Beiträge von verv im Thema „12.09.-18.09.2022“

    Die unkowns-Community scheint zwar groß, aber hierfür findet sich oft niemand. Es kann ja wohl nicht am mangelnden Reiz des Neuen liegen - hier wird jede Woche mindestens ein neues Spiel vorgestellt, gelegentlich auch auf den Hype-Train gesetzt. Also liegt es vermutlich am unkomfortabel empfundenen Online-Spiel.

    Also bei mir liegt es vorrangig daran, dass ich solche Einladungen nie mitbekomme. Vielleicht würde da ein eigener Thread (" Dee und Smuntz laden zu Gebäck und Tee" oder sowas) helfen, mir zumindest :).

    Ich hatte das im entsprechenden Thread sogar gesehen und hätte in einer idealen Welt sehr gerne „Hier!“ geschrieen. Leider kann ich aufgrund von neuem Nachwuchs gerade schlecht konkrete Zusagen machen und bin außerdem wenn dann frühestens ab 21 Uhr verfügbar. Aber bitte hört nicht auf, solche Angebote zu posten. Vielleicht kann ich irgendwann mal zusagen, wenn‘s gerade passt!

    Meine Woche ist dieses Mal sehr einfach:


    #Carnegie (4x solo, 1x zu zweit)

    Als Geburtstagsgeschenk an mich selbst habe ich mir dieses Spiel gegönnt, weil es hier ja recht gut ankam und bei mir einige Boxen getickt hat: Experten-Spiel aber nicht zu heavy, Spielzeit im Rahmen, geht auch Solo und zu zweit gut, vernünftiger Preis und trotzdem Ian O'Toole. Meine Vorfreude war geweckt und so musste ich mich direkt einige Male solo an dem Spiel probieren. Das ist mir in der ersten Partie sehr gut gelungen, so dass ich direkt einen 144:121 Sieg gegen "Andrew" einfahren konnte. In der sofort danach folgenden Revanche-Partie bin ich dann 90:126 untergegangen. An den folgenden Abenden, mit etwas mehr Erfahrung mit dem Spiel, hat sich das mit der Swinginess etwas gegeben und ich mit 125:129 einmal knapp verloren und schließlich mit 137:123 einen Sieg eingefahren, den ich mir auch auf die Fahne schreiben würde. So, wie ich den Solo-Modus spiele – also mit dem normalen Kartendeck, an dem man den nächsten Zug von Andrew vorhersagen kann – fällt auf, dass die Punktzahlen bislang relativ konstant in den 120ern liegen. Auch wenn man denken könnte, dass das damit vielleicht doch ein verkapptes Spiel gegen einen Schellwert ist, funktioniert der Bot trotzdem gut als Gegenspieler: damit die Punktzahlen in diesem Bereich liegen muss man aufpassen, dem Bot nicht in die Hände zu spielen. Und natürlich belegt der Bot im Laufe des Spiels Netzwerkknoten und Spendenplätze – zwar nicht gezielt sondern zufällig, aber das erzeugt auch im Spiel alleine eine gewisse Dringlichkeit, wenn man auf einen Ort oder einen Spendentyp angewiesen ist.


    Um meine Begeisterung weiter zu tragen habe ich dann am Samstag einem Freund einen kurzen und sehr planvollen Besuch abgestattet: ich hatte abends ein 3-stündiges Zeitfenster um ihm das Spiel zu erklären und zu spielen – das war also Ankommen, Aufbauen, Erklären, Loslegen. Besagter Freund ist eher AP-anfällig und auch nicht in der Lage zu akzeptieren, dass man in einer Erstpartie vielleicht noch nicht ideal spielt. (Ich weiß ich weiß, aber ich spiele trotzdem ganz gerne mit ihm.) Dadurch lief diese Partie eines Spiels, das wir in Minimalbesetzung gespielt haben und das mit 90-120 Minuten angegeben ist, über gute 150 Minuten und wir mussten nach hinten raus doch noch ein wenig überziehen.

