Beiträge von velvre im Thema „Spieleseminar Bad Holzhausen 2023“

    [Tiefpunkt Bad Holzhausen?]


    Na dann will ich auch einmal berichten.

    Dieses Jahr ging für mich eine Menge schief! Es begann mit der Anreise die anstelle von 1h 40min fast exakt 4 1/2 Stunden dauerte. Ich war insgesamt betrachtet mental nicht auf der Höhe, was an beruflichem Stress (dauernde Vertretungssituationen aufgrund von krankem Personal und vakanter Stellen, die schwer nachzubesetzen sind) und schlechte Betten in Bad Holzhausen lag. Ich bin erleichtert, dass es nicht nur mir so ging.


    [MI]

    Am Mittwoch musste ich nicht lange auf den Einstieg in eine Runde warten und startete mit einer 5er Runde Scout. Logisch, davon las und hörte ich viel und freute mich, es nun kennenlernen zu dürfen. Ich bin tendenziell nicht immer von Stichspielen begeistert, aber dieses hat mit sehr gut gefallen! Ich würde es allerdings nicht mehr zu fünft spielen und sehe den Sweetspot bei 3-4, da es mir zu fünft eine Spur zu lang dauerte. Überzeugen konnte mich der Clou, dass jede Karte zwei verschiedene Zahlenwerte hat und man sich vor jedem Durchgang entscheiden muss, wie herum man seine volle Hand dreht, ohne dabei die Reihenfolge zu verändern. Nur wenn man einen Stich nicht bedient, nimmt man eine der (ggf.) beiden äußeren Karten auf und darf diese an beliebiger Stelle seiner Handkarten hinzufügen. Dadurch ergibt sich dann im Idealfall die Möglichkeit eine Straße oder wenigstens einen Zwilling zu bilden um beim nächsten Mal flexibler zu sein und mehr als eine Karte ausspielen zu können.


    Danach folgten einige Durchgänge von „Die Crew Mission Tiefsee“. Wir spielten so lange, bis wir den Aufgaben unterlagen. Das Thema ist hier allerdings völlig aufgesetzt und beliebig. Der Reiz besteht aus meiner Sicht einzig und allein darin, sich den Aufgaben zu stellen und die Frage „Wie soll man das denn schaffen?“ im Idealfall mit einem „Ach, das hat tatsächlich funktioniert!“ zu beantworten. Ich war überrascht, dass es richtig viele Aufgabenkarten gibt. Hier hat man sich viel Mühe gemacht. Für mich geht das Spiel über ein okay nicht hinaus.


    Die Zeit zu einem verabredeten Maglev Metro verbrachte ich mit einer spannenden und sehr knappen Partie Cascadia. Ich spiele es immer gern, sofern es nicht zu lange dauert und kein Grübler am Tisch sitzt. Die 2er-Partie gefiel mir sehr gut!


    Zum Ende des Mittwochs folgte dann das erwartete Maglev Metro. Das Spielmaterial gefällt mir richtig gut und ist definitiv ein Hingucker! Allein die durchsichtigen 6-eckigen Plastikschienenteile mit engen und weiten Kurven sowie geraden Strecken in den Spielerfarben, die Magnetschwebebahn und die kleinen Passagier- und Robotertoken sind hübsch! Einziges großes Manko: Bei den Robotertoken lassen sich die Farben Gold und Bronze kaum unterscheiden. Wir haben deshalb eine der beiden Farben hingestellt, während die anderen Tokens lagen.


    Wir spielten zu viert auf der Berlinseite. Für mich entwickelte sich hier optisch eher ein U-Bahnstreckennetz als eines für Magnetschwebebahnen, aber das ist auch nicht weiter tragisch, wobei das namensgebenden „Maglev“ wohl für Magnet und Levitation stehen soll.


    Wir bauen Strecken und Bahnstationen, sammeln Passagiere und Roboter ein und bringen diese zu Bahnstationen in deren Farbe. Gelingt uns dies, dürfen wir diese auf unserem Bord ablegen und verstärken dadurch unsere Aktionsmöglichkeiten. Dabei haben wir eine Aktion, mit der wir Roboter umsetzen dürfen und sind dadurch etwas flexibler. Passagiere dagegen dürfen nicht umgesetzt werden, so dass hier gut überlegt sein will, wo diese abgelegt werden.


