Beiträge von PowerPlant im Thema „Qualitätssicherung- und management in der Brettspielindustrie“

    Meine persönliche Meinung, die sich durch die Einblicke auf beiden Seiten (Verlag/Kunde) gebildet hat, ist folgende:

    1. Die Produkte sind zu schnelllebig. Kaum ist ein Spiel fertig, muss der nächste Kracher raus, weil der Kracher des letzten Monats nun schon für 50% verramscht wird. Teilweise sogar schon vor Release (siehe Cthulhu Wars).
    2. Die Produkte werden immer aufwändiger. Die Textmenge, der Produktumfang, das Material steigt gewaltig an. Vor 10 Jahren hätte ich an ein Spiel mit der Textmenge eines Tainted Grail nicht gedacht. Auch werden die Spiele immer komplexer und vielschichtiger. Das resultiert darin, dass viel mehr Zeit benötigt wird, um diese Brocken fehlerfrei fertigzustellen. Dem steht die Entwicklung aus dem 1. Punkt aber diametral gegenüber. Daraus resultiert 3
    3. Der Umfang wächst, aber der Bearbeitungszeitraum wird knapper, die Halbwertszeit der Spiele sinkt gefühlt rapide. Das sieht man auch darin, dass die Anzahl der Erratas und der Korrektur-Aufkleber in letzter Zeit stark zunimmt: Earthborn Rangers, John Company 2, Mosaic, etc.
    4. (Das kann auch stark schwanken, aber) Ich habe das Gefühl bzw. die Erfahrung, dass viele Firmen zwar sehr engagiert, aber irgendwie "hemdsärmelig" unterwegs sind. Ich habe schon Rohdaten von Verlagen bearbeitet, die so krude erstellt waren, dass jeder Mediengestalter-Azubi im 2. Lehrjahr die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde. Ein anderes Beispiel, das mich sehr wundert, sind die Korrekturaufkleber für Mosaic: Es gibt 6 Playerboards. 3 Dieser Boards sind korrekt, 3 haben "Bevölkerung" falsch geschrieben und ein einziges hat "Nahrung" falsch geschrieben. Die Playerboards sind aber abseits der Farbe und der Grafik oben komplett identisch. Das lässt vermuten, dass diese 6 Boards als 6 separate Dateien angelegt wurden, dass jedes identische Wort 6x geschrieben wurde. Was natürlich in viel mehr potenziellen Fehlerquellen mündet. Ich hätte 1 Datei angelegt, jedes Wort 1x geschrieben und 6 Hintergrundgrafiken dahinter geändert. Alles andere dauert länger und bietet Fehlerpotenzial ohne Ende. Weitere Erfahrungen mit der Übersetzung von Cthulhu Wars und den involvierten Parteien (Damals noch NICHT Pegasus) waren ähnlich oder schlimmer.
    5. Dem ganzen liegt aber zu Grunde, dass in der Branche immer noch sehr wenig Geld steckt. Zumindest in unserer kleinen, lokalisierten, deutschsprachigen Blase. Von einem Studio wie es Chip Theory Games haben kann ein rein deutschsprachiger Verlag wahrscheinlich nur träumen. Auch dem gegenüber stehen wieder die ersten beiden Punkte.