    Die 18 zufälligen Plättchen, mit denen man in einer Zweier-Partie Teile des Netzwerk und der Spenden abdeckt, sind ziemlich gnadenlos gefallen: der Westen war ausschließlich über Denver zu erreichen und New Orleans war in alle Richtungen zu außer über Atlanta. Ich bin daher nicht davon ausgegangen, dass wir beide unser Netzwerk vollständig verbunden bekommen, was uns aber letztendlich doch geglückt ist. Hätte mein Gegenspieler mir gegenüber aggressiver gespielt, dann hätte er mich auf jeden Fall aus dem Süden ausschließen können – in Atlanta war spät im Spiel nur noch das Infrastruktur-Projekt verfügbar und ich habe meine Intentionen (durch entsprechendes Entwickeln) leider deutlich kommunizieren müssen. Allerdings bin ich nicht sicher, ob solche ein Vereiteln nicht auch auf Kosten seines eigenen Netzwerk-Ausbaus gegangen wäre, also...

    Der richtige Matchwinner war am Ende, dass mein Mitspieler mir im letzten Drittel eine gute Aktion nicht schenken wollte und daher etwas für sich Suboptimales gewählt hat, was zwar für mich auch nicht gut war aber wodurch er keine Mitarbeiter mehr aussenden konnte und sich daher in der letzten Runde selbst vom Einkommen abgeschnitten hat. Das war bitteres Lehrgeld – wie gesagt: ein sehr ehrgeiziger Spieler – und hat mir einen Sieg mit 135:123 Punkten geschenkt. Dass es trotz dieses Schnitzers (und meiner etwas größeren Erfahrung mit dem Spiel) doch nicht unspannend war lag auch daran, dass ich über Spenden wenig reißen konnte. Den für mich idealen "3 Punkte pro Eisenbahn"-Platz hat mein Freund mir direkt am Anfang weggenommen. Und so konnte ich am Ende zwar mit 6 Ressourcen im Vorrat einmal volle 12 Punkte einheimsen, blieb ansonsten aber eher so mittelmäßig – z.B. 8 Punkte für meine vier Projekte im Westen. Mein Gegenüber war die Partie über chronisch pleite, weshalb er die Abteilung, mit der die Spenden in 3$-Schritten (statt in 5$-Schritten) teurer werden, lange nicht bemannen konnte und weshalb er auch am Ende eine Spende weniger eingesetzt bekam. Dafür gab's bei ihm große Passung und er hat glaube ich 3 mal die vollen 12 Punkte ergattert.

    Der Tanz um das Wegschicken und Heimholen der Mitarbeiter, das Verteilen in den eigenen Abteilungen und die Vorausschau, die man beim Einkommen haben muss, sind in diesem Spiel einfach ein hervorragender Entscheidungsraum! Das macht ganz viel Spaß und hat auch zu einer Nachricht meines Freundes am nächsten Tag geführt, dass er das Spiel in Retrospektive richtig gut fand. Toll an meiner ersten Partie zu zweit fand ich außerdem, wie wir uns verschieden spezialisiert haben: während ich wenige Abteilungen gebaut habe und wenn dann welche, die die Aktionen speerspitzenhaft aufwerten (z.B. Mitarbeiter wegschicken für +7 Forschung oder Mitarbeiter wegschicken für 8 Bewegungen) hat mein Freund mehr gebaut und am Ende 12 Mitarbeiter in den Abteilungen stehen gehabt (die passende Spende dazu hatte er auch getätigt). Das ist so natürlich schon noch mal sehr viel dynamischer als im Solo-Spiel. Was für mich in dieser Partie auch deutlich reichhaltiger war, war das Timen der Einkommen: in der Spielmitte haben wir beide relativ viele Mitarbeiter im Midwest stehen gehabt, um den +3 Forschungsbonus auslösen zu können, am Ende wiederum habe ich all meine Männchen nach Möglichkeit in den Westen gepackt, wo ich im Einkommen 2 Siegpunkte pro Mitarbeiter erhalten habe – das waren insgesamt sicher auch noch mal 12 Punkte alleine dadurch. Das muss natürlich auch mit der zufälligen Verteilung der Ereignisse hinhauen, weshalb man mit entsprechender Erfahrung schon zu Beginn einer Partie abschätzen kann, wann welche Region eine Rolle spielt. Sehr sehr spannend.

