seite kann man doch auch froh sein, dass quasi alles aus der italienischen Autorenschule mindestens mal handwerklich solide ist und man sich in den Details genau das raussuchen kann, was dem eigenen Spielegeschmack (bzw. dem der eigenen Spielegruppe) perfekt entspricht.

    "Gurke" und "schlecht" finde ich ein bisschen respektlos gegenüber Verlag und Autoren. Die wissen, was sie tun, und haben nicht ohne Grund einen guten Namen. Ein "nur grundsolide" oder "nicht gut genug" tut's hier auch.

    Das wundert mich ein wenig - ist das Spiel so schlecht angekommen dass man es jetzt so verramschen muss? :/

    "Schlecht" würde ich nicht mal sagen. Aber eben nicht "gut genug", um habenswert zu sein. Teilweise war auch die Kritik, dass das Setting (Judentum im Prag) deutlich mehr hergegeben hätte und dann doch nur ein weiterer, seelenloser Euro-Titel herausgekommen ist.

    Letztendlich für mich auch ein Beispiel, wo hoch angesetzter Preis und hohe Erwartungen im Vorfeld auf einen Verlag trifft, den man eher für die Qualität der inhaltlichen Arbeit als für die Qualität von Produktion und Service schätzt (sprich: wenig überzeugte Fans oder Bindung an Reihen/Serien). Wenn dann die erste Rezeption eher mäßig ausfällt, ist in der heutigen Zeit des Neuheiten-Überflusses ein Spiel dann schnell "verbrannt". Bei hohem Preis kauft's niemand auf Verdacht, sobald man die Kritik als zumindest teilweise berechtigt verbucht, und bei niedrigem Preis will's dann niemand mehr haben, weil man das als Bestätigung dafür nimmt, dass das Spiel ein Flop war.

    Es gibt nun mal wesentlich mehr Spiele auf dem Markt, als man spielen kann. Das verzieht nicht viele Fehler bei den Anbietern.