Beiträge von brettundpad im Thema „Tag der Brettspielkritik · 17.–19. Juni 2022“

    Das ist ja eine andere Diskussion. Der Punkt oder die Idee ist ja eine Professionalisierung des Journalismus, um eben Brettspiele außerhalb der Blase bekannter zu machen. Das hat ravn aus der Rede zitiert. Diesen Ansatz teile ich ebenso nicht. Ich bin definitiv für neue Sachen offen und eine höhere Wertschätzung der Brettspiele, die ganze Kulturgutdebatte, da bin ich absolut dabei. Das aber der Journalismus nun durch besser erzählte Geschichten, Reportagen & Co dafür sorgt, das Herr und Frau Mustermann sich Arche Nova ins Regal stellen (um es auf die Spitze zu treiben), sorry, aber da fehlt mir die Fantasie. Und das liegt z.T. auch an der Szene selbst (was sie selbst konsumieren) und den vielen verschiedenen Eindrücken von Menschen, die für mich immer noch die Mehrheit darstellen und Brettspiele irgendwo zwischen Monopoly, Karstadt und Obstgarten aka KITA einordnen. Das heißt nicht, dass man neue Wege nicht mutig bestreiten soll und das besserer Journalismus (was ist da besser um Massen anzusprechen?) nicht auch dazu führen kann, dass mehr Menschen auf Brettspiele aufmerksam werden. Ich denke aber, es ist eher eine langsame Geschichte und wächst sich in die Gesellschaft ein.


    Zu den Videospielen Machiavelli101 Also mein Beispiel bezog sich aus dem Jahre 2019, wo das erste Mal der Tag der Brettspielkritik statt fand. Dort wurde definitiv nur über das Budget von Call of Duty gesprochen. Die Zahl geisterte damals durch die Medien und es waren meine ich 300 Millionen. Kann mich aber auch irren. Die gewaltigen Unterschiede werden aber so oder so deutlich. Weitere Zahl, ich glaube Umsatz Call of Duty war 3 Milliarden. Eine einzige Videospielmarke.

    Nun möchte ich auf das Beispiel Computerspiele eingehen. Dort ist es doch auch möglich, mehrere Zeitschriften auf den Markt zu bringen, die zwischen 5-10 Euro kosten.

    Der Zeitschriftenmarkt ist tot bei den Computerspielen. Die Hochzeit waren da die 90er und 2000er. Das hat sich das alles ins Internet verlagert.

    Wobei der größte Markt, die Handyspiele mit Pay to Win in keinem Medium wirklich berücksichtigt wird.

    Und der Markt ist bei der Jugend viel größer. Die klassischen Videospiele sind z.T. gar nicht mehr so "in". Wurde doch gestern gerade von Activision-Blizzard veröffentlicht. Deren Smartphonebereich hat mehr Geld eingenommen als Konsole +(!) PC-Markt. Und wir reden hier von einem der Publisher überhaupt.

    Machiavelli101 Mag sein, trotzdem wirst du mit deinen Fachmagazinen über franco-belgische Comics und der dortigen Szene, selbst mit den besten Reportagen, Portraits und wunderbar geschriebenen Artikel keinen außerhalb der Szene hervorlocken. Zudem haben in dem lokalen Bereich genau diese Comics einen viel höheren Stellenwert. Die Personalausweise z.B. sind dort mit den Comicfiguren geschmückt. Es ist eine wirkliche kulturelle Sache, die dort wirklich gefeiert wird. Das hat dann eben ein anderes Standing als das Brettspiel in Deutschland, welches immer noch im Bereich Monopoly verortet wird.


    Auch hier hat man interessante Einblicke am Tag der Brettspielkritik, wenn man erfährt, dass in großen Tageszeitungen Brettspielartikel im Bereich Denksport untergebracht werden sollen. Es ist interessant zu sehen, wie Verlage bzw. Menschen in dortigen Führungspositionen bei Zeitungen Brettspielen einordnen und welches Standing das hat und manch Journalist:in für ihre Brettspielartikel kämpfen muss - bei Videospielen, das modern und aktuell wirkt, übrigens nicht. Also nein, Brettspiele werden sicher nicht kleiner gemacht, sie sind in der breiten Gesellschaft einfach klein. Mein Eindruck ist eher, das die Szene sie viel größer machen will und das fast krampfhaft wird. Was kulturell außerhalb der Szene, anders als dein Beispiel Comic, keine Beachtung findet bzw. anders eingeordnet wird, kämpft halt gegen Windmühlen.


    Aus meiner Sicht ist das ein langer Prozess, bei dem eine Professionalisierung stattfinden muss. Am Ende gelingt ein höheres Standing aber eher über Generationen, so wie eben bei den Videospielen. Dort waren laut der Gesellschaft in den 80/90 nämlich nur ungewaschene Kellerkinder am Start. Das ist heute anders, aber ganz sicher nicht, weil Journalist:innen so tolle Texte geschrieben haben. Das heißt nicht, dass da nicht mehr gehen könnte, ich bezweifle nur die angesprochenen Hoffnungen.


