Beiträge von Archibald Tuttle im Thema „Veränderung der Spieleszene oder sind die Spiele einfach nicht "gut" genug“

    Würdest du mich fragen, welchen Deckbuilder wir spielen wollen, würde ich auf keinen Fall Dominion wählen - es gibt eben viel andere bessere Deckbuilder für jeden Gelegenheit und jeden Geschmack. Ist deswegen Dominion ein schlechtes Spiel? Auf keinen Fall! Als es rauskam haben wir es rauf und runter gespielt und konnten nicht genug davon bekommen, aber mittlerweile gibt es eben doch bessere Spiele.

    Den Gedankengang kann ich nachvollziehen (ich finde z.B. Thunderstone Quest von allen drei Thunderstone-Spielen mit Abstand das beste Spiel, weil es ganz viele Probleme des "Originals" beseitigt). Wenn man bei einem bestimmten Mechanismus bleibt, kann ich mir gut vorstellen, dass spätere Formen besser entwickelt sind als frühere (auch wenn ich Dir jetzt gerade bei Dominion nicht zustimme, da finde ich nach wie vor, dass keine Adaption die Varianz und Breite an Submechanismen aufweist, die Dominion mit allen Erweiterungen jetzt vorzeigen kann - je nach Kartenauswahl sind "Dominion A, bestehend aus Basisset und Intrige" und "Dominion B, mit Karten aus den Gilden, Nocturne und Menagerie" für mich fast nicht mehr miteinander zu vergleichen, so unterschiedlich komplex und spielerisch anders ist das). Mir ging es da eher um das große Ganze: Auktionsspiele wie Knizias Auktionstrilogie sind quasi perfekt, da ist in den 20 Jahren danach nicht mehr viel Besseres nachgekommen. An dem Mechanismus muss auch nichts mehr verbessert werden. Für mich sind Ra, Modern Art und Medici Spiele, die ich sofort auf den Tisch bringen würde, gegen jede moderne Konkurrenz, weil ich sie in ihrem Feld für drei der besten Spiele aller Zeiten halte. Gleiches gilt für Arkham Horror: Zugegeben ist die zweite Version eine Verbesserung gegenüber der ersten, aber soviel hat sich da am Ende auch nicht getan (ich breite den Mantel des Schweigens über die dritte), und trotzdem ist das ein Themenmonster, an das für mich kein anderes Spiel an Immersion herankommt. Ich bin extrem großer Fan von Storytellingspielen, und obwohl ich da quasi alles kaufe, was auf den Markt kommt, ist nie etwas besseres erschienen als "Tales of the Arabian Nights". Und selbst im Familienspielbereich gibt es für mich solche Klassiker, die ich nie hergeben würde und die sofort auf den Tisch kommen wenn jemand bereit ist mitzuspielen, z.B. Finca.


    Tl,dr: Ja, es gibt Verbesserungen an einzelnen Mechanismen und bei Spielen von Version zu Version. Das lässt m.E. aber keine Aussage darüber zu, dass Spiele heute insgesamt besser wären als vor 20 oder 30 Jahren. Es gibt allerdings, das gebe ich gerne zu, mehr gute Spiele heutzutage als das früher der Fall war, aber das macht die alten Spiele imho nicht schlechter.

    Also auch wenn ich hier definitiv nicht der älteste Spieler bin (mit Unterbrechungen fröne ich jetzt etwas über 30 Jahre diesem Hobby), würde ich trotzdem nicht behaupten, dass Spiele "besser" werden. Allenfalls gibt es mehr Neuheiten und damit auch mehr gute neue Spiele. Da ist aber auch schlicht viel Mode und Zeitgeschmack dabei. Spiele aus den 1990ern sind nicht automatisch schlechter weil sie alt sind, sie entsprechen nur nicht unbedingt dem aktuellen Zeitgeist. Handeln und Absprachen der Spieler*innen untereinander etwa sind ein Mechanismus, der in den letzten Jahren kaum noch vorkommt, während die gute alte Auktion sowas wie fröhliche Urständ zu feiern scheint. Es gibt mehr komplexe Kracher als vor 20, 30 Jahren, aber es gibt halt schlicht von allem mehr als früher.

    Ich hab jetzt über die Jahre beides hinter mich gebracht: Erst eine Runde, die wirklich nur Der eiserne Thron spielen wollte, und wann immer etwas anderes auf den Tisch kam, wurde mit Der Eiserne Thron verglichen, oder es hieß: Das ist so gar nicht unseres, denn das ist nicht Der eiserne Thron. Bei dem Spieletreff wo ich regelmäßig war lief das Gleiche mit Scythe und TFM. Zuletzt hatte ich hingegen eine Runde, wo kein Spiel mehr als zweimal auf den Tisch kam, das war dann auch wieder extrem anstrengend (so gerne lerne ich Regeln dann nämlich auch wieder nicht). Insoweit ja, hier stapeln sich Spiele aus 2019/2020, die ich unbedingt wieder auf den Tisch bringen und ausloten will, darunter Hallertau, Bonfire, Rocketman, Gugong, aber auch (zu) lange nicht gespielte Klassiker wie Snowdonia oder die frühen Felds (Notre Dame, Im Jahr des Drachen etc.). Daher habe ich mir aktuell tatsächlich einen Kaufstopp auferlegt (der ab und zu sanft unterlaufen wird) und werde mir dieses Jahr zur Spiel maximal 1-2 Neuheiten zulegen, es ist einfach noch genug da, was ich bisher nicht ausloten konnte.