Delta
aus dem Hause Game Brewer befindet sich derzeit im Funding auf Kickstarter. Dabei schlägt es nicht gerade Backer-Rekorde, vielleicht auch dem mäßigen Erfolg seines abstrakten Vorgängers Amygdala geschuldet. Nun geht es hier aber nicht ums Geschäft, sondern ums Spiel. Und da weiß Delta durchaus zu gefallen.
Das Spiel läuft über 6 Runden. Die jeweilige Spielerreihenfolge-Wahl erfolgt nach Anzahl der in der Werkstatt im linken Planbereich gesammelten Zahnräder. Der dort Führende wählt also zuerst einen Rang in der Spielerreihenfolge, mit dem ihm ein damit verbundener Bonus-Chip zufällt, der die dann folgenden Kartenaktionen verstärken hilft. Schon hier heißt es, einen Plan für diese Runde zu haben und einen wertvollen Bonus gegen eine frühe Ausspielposition abzuwägen.
Es folgt das Ausspielen von jeweils einer Charakter-Karte unten an einen der drei Bereiche des Plans - Werkstatt, Delta, Forschung. Klingt einfach, ist es aber nicht. Die Karten geben beim Ausspielen Ressourcen und ermöglichen Aktionen im gewählten Bereich. Wer aber früh in einem Bereich spielt und auf seiner Karte mehr Initiative (Sternchen) als andere zeigt, darf nachher zuerst aus der über dem Plan liegenden Kartenauswahl wählen, die für Nachschub an (stärkeren als den bei Start verfügbaren) Charakteren sorgt (Werkstatt), bzw. im Delta Tierkarten gewährt und im Forschungsbereich sog. Episodenkarten. Hier muss also das Eigeninteresse an bestimmten Karten mit der möglichen Funktion der Karte im gewählten Bereich in Einklang gebracht werden.
In der Werkstatt sammeln wir nicht nur Zahnräder, sondern können auch welche für Sonderplättchen ausgeben, die uns zu geeigneter Zeit behilflich sind, maßgeblich bei der Erkundung des Fluss-Deltas in der Mitte des Plans.
Dort im Delta begeben wir uns ausgehend von der Stadt am unteren Rand über Brücken und Ballon-Verbindungen zu anderen Inseln. Ja, da warten Siegpunkte, aber das will mit Kristallen bezahlt werden und setzt oft bis zu drei im Zug gespielte Ballone und manchmal ein gesondertes Kapitänspatent voraus. Bedenkt man, dass man auf der Karte zunächst das Symbol zur Erkundung besitzen muss und dann maximal ein Ballonabgebildet ist, wird die Bedeutung des anfangs gezogenen Bonus-Chips teilweise deutlich (eine Variante zeigt einen solchen Ballon). Weitere finden sich auf Tierkarten als Dauerbonus, wenn man sie denn bekommen und ins Spiel hat bringen können.
Im Bereich der Forschung können wir schließlich je Runde eine als überzählig empfundenen Charakter- oder Episodenkarte früherer Runden für einen Zähler bei einer der vier Tierarten anrechnen lassen. Nur verzichten wir damit dauerhaft auf diese Karte. Episodenkarten würden nach angezeigter Formel bei Spielende Siegpunkte einbringen. Hier gilt es den Nutzen einer gehaltenen Karte abzuwägen. Bringt sie gehalten nichts ein, dann lieber einen der Zähler erhöhen, denn die geben multipliziert mit der entsprechenden Zahl an Tierkarten am Ende Siegpunkte. Dem Punktesalat-Fan fällt sofort auf, dass eine bewusste Konzentration auf eine oder max. zwei Tierarten Sinn macht. Nur wird man diese auch in hinreichender Zahl bekommen und deren Wert steigern können?
