FischerZ Du hast es geschafft, dass Hijacked total interessant klingt, obwohl Deine Bewertung ja eher negativ ist. Kompliment dafür :). Kannst Du dir vorstellen, dass es vielleicht vorrangig an der Spielerzahl lag?
Bei uns gab es diese Woche nur einen Spieleabend, den Rest der freien Zeit habe ich spielerisch auf BGA und solo mit #OranienburgerKanal verbracht, bei letzterem fehlt mir leider immer noch die Spielerfahrung zu zweit, aber solo ist es großartig, der beste Solo-Rosenberg seit Nusfjord und hart dabei, Loyang bei mir abzulösen. Es gibt nur 7 Aktionsmöglichkeiten und einen sehr begrenzten Plan, Und ja, es sieht anders aus, aber spielerisch ist das hier Nusfjord 2.0, mit mehr Varianz und einem noch geschlosseneren System. Vor allem freue ich mich schon richtig auf die Erweiterungsdecks, denn schon bei den im Grundspiel mitgelieferten Decks A und B ist der Unterschied wie Tag und Nacht.
Einziges richtig auf dem Tisch gespieltes Spiel war somit gestern #CoffeeTraders. Ich wusste ja, dass es ein Brocken wird (eine 4,3 auf BGG bekommt man ja nicht ohne Grund), aber dass dieser Brocken so staubtrocken sein würde, damit habe ich nicht gerechnet. Man merkt dem Spiel schon an, dass es relativ spät im Designprozess ein neues Thema erhalten hat (wobei ich Cocaine Traders auch nicht wirklich hätte spielen wollen). Dass man aber "erleben würde, wie Fair Trade entstanden ist", wie das Cover verspricht, halte ich für ein Gerücht. Erklärt von einem sehr fähigen, messeerprobten Erklärbär dauerte es selbst dann noch fast eine Stunde, bis die Partie zu fünft losgehen konnte. Die Ausstattung ist über jeden Zweifel erhaben, die Spielbretter - so riesig sie auch sind - sehr gut aufgeteilt, so dass man immer weiß wo man sich gerade befindet. Das Spiel geht über drei Runden, die in sechs Phasen aufgeteilt sind, wobei man in drei dieser Phasen wiederum unterschiedliche Aktionen (Plantagen bauen, Esel züchten, Arbeiter einsetzen versus Gebäude errichten und Kaffee verkaufen versus Aufträge erfüllen und Coffee Shops beliefern) absolvieren kann. Ziel ist, wie der Name schon verrät, effektiv der Handel, nicht so sehr die Produktion, man bekommt auch dort Kaffee, wo man selbst keine Plantagen errichten kann. Die Interaktion liegt dabei auf Tiefstand, man kann sich ab und zu mal gegenseitig eine Plantage kaputtbauen oder den Shop vor anderen beliefern, aber so richtig schlimm ist das eigentlich nicht. Da die Zeit zu knapp wurde, mussten wir nach zwei Jahren leider abbrechen, aber so richtig schlimm fand das an dem Abend wohl niemand, einen Eindruck vom Spiel und wie es weiter gegangen wäre konnte man gut gewinnen.
Coffee Traders ist definitiv ein guter Experteneuro, der Menschen (z.B. meiner Freundin) sehr viel Spaß machen kann. Hier kann man sich gegenseitig nur wenig kaputt machen, wer verliert darf es sich definitiv selbst zuschreiben (und macht es beim nächsten Mal besser). Am besten gefiel mir selbst der Einfluss und die Handhabung der errichteten Gebäude, mit denen man sehr unterschiedliche Ziele erreichen kann, was allerdings nur ein kleiner Teilaspekt des Spiels ist. Insgesamt aber hat man wirklich jeden einzelnen Mechanismus des Spiels schonmal woanders gesehen, originell ist an Coffee Traders leider höchstens die Art und Weise, wie hier ineinander verwoben wurde, aber selbst da fühlt es sich nach verschiedenen Minispielen an und weniger nach einem kohärenten Ganzen. Für die Runde gestern war es definitiv nicht das richtige Spiel, ich würde von einer Erstpartie zu fünft auch definitiv abraten. Ich konnte regelrecht sehen (und hören), wie Alan Smithee (weißgott komplexen Spielen nicht abgeneigt) hier aufgrund der furztrockenen Handelsaktionen und den langen Wartepausen litt, und auch Aleo wirkte wenig begeistert ob des Gebotenen und hatte irgendwann vor Schluss schlicht aufgegeben (sie mögen mir widersprechen, wenn ich das falsch wahrgenommen habe). Und mir fallen leider auch 5-10 Handelseuros ein, die ich bei vergleichbarer oder geringerer Regelhürde lieber spielen würde (z.B. Agra, Lisboa, Food Chain Magnate, selbst Außenseiter-Kennertitel wie Al Rashid oder Phraya hätte ich da wegen der höheren Interaktivität lieber auf dem Tisch).
Ich hab meine Kopie damals noch für 75 Euro bekommen, da stehen Ausstattung und Preis noch in einem guten Verhältnis, die aktuell bei Skellig aufgerufenen 130 Euro wäre es mir Coffee Traders allerdings nicht wert (auch wenn es durchaus vergleichbar ist mit der Ausstattung der Lacerdas von EGG). Insgesamt also bin ich froh, es ausprobiert zu haben, und kann mir gut vorstellen, dass es einer der wenigen Titel wird, die wieder bei mir ausziehen (es sei denn, ich treffe mal auf eine furztrockene Euros liebende Spielerunde).