Beiträge von Capote im Thema „Erfahrungen mit Banken und Sparkassen“

    Zur stochastischen Simulation. Anschaulich gesprochen (wir sind ja ein Brettspielforum… :) ) „würfelt“ man sich durch die Wertentwicklung eines Aktienfonds über viele Jahre durch. Das ganze wiederholt man dann sehr viele Male: 100.000 oder 1.000.000 mal. Sprich: man spielt das Spiel sehr, sehr viele Partien. Dann kann es einige Partien geben, indem man dauernd nur noch Einsen oder Zweien würfelt. Jeder Spieler weiß, dass es solche Partien geben kann. Auch wenn man im langfristigen Durchschnitt eine 3,5 würfelt, und es Partien gibt, indem man viele Fünfer und Sechser würfelt.

    Nach 100.000 oder 1.000.000 Partien schaut man sich die Ergebnisse an. Es gibt dann Partien, indem man früh stirbt. Es gibt auch Partien, indem man sehr lange lebt. Dann gibt es Partien, in dem man eine sehr schlechte Wertentwicklung hat, und Partien, indem man eine sehr gute Wertentwicklung hat.

    Genau das macht man bei einer stochastischen Simulation. Ich habe das jetzt vereinfacht beschrieben. In der Praxis ist das dann „etwas“ komplizierter… :)

    Bei einer regelmäßigen Kapitalentnahme von 2% des Anfangskapitals ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1,0%, dass man länger lebt, als das Geld reicht.

    Ich steh da wohl auf dem Schlauch. Wenn ich jährlich 2% entnehme, reicht das Kapital doch ohne Zinsen schon 50 Jahre (also bis zum Alter von 115). Mit einer positiven Rendite sollte es noch länger reichen. Wo ist mein Denkfehler?

    Das Geld entnimmt man aus einem Aktienfonds. Die Wertentwicklung eines Aktienfonds schwankt. Auch wenn der Fonds langfristig mit einer durchschnittlichen Rendite von 6% steigt, kann es Jahre geben, in dem der Kurs stark fällt. Wenn das über einen längeren Zeitraum geschieht, und man zusätzlich aus dem Fonds einen festen Betrag entnimmt, kann irgendwann der Fall eintreten, dass das Geld aufgebraucht ist.

    Man kann es auch noch etwas ausdifferenzieren: Läuft der ETF schlecht, entnimmt enfach man weniger (sofern finanziell machbar).

    Sofern finanziell machbar, kann man natürlich so vorgehen. Zum Beispiel kann man anstelle regelmäßig einen festen Betrag von x% des Anfangskapitals, x% des aktuellen Fondswerts entnehmen. Durch so eine Strategie ist es ausgeschlossen, dass das Kapital aufgebraucht ist. Im ungünstigen Fall kann man dadurch aber über eine längeren Zeitraum nur noch wenig Geld entnehmen. Deswegen: sofern finanziell machbar.

    deshalb sollte man im Alter den Aktienanteil zugusten festverzinslicher Anteile verschieben.

    Auch das wäre eine Möglichkeit. Dadurch sinkt allerdings die erzielte Rendite, hat dafür aber niedrigere Volatilität. Unter dem Strich kommt man dadurch auf ähnliche Ergebnisse. Sprich: geringerer Entnahmebetrag, dafür aber eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Geld nicht aufgebraucht wird.

    RANT: Die ideologische ETF-Heiligsprechung in diesem Thread geht mir so langsam auf den Zeiger.

    Sorry, musste mal raus.

    Ich möche mal näheres zum Thema ETF sagen. :)

    Wie ich weiter oben schon geschrieben habe, war die die ursprüngliche Bedeutung von ETF („exchange traded fund“) ein an der Börse gehandelter Fonds. Man kann diese Fonds also nicht direkt von einer Investmentgesellschaft (z.B. DWS, Deka, Union Invest,...) kaufen, sondern muss sie an einer Börse kaufen. Die allermeisten dieser ETF sind Indexfonds (d.h. Fonds, die einen Index abbilden, z.B. Dow Jones, DAX, MSCI World, REX,…). Daher wird in der Fachpresse der Begriff ETF inzwischen synonym für Indexfonds verwendet.