    Zu Beginn einer Partie erhält jeder 1 Aufgabenkarte aus 3 verschiedenen Kategorien. Ich dachte, meine Aufgabenkarten waren schon gut, doch zum Spielende zeigte sich, dass meine Mitspieler deutlich bessere Karten hatten. Ich würde für zukünftige Partien pro Kategorie 2 Karten verteilen, von denen dann 1 ausgewählt wird. Das ist ein kleiner Optimierungskniff der nicht weh tut und dem Spiel gut bekommen dürfte. Hat mir sonst gut gefallen!


    [DO]

    Nach einer ersten total miesen Nacht ging es nach dem Frühstück mit Crisis los, ein Spiel, dass ich seit mehreren Jahren auf dem Radar hatte.


    Die 7 Runden spielten sich erfreulich flott und bis zum Mittag herunter und auch die Mechanik, dass man keinesfalls den fiktiven Staat Axis (?) in den Bankrott treiben soll, weil das Spiel dann vorzeitig scheitern würde, gefiel mir gut. Leider ist es extrem wichtig an bessere Arbeiter zu gelangen, die mit mehr als Faktor 1 produzieren können. Dies gelang mir nur 2x im Spiel. Solche Arbeiter sind viel zu rar gesät und ob man diese dann auch für seine Fabriken gebrauchen kann (weil es verschiedene Ausrichtungen gibt) ist fraglich. Dennoch gelang es mir fast immer mit meiner primären Brotproduktion das von Runde zu Runde steigende Mindestziel zu erreichen.


    Etwas einseitig und wenig kreativ sind die Rundenereignisse, die uns häufig Geld kosteten und zeigte, dass der Staat, den wir am Leben hielten, es nicht gut mit uns meint. Da kann man durchaus im Sinne des Titels die Krise bekommen und würde am liebsten den Staat aufgeben und sich einen anderen mit besseren Arbeits- und Investitionsbedingungen suchen.


    Zur Spielmitte hin sah es sehr kritisch aus, doch dann konnten wir, oder besser gesagt primär meine beiden Mitspieler, das Ruder mächtig herumreißen und den Staat ordentlich pushen. Mit dieser Kehrtwende drohte keine Gefahr mehr. Mir gelang es erst in den letzen beiden Runden, neben Brot eine deutlich wertvolle Ressource herstellen zu können. Ich weiß nicht mehr was es war, nur dass es im Spiel wie ein Zahnradtoken aussah. Den letzten Platz konnte ich dennoch nicht verhindern. Zumindest weiß ich, was ich beim nächsten Mal anders machen würde. Crisis ist ein durchaus gutes Spiel, das einiges zu bieten hat und wie bereits erwähnt mit einer angenehmen Spieldauer daher kommt und zu dritt sehr gut funktionierte.


    Zu viert stellten wir uns dann dem Council of Shadows. Wer hätte gedacht, dass alea einmal ein Weltraumspiel herausbringen wird? Der Clou besteht darin, 3x im Spiel einen Energiemarker einzuholen. Energie wird benötigt, um 3 Karten auszuspielen, mit denen der Spielzug programmiert wird. Es gilt also mehr Energie einzuholen, als man ausgibt, denn sonst holt man seinen Energiemarker quasi nie ein, wobei dieser maximal 100 erreichen kann. Klingt schräg? Ist es auch irgendwie, denn wir haben 2 Energieleisten. Eine davon ist unser Zielwert, der bei 20 startet und sich durch die 3 programmierten Karten erhöht. Auf der anderen wird festgehalten, was wir an Energie einholen.


    Auf dem Plan sehen wir mehrer Galaxien, die jeweils aus mehreren Planeten bestehen. Darauf platzieren wir je nach Stärke unserer programmierten Aktionskarten 1-3 Token. Je mehr Token ich platziere desto mehr Energie kostet mich die Aktion. Hat man am Ende seines Zuges Platz 1 oder 2 auf einer oder mehreren Galaxien, können dort Token entfernt werden, um Energie zu gewinnen. Allerdings werden auch Token benötigt, um mit einer anderen Aktion (primär Ressourcen, manchmal auch etwas Energie) ernten zu dürfen. Das führt zu einer sehr dynamischen Situation in den verschiedenen Galaxien.


