Beiträge von ravn im Thema „Sind Foren der "letzte Ort" für unabhängige Meinungen?“

    Für Videos brauchst Du (fast) immer Bild und Ton. Das will vor Ort koordiniert, richtig eingestellt, ausgepegelt, ausgeleuchtet und kontrolliert werden. Fernab eines festen Settings extrem aufwändig. Und wenn alles abgedreht ist, dann beginnt die wirklich zeitintensive Arbeit im Schnitt. Als Einzelperson und als Hobby verstanden, ist das kaum möglich, wenn man zudem sehr regelmässig und viel Content produzieren will. Nicht ohne Grund wird viel live gestreamt und Schnippsel davon 1:1 als Einzelvideos angeboten.


    Vor Jahren hatte ich auf der SPIEL versucht, mich auf Audio-Interviews zu fokussieren. Mit eigenem Ansteckmikro für mich und Handmikro für den Interviewten, da ich dachte, dass es toll wäre, mit zwei Tonspuren zu arbeiten. Aufnehmen, online stellen und fertig. In der Praxis war das extrem umständlich als One-Man-Show, wenn Du zudem noch nebenbei einzelne Fotos mit einer Semi-Pro-Kamera machen willst. Die nötige Nachbearbeitung des Audiomaterials war so zeitintensiv, dass ich das Projekt schnell wieder aufgegeben habe.


    Somit ist Meinungsvielfalt toll, nur sollte man auch immer den Aufwand sehen, der dahintersteckt, um diese zu produzieren und zur Verfügung zu stellen.

    Mal ein ganz anderer Ansatz:

    Könnte es sein, daß ... [...] zumindest im für uns interessanten Bereich eben gar keine echten Graupen mehr veröffentlicht werden? Oder zumindest der Schnitt sich so weit angehoben hat, dass einem zwar viele Spiele nicht gefallen oder nicht "für einen" sind, aber diese Spiele sind trotzdem "gut"? Handwerklich gut gemacht, ausreichend gut produziert, kein Knaller, aber halt ein lauwarmes Spiel, daß dann eine lauwarme Rezi bekommt?

    Handwerklich schlechte Spiele konnte ich früher schon anhand ihrer unprofessionellen Aufmachung vorab aussortieren. Ok, da sind dann eventuell einige Perlen durchgerutscht, aber die wurden dann schon von den etablierten Verlagen aufgegriffen und in einer (auch redaktionell) überarbeiteten Neuauflage veröffentlicht. Echte Blender gab es erinnert selten, eben weil Spieleproduktion ein echtes Risikogeschäft war, bei dem man in Vorleistung gehen musste, um dann zu sehen, dass man seine Erstauflage auch verkauft bekommt.


    Seit etlichen Jahren können selbst Amateure ohne Verlag und Redaktion im Rücken ihre Herzensblut-Spielideen per Kickstarter & Co anpreisen und da die Hilfsmittel, um Prototypen und Handmuster professionell aussehen zu lassen, inzwischen erschwinglich für jeden verfügbar sind, sehen fast alle Neuheiten auf ihre Art irgendwie gut und interessant aus. Zudem können diese Neuheiten aus dem inzwischen etablierten Mechanismen-Baukasten zurückgreifen und schon entstehen Spiele, die auf den ersten Blick zumindest interessant sein könnten. Ob die spielerisch wirklich was taugen, kann ich nicht mehr beurteilen, ohne da ausreichend Zeit investieren zu müssen. Was bei der Neuheitenflut (die es so früher auch nicht gab) kaum noch möglich ist. Oder wer kann von sich behaupten, den vollständigen Marktüberblick zu haben? Vor rund 10 Jahren konnte ich das noch bejahen. Aktuell absolut nicht mehr.

    Die Verrisse haben gefüht abgenommen, was aber wohl auch mit der Neuheitenflut zu tun hat. Warum seine Zeit als Rezensenten auf Spiele fokussieren, die schon auf den ersten Blick mies sind (auch wenn es davon immer weniger gibt). Die Mehrheit an Neuheiten ist hingegen "irgendwie ok" und wirklich gute und herausragende Spiele sind weiterhin selten. Nur eben in der Masse an "irgendwie ok" versteckter als früher.


    Und in dieser Ausgangslage werden unabhängige und glaubwürdige Rezensionen und echte Erfahrungsberichte umso wertvoller - für mich. Die Glaubwürdigkeit hat sich über Jahre aufgebaut, kann aber ebenso enttäuscht werden, wenn man das Prinzip dann mal durchschaut (Stichwort: Hochjubel-Rezensenten) und diese dann zukünftig ignoriert. Ebenso kenne ich inzwischen die Personen, deren Einschätzungen und Spielegeschmack auf meiner eigenen Wellenlinie liegen und welche eher nicht.