    Und dann muss sich die Szene selber an die Nase packen. Denn wenn jeder der ein Blog hat sagt, dass seine Rezension zu Spiel X oder eine Top-Liste ein zigfaches an Klicks hat als sein Portrait über Autor X, welches aber ein hundertfaches an Aufwand bedeutet, ja was ist dann das Problem? Wer klickt am Ende auf Artikel, die die Herstellung von Brettspielen vorstellen? Reportagen über Verlage? Ich fand die Idee witzig den Tag eines Erklärbärs oder Erklärbärin zu begleiten. Das wäre viel Arbeit, ich hätte sicher Spaß dran. Ich will aber auch nichts damit verdienen, denn dann wäre das komplett an der Wirtschaftlichkeit vorbei. Ein geringer Teil der Szene interessiert sich für solche Artikel. Die meisten Leser:innen und auch Suchmaschinen sind ganz anders programmiert. Und wer sich den breiten Videospieljournalismus anschaut, der findet Clickbait, überall gleiche News und Reviews, Reviews über Reviews. Die hochgelobtes Magazine die das etwas anders machen, kann man an einer Hand abzählen und sich vorher ein paar Finger abschneiden.


    ravn Das habe ich mir schon gedacht. Nur ist diese eine Eröffnungsrede eher ein kontroverser Wachrüttler gewesen, der ja zur Diskussion anregen soll und nicht eine Zusammenfassung der Veranstaltung.

    Und diese Zeitschriften haben auch alle hart zu kämpfen! Und selbst online ist es nicht einfach, siehe 4Players. Die Nische ist halt nur eben keine mehr und genau darum funktioniert das.


    Kitesurfen z.B. gibt es nur ganz ganz wenige Zeitschriften und die sind verseucht von Werbung und "gekauften" Artikeln. Kosten trotzdem derbe viel.


    Ohne Masse in einem Hobby geht da halt oft nicht viel. Ich kenne die genauen Zahlen und Faktoren leider nicht mehr und es wurde glaube ich beim ersten Tag der Brettspielkritik angesprochen, aber das Videospiel Call of Duty hat mehr Marketingkosten als der Brettspielbereich Umsatz. Ein Spiel! Nur Marketing. Würde ich mit gleichen Klickzahlen im Bereich Fashion "arbeiten" dann könnte ich davon leben. Bei all den tollen Vergleichen, darf man eben nicht vergessen, wie klein Brettspiele immer noch sind (Umsatz, Gewinn, Standing in der Gesellschaft).


    Beach-Handballerinnen verdienen eben weniger als ein Fußballer in der Premier League.

    Neben der Spielbox (und der Schwester-Zeitschrift Spiel doch) gibt es die Fairplay und die Spielerei.


    Danke. Kannst du davon ein Magazin empfehlen?


    Hier sieht man aber den nächsten Punkt. Diese Magazine findet man nur, wenn man sie kennt oder wenn sie benannt werden. Ich würde da z.B. auch gerne mal reinlesen. Im Kiosk nimmt man die Zeitschrift in die Hand und schaut mal rein. Hier muss ich erst mal schauen, ob ich eine Möglichkeit finde. Was ich nämlich nicht gebrauchen kann ist der übliche Lobgesang in den Kritiken.

    Es geht ja nicht nur um Brettspiel-Magazine die ravn jetzt hier anführt, sondern z.B. auch um Sparten im Spiegel, anderen Tageszeitungen ect. pp.


    Dort sind nicht nur Journalist:innen von Brettspielmagazinen. Es ist eine ganz bunte und interessante Mischung. Und da geht es eben auch um Sichtbarkeit, Ansprwache & Co.

    ravn Verstehe deinen Punkt und habe mit manchen Dingen da auch ein Problem. Grundsätzlich geht das Thema der Tage aber in eine andere Richtung. Es geht um Austausch, es geht darum sich selbst zu reflektieren, neue Dinge zu wagen und selber besser zu werden. Von Hobby bis hin zu bezahlten Content. Es wird da nicht unterschieden und das ist auch das interessante an den Tagen. Wir sitzen da alle zusammen, so unterschiedliche Bereiche, Menschen, Arten mit Brettspielen umzugehen. Alle die dort sitzen haben als Ziel besser zu werden, das Hobby zu präsentieren und mehr Menschen zu begeistern. Es geht auch darum zu schauen, was andere Bereiche anders machen, warum das so ist, was besser oder anders in der Brettspielszene gemacht werden kann.


    Ansonsten ist der oben verlinkte Artikel eben auch Meinung. Ich war bei beiden Veranstaltungen der letzten Jahre vor Ort und finde die Idee dahinter und den Input grandios! Trotzdem teile ich deine angesprochenen Probleme in mancher Hinsicht. Grundsätzlich ist mir deine Kritik aber am Thema und dessen was vor Ort wirklich passiert, zu scharf und auch am Thema vorbei.


    Auch ist dein Fokus, wie leider ein großer Teil der Medienschaffenden, zu sehr auf Brettspielrezensionen gelegt. Es ging beim Tag der Brettspielkritik eben auch darum zu überlegen, was die Szene zusätzlich anbieten kann.