Das Problem fängt schon dabei an, dass Intelligenz psychologisch so schwammig definiert ist, dass es manchmal semi-scherzhaft heißt „Intelligenz ist das, was der Intelligenz-Test misst“. Es gibt dementsprechend immer mal wieder neue Intelligenz-Modelle und die dazu passenden Tests. Für manche gibt es große Vergleichsstichproben, andere sind theoretisch auf der Höhe der Zeit aber dafür kaum validiert. Manche überschätzen tendenziell, manche unterschätzen eher. Und da hab ich die Debatte über die teils äußerst problematische Historie und den inhärenten Bias, den solche Tests haben können, noch gar nicht angeschnitten.
Vor allem aber bin ich nicht der Meinung, dass diese Tests etwas abbilden, was jenseits von spezifischen Fragestellungen einen Wert hat. Intelligenztests sind meist so konstruiert, dass sie hoch korrelieren mit dem erfolgreichen Meistern der Anforderungen, die unsere Gesellschaft an uns stellt – in den meisten Definitionen von Intelligenz schwingt daher immer eine Adäquatheit gegenüber dem System mit. Darüber hinaus decken die besseren Intelligenztests verschieden Leistungen in verschiedenen Modalitäten ab. Vor allem dann also, wenn man das Ergebnis auf einen einzelnen, numerischen IQ-Wert herunterbricht, ist die Aussagekraft äußerst eingeschränkt. Gleichzeitig habe ich persönlich den Eindruck, dass in der (laienhaften) Rezeption von IQ-Tests in unserer Gesellschaft allzu oft dieser einfache Vergleich von „mehr ist besser“ gesucht wird.
In der KI-Forschung dachte man lange Zeit, man habe menschliche Intelligenz dann übertrumpft, wenn ein Computer den amtierenden Schachweltmeister schlagen kann. Das ist jetzt bald 30 Jahre her aber die Ernüchterung danach kam schnell, als man festgestellt hat, dass man damit auch nichts über menschliche Intelligenz gelernt hat. Das neue Ziel ist es, irgendwann den amtierenden Fußballweiltmeister mit einem Roboter-Team schlagen zu können. An dieser Anekdote, finde ich, kann man ganz schön den Unterschied ablesen zwischen einer schmalen geistigen Spitzenleistung und den unglaublichen Leistungen, die unser aller Gehirne tagtäglich und ganz selbstverständlich erbringen. Wer also denkt, dass Person A mit dem IQ von 110 10% schlauer ist als Person B mit einem IQ von 100, der überschätzt meiner Meinung nach massiv, was der Intelligenztest überhaupt erfasst.
Wunderbar geschrieben, VIELEN DANK!