    Was ich am Spiel zu zweit (da sicher einfacher und in reinerer Form, aber bestimmt trifft das auch auf das Spiel zu dritt oder viert zu) zudem interessant fand war, dass durch die Spielerreihenfolge ganz interessante taktische Manöver möglich werden. Ähnlich wie bei #Brass – wo man einerseits ja immer zwei Aktionen pro Zug hat, andererseits aber mit einem sparsamen Zug auch direkt wieder die neue Runde eröffnen kann – kommt es hier oft darauf an, wann ich eine Absicht offenbare oder wie ich mich für meine kommende Aktionsauswahl aufstelle. Es gab einen Moment im letzten Drittel des Spiels, in dem mein Gegenspieler die Personal-Aktion gewählt hat: da er sich zuerst verteilen musste, konnte ich das in aller Ruhe abwarten und meine Männchen dann gleich so verteilen, dass ich die Lücke nutze, die er in seiner Arbeiterplatzierung gelassen hat. Da ich sowohl die nächste Aktionswahl hatte als auch bei der Verteilung der Arbeiter hinten in der Runde saß, hatte ich da klar den Vorteil. Umgekehrt wollte ich wenige später mit dem erwähnten Atlanta-Engpass eigentlich, dass mein Gegenspieler die Forschungs-Aktion wählt. Auch dann hätte ich meine Infrastruktur-Leiste entwickeln können, um das nötige Projektscheibchen zu Verfügung zu haben, um dann aber selbst die Konstruktions-Aktion, so dass ich dieses Plättchen auch als erstes einsetzen darf, bevor er mir den Weg verbaut. Ein herrliches Mindgame!


    Alles in Allem gefällt mir das Spiel richtig richtig gut. Ich befürchte, dass es einen Tick zu analytisch ist, um von einigen meiner üblichen Mitspieler wirklich gerne gespielt zu werden (bei denen das auch nicht viel weniger komplexe #ArcheNova z.B. total eingeschlagen hat). Aber das ist neben Brass und (wenn man's noch unverzeihlicher mag) auch #Pipeline ein hervorragender weiterer Pfeil in meinem Köcher. Me likey!

    Forgotten Circles steht bei mir noch ungespielt im Regal, aber es gab ja auch im Grundspiel eine Mission, in der man – wenn ich mich recht erinnere – ...

    Da hatte man ja auch Gegner, die für statt gegen einen gekämpft haben. Und das ist bei mir leider als eine der erfolglosesten Missionen in Erinnerung geblieben. Ich hatte damals weite Teile meiner Spielefreunde schon von Gloomhaven überzeugt, nur ein Freund war noch dran. Da dachte ich: dieses Szenario, Abschluss einer Storyline, wird bestimmt episch und das ideale Erlebnis, um den Freund auch zu hooken. Leider war das dann eine fürchterliche Upkeep-Orgie, hat sich ewig gezogen und der Freund war froh, irgendwann nach Hause gehen zu dürfen. :crying:

    Das ist sicherlich was anderes, wenn man in einer erfahrenen Gruppe spielt und sich – wie du schreibst – den Upkeep teilt. Und das Szenario, von dem ich rede, kam ja auch relativ früh in der Kampagne, wo ich mit Monster Movement (gerade bei so vielen) bestimmt noch manchmal überlegen musste. Aber freut mich zu hören, dass das in Forgotten Circles nochmal vorkommt und da so gut klappt.