    Neben Aktien-Indexfonds gibt es auch noch andere Indexfonds, z.B. Immobilien-Indexfonds oder Renten-Indexfonds (d.h. Index für festverzinsliche Wertpapiere, wie z.B. Staatsanleihen). Wenn von ETF die Rede ist, spricht man in der Regel meistens von Aktien-Indexfonds.

    Die Haupt-Vorteile von Aktien-Indexfonds:

    • Da Aktien-Indexfonds an der Börse gekauft werden, fällt kein Ausgabeaufschlag an (übliche Größenordnung ca. 5%).
    • Die laufenden Kosten sind relativ gering (jährlich ca. 0,2 bis 0,3%). Bei üblichen Aktienfonds sind dies jährlich meist ca. 1,5 bis 2%.
    • Die meisten üblichen Aktienfonds entwickeln sich langfristig schlechter als der Vergleichsindex (z.B. bei globalen Aktien der MSCI World oder bei deutschen Aktien der DAX). Wobei es aber auch Ausnahmen gibt.

    Der entscheidende Vorteil von Aktien-Indexfonds gegenüber festverzinsliche Wertpapieren (z.B. Staatsanleihen) ist, dass man damit langfristig(!) eine höhere Wertentwicklung erzielt. Der MSCI World z.B. entwickelte sich in der Vergangenheit durchschnittlich mit jährlich ca. 6 bis 7%. Das ist deutlich mehr als man derzeit als Zinsen erhält.

    Der entscheidende Nachteil von Aktien-Indexfonds gegenüber festverzinsliche Wertpapieren ist natürlich, dass man mit Aktienfonds Geld verlieren kann. In manchen Crash-Jahren waren dies oft mehr als 20-30%. Man sollte also kein Geld in Aktienfonds anlegen, das man die nächsten 5 bis 10 Jahren benötigt (z.B. für ein neues Auto oder ein beabsichtiger Kauf einer Wohnung). Die Vergangenheit zeigte aber dass man in Zeiträumen von über 15 Jahren mit Aktien-Indexfonds (z.B. MSCI World) kein Geld verloren hat. Aus diesem Grund sind Aktien-Indexfonds für die Altersvorsorge sehr geeignet.

    Anders sieht es aus, wenn man regelmäßig Geld aus seinem angesparten Vermögen entnimmt. Zum Beispiel als Rentner, wenn man höhere Ausgaben als die staatliche Rente hat. Firkin z.B. hat hier vorgeschlagen, dass man einem ETF problemlos regelmäßig 2% bis 3% entnehmen kann, da ein MSCI World ETF in der Vergangenheit eine durchschnittliche Wertentwicklung von 6% bis 7% hatte. Das hört sich zunächst mal auch plausibel an. Das Risiko hierbei besteht darin, dass man länger lebt, als das Geld reicht, sprich dass das Vermögen irgendwann aufgebraucht ist.

    Wir haben in der Firma, für die ich tätig bin, für einen Kunden hierfür Berechnungen durchgeführt. Die Frage hierfür war, ob man einem durchschnittlichen Aktienfonds regelmäßig Geld einer bestimmten Höhe entnehmen kann, so dass das angesparte Vermögen bis zum Tod nicht aufgebraucht ist.

    Laut statistischem Bundesamt hat ein 65 jähriger Mann noch eine durchschnittliche Rest-Lebenserwartung von derzeit 19,4 Jahren, also bis zum Alter 84,4. Seine Chance, 90, 95 oder gar 100 Jahre alt zu werden beträgt aktuell 30,0%, 12,4% bzw. 3,0%. Eine 65 jährige Frau hat noch eine durchschnittliche Rest-Lebenserwartung von derzeit 22,6 Jahren, also bis zum Alter 87,6. Ihre Chance, 90, 95 oder gar 100 Jahre alt zu werden beträgt aktuell 43,9%, 21,8% bzw. 6,3%.

