Was MetalPirate oben kritisiert ("dreistellige Preise für unbekannte Spiele ausgeben, ohne die Regeln gelesen zu haben") kann ich nicht ganz nachvollziehen: genau dafür gibt's ja Kickstarter.
Da hast du mich eventuell etwas missverstanden. Vielleicht denkst du auch zu sehr den Rollenspiel-Bereich mit, wo es anders sein kann. Da kenne ich mich nicht aus.
Mich verwundert es manchmal, welche geringe Wertschätzung Regeln als konzentriertes Ergebnis der Spieleentwicklung teilweise im Brettspiele-Crowdfunding-Bereich genießen, und zwar auf allen Seiten. Und wie sich der Crowdfunding-Spielemarkt da auch vom normal-üblichen Vorgehen bei der Spieleentwicklung im Retail-Bereich entkoppelt hat.
Es ist ja nicht so, dass die Crowdfunding-Verlage entsprechend der ursprünglichen Crowdfunding-Idee nur mit einer groben Ideenskizze ins Funding gehen. Vor einem erfolgreichen Crowdfunding ist schon ein Haufen Arbeit passiert, mehr als je zuvor notwendig war -- aber eben nicht beim Feilen an Regeln, wie es früher mal normal war bei der Prototypenentwicklung, sondern bei der Beauftragung von Grafik und im Bereich der Social Media Betreuung. Sachen, die normalerweise eher am Ende der Kette stehen. Das sind ja schon fast Investitionskosten, die kleineren/neuen Marktteilnehmern den Zugang verbauen.
Das alles führt dann zu Kampagnenbeschreibungen, wo man erstmal fünf Seiten runterscrollen muss, bevor man nach allerlei Bildchen von Miniaturen & Co etwas zum Spiel selbst erfährt, und hört auf bei Backern, die bereitwillig bezahlten Youtube-Hochjublern glauben, aber selbst keinen Blick in heruntergeladene Spielregeln werfen.
Merkt man ja auch schön, wenn man hier im Forum etwas ausführlicher zu Regeln von aktuellen Crowdfunding-Kampagnen schreibt. Gibt sofort viele Likes, aber eine echte Diskussion kommt nicht auf, weil kaum keiner mitreden kann. Jeder ist nur froh, wenn ein anderer, den man für vertrauenswürdig hält, sich die Arbeit gemacht hat, die Regeln zu lesen.
Was im Crowdfunding-Bereich zählt, und zwar Stand 2023 mehr als je zuvor, ist Optik, Optik und nochmal Optik. Eventuell noch der Ruf von Autor/Verlag. Aber alles andere scheint weitgehend egal geworden zu sein. Ist es dann ein Wunder, dass die Macher genau daraufhin optimieren, Playtesting bei manchen Verlagen keine größere Rolle mehr spielt und der Backer dann am Ende eher Berge von hübsch anzusehendem Spielmaterial als dauerhaft gute Spiele geliefert bekommt? Diese Berge von maximal aufgemotztem Spielmaterial sind doch genau das, was die Backer mit ihrem Verhalten anfordern...