    Ich frage mich allerdings, ob CoS ein Running-Leaderproblem begünstigt. Schafft man es, seinen Energiemarker einzuholen, darf man sich beim titelgebendem CoS eine relativ starke Vorteilskarte aussuchen! Alle anderen bekommen zwar eine Ressource, allerdings wiegt das den starken Effekt führender Spieler keineswegs auf.


    CoS ist ein interessantes Spiel, das mutmaßlich nicht jedem gefallen könnte, aber es hat mit den beiden Energieleisten einen neuen Kniff, den man ruhig einmal versuchen sollte. Unser strahlender Sieger schaffte es sogar mit der Endwertung ein viertes Mal seinen Energiezielwert einzuholen. Für ein abschließendes Urteil müsste ich es definitiv noch einmal spielen.


    Zu dritt ging es kooperativ mit Roll Camera weiter. Jeder startet mit einer typischen Rolle einer Filmcrew und so waren bei uns Star, Kamera und eine weitere Rolle mit am Start (sorry Ralph, ich kann nicht mehr wiedergeben, was deine Rolle war).


    Wir hatten die Aufgabe einen Film zu drehen, der aus 5 Szenenkarten entstehen sollte. Zur Verfügung standen uns dazu ein begrenztes Budget, ein zeitlicher Rahmen, eine handvoll Würfel, pro Rolle 3 Ideenkarten, ein zweiteiliges Drehbuch und 4 Szenenkarten, die uns von fleißigen Autoren angeboten wurden.


    Ist man am Zug, offenbart sich zunächst ein Problem und die haben es teilweise ganz schön in sich!


    Anschließend würfelt man und versucht nun Probleme zu lösen, ein Set aufzubauen um Szenen drehen zu können, Ideen umzusetzen und Spezialfähigkeiten zu nutzen. Dabei lebt das Spiel sehr von dem originellen Material! Die Ideenkarten sind grandios und die Probleme zuweilen fies und famos und davon können sich sogar bis zu drei anhäufen, was durchaus das Ende aller guten Filmvorsätze bedeuten kann. Allerdings gewinnen wir als Team, wenn unser Film absoluter Trash oder qualitativ hochwertig ist. Absolutes Mittelmaß verliert und geht im glamourösen Showbiz schnell unter.


    Doch um überhaupt einen Film abliefern zu können wollen zunächst die 5 Szenenkarten gedreht werden und das sah bei uns mitunter nicht danach aus! Mit gutem Teamwork und grandiosen Ideen ging es jedoch gut für uns aus. Mir hat es Spaß gemacht!


    Der Tag endete mit einem etwas arg langem Hyperborea zu fünft. Ich mag das Spiel echt gern, aber der Sweetspot liegt für

    mich bei 3-4. So zog sich das Spie nach dem Abendessen bis kurz nach Mitternacht und die letzte Stunde war ich arg müde und wollte nur noch schlafen. Extrem ungewöhnlich war, dass wir nur 2 Gebirge und einen Wald im Spiel hatten. Einen Sumpf gab es nicht und sonst hatten wir nur Standardgelände.


    [FR]

    Nach einer zweiten völlig miesen Nacht in einem viel zu hartem Bett konnte ich nach dem Frühstück Marrakesh spielen. Darauf freute ich mich sehr, zumal mein Exemplar noch in diesem Monat geliefert werden soll!


    Von allen Spielen hat es mir in BHH am besten gefallen! Blöd ist nur, dass meine Version leider keine Holztore enthalten wird, da man nur die normale Version kaufen konnte. Von den Deluxekomponenten haben mir sonst nur die Sortierboxen richtig gut gefallen. Bedruckte Token brauche ich nicht zwingend. Leider fand ich im Netz keine Holztore und auch sonst nichts zum aufpimpen. Was ist los auf Etsy & Co? Wacht auf ihr kreativen Köpfe und liefert mir etwas für Marrakesh! 😄


    Nach dem vielen Schlafdefizit kam ich bei der Erklärung leicht ins Schwitzen, kam aber dafür doch relativ gut in diesen taktischen Leckerbissen hinein. Ich denke, dass es hier eine steile Lernkurve geben dürfte und Marrakesh genug Varianz für viele Partien bietet. Ich will es schnellstmöglich nach Erhalt spielen!


