danom Gehen wir doch mal historisch an die Sache ran. Wenn ich mal kurz die Zeit zu Goethes Veröffentlichungen zurückdrehe, dann war damals das meistverkaufte Buch seiner Zeit nicht etwa der Werther, die Wahlverwandtschaften oder seine italienische Reise, sondern "Rinaldo Rinaldini", eine Räubergeschichte seines Schwagers Christian Vulpius. Nehme ich also Erfolg als Maßstab, wäre Vulpius (den heute kaum noch jemand kennt geschweige denn liest) heute unterbewertet, nehme ich künstlerischen Anspruch als Maßstab, würde man wahrscheinlich den Erfolg Vulpius' aus heutiger Sicht als Überbewertung durch das zeitgenössische Publikum ansehen. Und genau so kann ich mit zeitgenössischen Autor:innen verfahren: Wenn ich z.B. denke, dass Sophia Wagner, die immerhin das SdJ-Stipendium bekommen hat, danach aber m.E. nur durch eine Reihe misslungener Spiele aufgefallen ist (und trotzdem immer noch Spiele bei Verlagen unterbekommt), damals in ihrer Sozialen-Medien-Präsenz überschätzt wurde, dann mag sie das persönlich kränken, aber es ist zumindest aus meiner Sicht eine halbwegs realistische Einschätung ihres Oeuvres. Ebenso kann ich konstatieren, auch wenn ich viele Spiele von Rüdiger Dorn sehr mag, dass er die Qualität und Langlebigkeit, die Goa und Jambo aufweisen, mit keinem seiner anderen Spiele mehr erreicht hat (vielleicht mit Ausnahme von Istanbul).
In der Form ist es für mich aber auch begründete Kritik. Insbesondere hebst du dort ja auch im positiven Sinn die Höhepunkte (Goethes Werther, Wagners SdJ Stipendium, Dorns Goa und Jambo) hervor und gehst dann nur auf die im Vergleich dazu abfallende Qualität bei anderen Werken ein. Das finde ich völlig in Ordnung.
Das ist auch etwas gänzlich anderes, als eine Toplist der schlechtesten/überbewertetsten Autoren oder ein pauschales "Person X ist überbewertet" in den Raum zu stellen und damit einfach nur eine Person als Ganzes runterzumachen.