Standardaktion in der Forschung ist das Ausspielen einer Tierkarte, was wiederum mit Ressourcen - kleinen Flaschen - bezahlt werden muss, auch muss die gespielte Karte dafür das geeignete Symbol zur Forschung aufweisen. Danach gewährt die Tierkarte den abgebildeten Einmal- oder Dauer-Vorteil. Ferner kann man in der Forschung eine der seltenen Projektkarten kaufen. Hier liegen nur drei in der ersten Spielhälfte und drei neue in der zweiten aus. Die bedeuten abhängig von den gezeigten Bedingungen Siegpunkte. Aber auch diese haben einen Preis und die entbehrten Fläschchen-Ressourcen mögen anderswo fehlen.
Bei Rundenende nehmen wir In Reihenfolge der erwähnten Initiative neue Karten vom oberen Rand der Bereiche auf die Hand. Die gespielten Karten unter dem eigenen kleinen Tableau nach Bereichen sortiert gesammelt. Zuvor darf man von dort für die nächste Runde eine dieser Kartengruppen wieder auf die Hand nehmen (bei Beginn wurde dort bereits jeweils eine der Start-Handkarten zufällig abgelegt). So entscheidet man selbst, welche Karten man dort zurück erhält. Wer das zu planen vermag, kann das schon beim Zuweisen der Karten zu den Bereichen berücksichtigen - es gibt ja sonst keine Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Für die neue Runde werden oben an den Plan wieder entsprechend neue Karten als Nachschub bereitgelegt.
Das soll als grober Abriss genügen. Es gibt noch Libellen-Plättchen als Boni hier und da zu sammeln, die Episodenkarten verändern sich in der zweiten Spielhälfte und andere Details mehr lasse ich mal weg. Um dieses sehr originelle und verwobene Spiel einem Neuling zu erklären, sollte man schon mindestens ein halbes Stündchen Zeit einplanen.
Mir gefällt die Optik des Spiels außerordentlich gut. Spielerisch hat es sich in unserer Online-Testrunde zu viert (siehe auch Spielbericht von Kuro-Okami ) als intensiv verzahntes (jetzt benutze ich das Wort auch einmal ) Expertenspiel entpuppt. Ich würde es jedenfalls nicht mehr dem Kennerspiel-Bereich zuordnen. Dabei ist das Regelwerk an sich nicht allzu komplex. Es erinnerte mich an das Spielgefühl mit den jüngeren Lacerdas (Weather Machine, Bot Factory) und wer meine Zeilen zu diesen Spielen gelesen hat weiß, wie schwer ich mich mit diesen Spielen tue. Da ich alle diese Spiele aber bisher nur online hab spielen können, ist jeweils ein wenig der Beurteilung auch der mangelnden Übersicht am Bildschirm geschuldet.
Vom Anspruch her liegt das Spiel damit über allem, was ich bisher von Game Brewer gewohnt war. Und da mein persönliches Spiele-Wohlfühl-Level für gewöhnlich etwas darunter liegt (max. Expertenspiele wie Underwater Cities, Praga Caput Regni), bin ich hin- und hergerissen. Wem es nicht verwoben genug sein kann, der sollte das Spiel allerdings mal in Augenschein nehmen. Mit 75€ (bei Abholung auf der nächsten SPIEL in Essen, sonst 15€ Versand) ist das im KS deluxifizierte Spiel nach heutigen Maßstäben preislich noch halbwegs im Rahmen, Retail dürfte es später bei geschätzten 50€ landen.
Honey Buzz
Deutlich entspannter, aber keineswegs trivial ging es am Wochenende bei einer Runde Honey Buzz zu viert zu. Das ist nicht ganz so neu, kam mir aber erstmals auf den Tisch.
Mit einer kleinen bestimmten Auslage von vier Doppel-Hex-Plättchen starten wir ins Spiel. Am Zug bewirbt man sich um ein weiteres Plättchen aus der Auslage. Hierfür muss man Bienen (welches Tier außer Bienen und Ameisen eignet sich thematisch wohl besser für ein Worker-Placement?) einsetzen. Ist das Feld leer, genügt eine, sonst muss es eine mehr sein, als die meisten Bienen einer Farbe dort. Nur wer nicht einsetzen kann oder will, ruft alle seine Bienen zurück und schafft so neue Optionen für die Mitspieler.