    Wir haben mit Hilfe einer stochastischen Simulation Wahrscheinlichkeiten berechnet, dass das angesparte Vermögen bei einer regelmäßigen Geldentnahme bis zum Tod nicht aufgebraucht ist. Hierfür haben wir für einen Aktienfonds eine langfristige Rendite von 6% unterstellt bei einer angenommen Volatilität von 20%. Als Sterbewahrscheinlichkeiten haben wir die veröffentlichen Werte des statistischen Bundesamtes verwendet.

    Die Ergebisse waren für eine 65 jährige Person:

    • Bei einer regelmäßigen Kapitalentnahme von 5% des Anfangskapitals ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 17,0%, dass man länger lebt, als das Geld reicht.
    • Bei einer regelmäßigen Kapitalentnahme von 4% des Anfangskapitals ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 9,8%, dass man länger lebt, als das Geld reicht.
    • Bei einer regelmäßigen Kapitalentnahme von 3% des Anfangskapitals ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 3,9%, dass man länger lebt, als das Geld reicht.
    • Bei einer regelmäßigen Kapitalentnahme von 2% des Anfangskapitals ergibt sich eine Wahrscheinlichkeit von 1,0%, dass man länger lebt, als das Geld reicht.

    Das heißt, man kann sich durchaus überlegen, ob man einen Aktien-Indexfonds benützt, um einem angesparten Vermögen regelmäßig zu entnehmen. Wieviel Geld man dabei regelmäßig entnimmt, muss sich jeder selber überlegen.

    Wer auf der sicheren Seite stehen möchte, kann sich überlegen, Geld in eine sofortbeginnende Rentenversicherung (bei einer Lebensversicherung seiner Wahl) einzuzahlen. Aktuell bekommt man dafür derzeit eine garantierte lebenslange Rente in der Größenordnung von derzeit jährlich ca. 3,5% des eingezahlten Kapitals. Inklusive Überschüsse derzeit sogar jährlich ca. 4,8%. Dieser Wert kann allerdings auf den garantierten Wert zurückfallen. Nachteil gegenüber einem Fonds: das eingezahlte Geld ist weg. Erben würden also hier leer ausgehen. (Bei manchen Produkten bekommt man im Todesfall das eingezahlte Geld abzüglich ausgezahlter Renten wieder zurück, dafür bekommt man aber eine niedrigere Rente).

    Und noch höher ist der Anteil derjenigen, die glauben, ETF wäre ein Synonym für Indexfonds

    Hihi… :)

    Die ursprüngliche Bedeutung von ETF („exchange traded fund“) war ein (oft ausschließlich) an der Börse gehandelter Fonds. Die meisten dieser ETF waren Indexfonds (d.h. Fonds, die einen Index abbilden, z.B. Dow Jones, DAX, MSCI World, REX,…) aber nicht ausschließlich. Inzwischen ist ein ETF aber tatsächlich ein Synonym für Indexfonds. Auch in der Fachpresse. Die Sprache wandelt sich…

    Du hast für den Deka-Fonds den Ausgabeaufschlag von 3,75 % und die laufenden Kosten von 1,50 % noch vergessen

    Tip: Die meisten Fonds werden inzwischen an der Börse gehandelt (z.B. Börse Stuttgart, Tradegate,...). Dadurch kann man den Ausgabeaufschlag umgehen.

    Wegen den laufenden Kosten: Wie kluzz schon geschrieben hat, sind die Kosten in den Kursen bereits enthalten. Bei einem Chartvergleich muss man also evtl. laufende Kosten nicht beachten.

    Ich meinte eine private Rentenversicherung eines Versicherungsunternehmens. Wie gesagt, das ist meines Wissens das einzige Finanzprodukt, das eine lebenslange Rente einer festen Höhe garantiert. Die gesetzliche Rentenversicherung garantiert zwar eine lebenslange Rente (Norbert Blüm: „Die Rente ist sicher“) aber nicht die Höhe…

    Nein. Der Garantiezins meiner Riesterversicherung wurde von Versichererseite eingenmächtig gekürzt.

