Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Euros - austauschbares Thema?“

    Ich versuche mal, aus meiner Sicht etwas beizutragen.


    Mit Spielentwicklung habe ich nichts zu tun, bin auch kein Experte für Spieltheorie. Ich bin bloß Spieler.


    Spiele kaufe ich nahezu nur wegen ihres Themas, nicht wegen ihrer Mechaniken, wie gut auch immer die sein mögen. Auch Balance ist für mich eher nachrangig.


    Ich denke schon, dass man eine in einem konkreten Spiel thematisch wohlbegründete Mechanik als Mechanik so weit herunterbrechen kann, dass diese nur noch abstrakt ist und deshalb auch mit einem anderen Thema "versehen" werden kann. Wenn ich etwa in Snowdonia eine Schiene baue, drehe ich -neben einigem, das sonst noch zu tun ist- eine Karte um, die auf der Rückseite dann eine andere Abbildung hat. Das bloße Umdrehen einer Karte auf ihrem Platz ist als solches durchaus abstrakt; ändere ich die Bilder, kann ich sagen, das habe eine nun andere Bedeutung.


    Das ist aus meiner Sicht aber nicht der entscheidende Punkt.


    Thematisch ist für mich ein Spiel letztlich nur dann, wenn es für den Spielverlauf wesentliche Mechaniken hat, die sich so, wie sie sind, unmittelbar aus dem Thema ableiten lassen. Einfach austauschbar ist das Thema eines Spieles aus meiner Sicht nur dann, wenn sich seine Mechaniken und Abläufe, exakt so, wie sie sind, ohne jede Änderung mit einem anderen Thema versehen lassen, Das wird umso schwieriger sein, je mehr ein Spiel mit seinen Mechaniken vom Thema her entwickelt ist.


    Im Grunde sind die in Spielen angewendeten Mechaniken regelmäßig im Kern abstrakt: Ich drehe einen Würfel, ich drehe ein Karte, ich lege ein Plättchen usw.. Wichtig ist aus meiner Sicht, warum ich das tun soll.


    Beispiel:

    In Ruhrschifffahrt wird die Qualität von Kohle durch die Zahl auf einem W6 dargestellt; sinkt die Qualität, drehe ich den Würfel auf die nächst niedrigere Zahl. Dieses Drehen des Würfels ist mechanisch betrachtet ein rein abstrakter Vorgang, der für sich allein gesehen keinen Sinn, keine innere Rechtfertigung hat.

    Worum geht es bei diesem Drehen im Spiel?

    Ich mache das, wenn ich in einer Ruhraak Kohle auf der Ruhr transportiere und dabei in meinem Zug mindestens einmal eine schwierige Stelle passiere.

    Warum mache ich das?

    Als man den Transport von Kohle auf der Ruhr begann, gab es im Verlauf des Flusses eine ganze Reihe von Hindernissen, die die Aaken nicht überwinden konnten. An jedem dieser Hindernisse musste also die in Säcken gepackte Kohle von einer Aak, die das Hindernis erreicht hatte, auf eine andere Aak, die hinter dem Hindernis wartete, händisch umgeladen werden. Dabei rieben die Kohlestücke verstärkt aneinander, es gab Abrieb und je häufiger das Umladen nötig war, um so mehr litt die Qualität der Kohle und so manches Mal kam in Duisburg dann nur noch Kohlenstaub an. Das bildet das Spiel so natürlich nicht 1:1 ab, sondern es beschränkt sich mechanisch darauf, das Überfahren der Hindernisse zu erlauben, aber die Qualität der Kohle durch Herunterdrehen des Würfels zu verringern.

    Weil das in der historischen Realität wirtschaftlich betrachtet ein Problem war, wurde dem damals durch den Bau von Schleusen an der Stelle der Hindernisse (Stromschnellen z.B.) begegnet. Das macht man dann auch im Spiel, indem man spielmechanisch ein Schleusenplättchen auf das Hindernisfeld legt, so dass die Aaken die Kohle dort -wie in der historischen Wirklichkeit- nun weitgehend ohne Qualitätsverlust und ohne Umladen weitertransportieren konnten.


    Ich glaube nicht, dass man diesem Spiel, ohne es mechanisch in irgend einer Weise zu verändern, ein anderes Thema aufdrücken kann, zumal es ja auch noch andere Mechaniken gibt, die eng aus dem Thema kommen.


    Allerdings gibt es eine Bearbeitung von Ruhrschifffahrt, die einiges ändert, das Spiel in seinem Kern aber immer noch unberührt lässt. Noch immer geht es um den Transport von Waren auf einem Fluss mit weitgehend unveränderten Mechaniken. Es gibt nämlich eine amerikanische Neuausgabe, heißt "The Ruhr", das ist das nahezu unveränderte Ruhrschifffahrt. Die Schachtel enthält zudem ein aus Ruhrschifffahrt entwickeltes eigenständiges Spiel, heißt "The Ohio". The Ohio zeigt, dass man sehr dicht am ursprünglichen Thema bleibend mit recht wenig Veränderung auskommen kann; es ist immer noch Ruhrschifffahrt, wenn auch den amerikanischen historischen Gegebenheiten angepasst.