Das neue Plättchen, das eine bestimmte Aktionsmöglichkeit zeigt, muss nach festen (von Farbrändern unterstützten) Regeln angelegt werden, so dass sich kleine Waben mit leerem Innenraum ergeben. Wann immer man eine solche Wabe komplettiert, darf man die auf den Feldern dieser Wabe angezeigten Aktionen in geeigneter Reihenfolge spielen. Ein einzelnes Aktionsfeld kann im Schnitt von bis zu drei Waben somit maximal dreimal im Spiel ausgelöst werden. Da muss man schon schauen, welche Aktionsplättchen man für den Ausbau wählt.
Die Aktionen sind:
Nachwuchs bringt eine weitere eigene Biene ins Spiel, die man ab der nächsten Runde einsetzen kann.
Sammeln erlaubt es, auf einem kleinen Raster mit seiner dortigen Biene Nektar einzusammeln. Die Biene schafft aber nur ein Feld. Wer weiter fliegen will, muss Geld dafür aufwenden. Nektar, das ist ein kleiner Chip, der dann in eine derartige Wabe gelegt wird. Dabei gilt es, die geschaffenen Farbränder zu beachten, denn es gibt in diesem Spiel vier verschiedene Sorten von Nektar. Und wer keine freie komplette Wabe hat, kann eh keinen Nektar sammeln. Wer keinen Nektar sammeln kann oder will, erhält immerhin einen Blütenstaub.
Buchhaltung bringt lediglich 5 Geld ein. Der Erlass ist wie ein Joker, erlaubt also eine beliebige andre Aktion. Das Plättchen musste allerdings mit 5 Geld erkauft werden.
Produktion kann bis zu drei zu einem bestimmten Feld benachbarte Nektar-Plättchen mit je einem Honigtropfen der jeweiligen Nektarsorte (hübsche, leicht klebrige Gummi-Token) füllen. Mehr als ein Tropfen kann in keiner Wabe liegen.
Der Marktplatz schließlich dient dem Verkauf. Entweder verkaufen wir beliebig viele Blütenstaub oder Honigtropfen einer Sorte zum angezeigten Preis (der danach um 1 sinkt). Oder aber wir stillen die Nachfrage von drei offen liegenden Waldtier-Plättchen, die eine bestimmte Kombination haben möchten und uns nebst Siegpunkten eine bestimmte Zusatzaktion gewähren. Je nach Umfang der Aktionen und Verkaufsoptionen ergeben sich hier gelegentlich interessante Kettenzüge, wobei man auf einen möglichen Verkauf nicht aus taktischen Gründen verzichten kann.
Ist die Nachfrage der Waldtiere leidlich gestillt bzw. der Preis mehrerer Sorten im Keller, endet das Spiel bei Rundenende, so dass jeder gleich oft an der Reihe war. Zum Schluss gibt es noch satte Boni für bestimmte erreichte Mehrheiten-Ziele.
Honey Buzz ist ein rundum gelungenes Worker-Placement-Kennerspiel, das mir sehr gut gefällt - das gilt gleichermaßen für Produktion und Spielreiz. Die Wahl der Aktionsplättchen will gut bedacht sein. Das Timing beim Setzen der Bienen und Komplettieren von Waben kann entscheidenden Einfluss haben. Das Spiel, das noch kleinere Varianten und Module bereithält, hat eine angenehme Komplexität, die nicht zwingend in Grübelei endet. Zur Zeit ist das Spiel auf deutsch nicht lieferbar. Die gespielte (und bei Philibert erhältliche) französische Version hat mit den aufgedruckten französischen Begriffen für die Blüten usw. aber auch ihren Charme. Das Material ist bis auf ein paar Floskeln der Endwertungsplättchen komplett sprachunabhängig.
#Delta #HoneyBuzz