    Nach dem Mittagessen ging es in Mind MGMT zur Sache! In diesem arg skurrilen und durch die Comicwelt von Matt Kindt geprägtem Spiel tritt ein Agent der Mind MGMT, also Mind Management, gegen ein Team aus abtrünnigen Agenten an. Wir spielten es zu viert, also mit 3 Abtrünnigen.


    Das Spielprinzip lässt sich durchaus gut mit Scottland Yard vergleichen. Unser Mind MGMT Agent versucht neue Rekruten zu akquirieren, während wir Abtrünnigen das verhindern wollen. Dazu müssen wir ihn auf dem Plan finden und fangen, bevor er alle neuen Agenten eingesammelt hat und bevor die vorgegebene Zeit abgelaufen ist.


    Das Spielfeld besteht aus einem Raster auf dem jeweils 2 Symbole aus der Welt von Matt Kindt zu sehen sind. Wenn ich mich recht entsinne gibt es 16 Symbole die jeweils 5x auf den Spielfeldern vorkommen. Der Agent markiert sein Startfeld um 1:00 Uhr und bewegt sich pro Stunde im Spiel um 1 Feld. Dies zeichnet er hinter deinem Sichtschirm ein. Wir starten bei 6 Uhr, d. h. der Agent hat sich im Geheimen um 5 Felder bewegt.


    Gut zu wissen ist, dass er in einer Partie auf jedem Feld des Rasters nur 1x sein darf. Weiterhin gibt es 3 Symbole, die zufällig gezogen werden, über die er neue Agenten rekrutiert. Zum Start bei 6:00 Uhr und danach alle 2 Stunden teilt der Agent mit, wie viele neue Agenten angeworben wurden.


    Es handelt sich hier also um ein sehr gelungenes Deduktionsspiel und so etwas gefällt mir durchaus gut!


    Mit unseren Abtrünnigen bewegen wir uns auf Felder des Rasters und dürfen eines von beiden Symbolen nutzen und fragen, ob dieses auf dem Weg des Agenten lag. Dieser muss wahrheitsgemäß antworten und legt einen Hinweismarker auf ein passendes Symbol, falls dieses auf seinem Weg oder aktuellen Position lag bzw. liegt.


    Daraus lassen sich nun Rückschlüsse ziehen und im Idealfall die Position des Agenten bestimmen. Allerdings muss nun auch noch ein Agent auf dieses Feld gezogen werden und eine Fangaktion durchgeführt werden. Uns ist dies bravourös gelungen! 😊

    Die Autoren haben enorm viel Energie in ihr Spiel gesteckt! Für jede Seite gibt es 6 Boxen

    für den Fall, dass man eine Anpassung vornehmen möchte, weil eine Seite zu häufig gewinnt. Man öffnet eine der Boxen, die möglicherweise neue Karten und vielleicht sogar neues Material enthält.


    Ich fand unsere Partie reizvoll und interessant, bin mir aber nicht ganz sicher, ob ich den ungewöhnlichen grafischen und skurrilen Stiel mag. Ich hatte zuvor keine Berührungspunkte mit den Comics, die wohl aber sehr zu empfehlen und darüber hinaus preisgekrönt sind.


    Aufgrund von massivem Schlafdefizit fühlte sich für mich die bisherige Zeit in BHH mehr nach Stress und Arbeit als nach Spaß und Freizeitvergnügen an. Am Freitag Abend überlegte ich lange, ob ich mir eine weitere miese Nacht antun soll oder nicht. Ich entschied mich für eine vorzeitige Abreise, um endlich wieder vernünftig ausschlafen zu können…


    Gleichwohl habe ich das gute und vertraute Miteinander wieder einmal sehr genossen.


    Da fällt mir noch eine Sache ein: Auf dem Rückweg wurde ich nach sehr vielen Jahren auf der Autobahn geblitzt. Das passte irgendwie in das Gesamtbild (Stau auf der Hinfahrt und miese Nächte) und als krönender Abschluss hinein. 😉