    Auch die Höhe der garantierten Rente?

    Danke!

    Leider steht in diesem Artikel nicht, wie das im Detail konkret funktioniert. Und unter welchen Annahmen. Und dann ist ja auch nur die Rede von 30 Jahren und nicht lebenslang. Und auch in diesen Zeitraum funktioniert das anscheinend nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, ohne anzugeben wie diese Wahrscheinlichkeit ermittelt wird. Und ich gehe mal davon aus, dass eine gleichmäßige konstante Rendite unterstellt wird. Ohne Garantie.

    Meines Wissens ist eine Rentenversicherung tatsächlich das einzige Finanzprodukt in Deutschland, das eine lebenslange Rente garantiert.

    Meiens Wissens bezieht sich das auf eine amerikanische Studie aus den 80ern/90ern. ich habe mich mal damit beschäftigt, finde sie aber auf Anhieb nicht. Du kannst aber davon ausgehen, dass siche einige Parameter seitdem auch geändert haben - daher weiß ich auch nicht, ob die Ergebnisse vorbehaltlos übertragbar wären.

    Du meinst die gesetzliche Rentenversicherung, richtig? Die Rentenversicherung garantiert eine lebenslange Rente, das stimmt. Wenn das Geld knapp wird, wird dann eben am Renteneintrittsalter geschraubt. Oder die Renten wachsen nicht in dem Maß mit, wie die Kosten steigen. Was nützt die Garantie, wenn die Rente nachher auf Sozialhilfeniveau ist?

    Danke. Mich hätten die Annahmen in dieser Studie interessiert. Insbesondere die unterstellte erwartete Rendite und die Volatilität (mit einer stochastischen Simulation ließe sich dann die Wahrscheinlichkeit ermitteln, ob das Anfangskapital ausreicht. In den 80er und 90er hatte man aber noch nicht die erforderliche Rechenpower sowas zu tun…). Aber egal. Ich gehe jedenfalls davon aus, dass nur ein bestimmter Zeitraum betrachtet wurde, und nicht eine lebenslange Kapitalentnahme.

    Ich meinte eine private Rentenversicherung eines Versicherungsunternehmens. Wie gesagt, das ist meines Wissens das einzige Finanzprodukt, das eine lebenslange Rente einer festen Höhe garantiert. Die gesetzliche Rentenversicherung garantiert zwar eine lebenslange Rente (Norbert Blüm: „Die Rente ist sicher“) aber nicht die Höhe…

    Spannend! Lebenslange Entnahme ohne Kapitalverzehr?

    Wie soll das im Detail funktionieren? Würde mich tatsächlich interessieren!

    Es gibt ja die sog. "4%-Regel", bei der der Wert des Portfolios gleich bleibt bei Entnahme in besagter Höhe bei gleichzeitigem angenommenen Wachstum eines ETFs von etwa 7% jährlich.

    Klar, das ist sehr pauschal, und ich würde eher vorsichtiger mit einer Entnahmerate von 2-3% rechnen (damit düfte man in den meisten Szenarien gut wegkommen), außerdem im Alter auf eher konservative Anlageformen wechseln, aber als Faustregel kann man das schon im Hinterkopf haben.

    Danke!

    Leider steht in diesem Artikel nicht, wie das im Detail konkret funktioniert. Und unter welchen Annahmen. Und dann ist ja auch nur die Rede von 30 Jahren und nicht lebenslang. Und auch in diesen Zeitraum funktioniert das anscheinend nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, ohne anzugeben wie diese Wahrscheinlichkeit ermittelt wird. Und ich gehe mal davon aus, dass eine gleichmäßige konstante Rendite unterstellt wird. Ohne Garantie.

    Meines Wissens ist eine Rentenversicherung tatsächlich das einzige Finanzprodukt in Deutschland, das eine lebenslange Rente garantiert.