Beiträge von AndreasB78 im Thema „15.02.-21.02.2021“

    #Tungaru

    Da das Spiel ja einige an Wirbel verursacht hat, schreibe ich mal meinen Eindruck aus der geballten Erfahrung von einer Partie mit 2 Spielern nieder. Ist einfach mal meine Einschätzung, bitte mit der gebotenen Vorsicht genießen :)


    Also es wurde ja davon berichtet, dass es eine Situation geben könnte, bei der kein Spieler mehr Nomaden anwerben möchte, weil er effizienter sein kann, wenn er einfach Nomaden nutzt, die Rohstoffe in Punkte umwandeln. Ich habe diese Situation versucht zu provozieren, indem ich mir die beiden Nomaden geschnappt habe, die eine Kokosnuss und eine Perle generieren und die beiden, die diese jeweils in 10 Punkte umwandeln. Wobei bei der Perle ein beliebiger Würfel reicht, bei der Kokosnuss muss der Würfel eine 4-6 haben. Man schafft das also oft, aber nicht immer. Sagen wir mal im Schnitt 18 Punkte pro Runde oder so. Dann hat man noch einen Würfel "frei" und kann so über die Runden hinweg vielleicht noch mal im Schnitt je 4 oder 5 Punkte schaffen. Da diese "Engine" ja zumindest zwei Runden aufgebaut werden muss, kann sie noch nicht sofort loslegen. In diesem Moment habe ich kurz daran gedacht, dem Gegner anzubieten, dass er kapitulieren darf ;) Aber ich habe dann mal genauer hingesehen. Ich bin der Meinung, dass mit dem Anweben von Nomaden, die ja oftmals punktmäßig noch miteinander verkettet sind und sich gegenseitig hochpushen, unterm Strich noch mehr Punkte zu holen sind. Ich habe dann auch schnell gemerkt, dass ich in sehr vielen Fällen mit einem Würfel einfach mehr Punkte generieren kann als "nur" 10.
    Dann kommt ein zweiter Faktor hinzu: Indem ich mich nur auf diese 4 Nomaden beschränke kann man Gegner fast alle anderen Nomaden abgrasen und munter Monumente setzen. Ich würde sagen, wenn man das so durchzieht, dann potenzieren sich die Siegpunkte des Nomadenspielers dermaßen, dass es eine ziemlich Klatsche für den "Punktetauscher" gibt.
    Nun aber zum Ausgangspunkt: Gab es eine Situation, bei der es für _beide_ Spieler effizient sein könnte, aufzuhören, Nomaden anzuwerben? Aus meiner Sicht ein klares "nein". Es gibt ja zwei Betrachtungen. Die eine ist, kann ich mit den Anwerben der Nomadenplättchen mehr Punkte schaffen als mit der Tauscherei am Ende? Ich denke ja, es könnte solche Kombinationen geben. Dann kommt aber die andere Seite: Was kann denn der Gegner machen. Es gibt doch nur eine Möglichkeit, bei der das Verhalten des Gegners _auch_ keine Nomaden mehr anzuwerben Effizient wäre. Nämlich genau dann, wenn er exakt die gleiche Punktzahl vorhersagbar an Siegpunkten generieren kann. Kann er mehr generieren, hat der "Puntkesammler" ein Interesse, das Spiel zu beenden, kann er weniger generieren, hat er selbst ein Interesse das Spiel zu beenden. Es gibt allerdings meiner (flüchtigen) Einschätzung nach keine Kombination, die wirklich exakt gleichwertig ist (die Kokosnuss zum Beispiel generiert ja ebenso wie die Perle 10 Punkte, hat aber eine Einschränkung, nämlich, dass nur Würfelaugen von 4-6 gehen - der Spieler mit der Kokosnuss wird also langfristig immer weiter zurückfallen). Also ich sage es mal so:
    Ich kann mir Willen nicht vorstellen, dass es eine Konstellation geben kann, bei der _beide_ Spieler kein Interesse haben, das Spiel zu beenden.

    Also dass das Spiel "broken" ist, da gehe ich nicht mit. Aus meiner Sicht funktioniert es und es gibt keine Konstellation bei der sich das Spiel vorhersagbar "aufhängt". Allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass man da als Spieler mal in diese Falle reintappen könnte, nämlich dann, wenn man obigen Überlegungen nicht macht. Das finde ich per se aber nicht so dramatisch.

    Wie sieht es denn nun mit dem Spielspaß aus?
    1.) Ganz grundsätzlich hat mir das Spielerlebnis erstmal schon Spaß gemacht, aber das lag auch am Mitspieler, denn
    2.) mir missfällt, dass ein (oder mehrere) Spieler, der eben auf die (eher ineffiziente) Punktesammlung geht und das Nomadenanwerben einstellt
    das Spiel total in die Länge ziehen kann. Aus dem gleichen Grund mag ich auch Terrafomrming Mars nicht. Wenn man da mit 3 Leuten am Tisch sitzt, die nichts für den Spielfortschritt tun, dann zieht sich das über Stunden. Mag auch uneffizient sein, macht aber das Spielerlebnis kaputt. Diese Gefahr sehe ich
    bei Tungaru auch. Besser gelöst ist das bei Scythe oder Lewis & Clark. Da können die anderen machen was sie wollen, ich bestimme, wie schnell das Spiel zu Ende ist.
    3.) Die Monumente sind wenig spannend. Ich würde sagen, erst muss man die wegräumen, die Nomandenplatz geben, dann das mit dem Lagerplatz uns zuletzt die Leiste nach unten abarbeiten. Hier kann ich mich natürlich irren, aber ich sehe nicht, wie eine andere Reihenfolge da besser sein sollte.
    4.) Die Charaktäre sind auch nur mäßig spannend. Man hat halt jeweils individuelle Würfeleinsetzfelder, eine Sofortaktion, die sich (im Gegensatz zu Marco Polo beispielsweise) auch nur so mäßig spannend anfühlt und eine besondere Eigenschaft. Naja, nicht schlecht aber auch nicht super spannend.
    5.) Manchmal kommt es schon zu Situationen, bei denen man dem Gegner etwas wegschnappen möchte, aber im Wesentlichen ist immer genug Platz und man baut halt so vor sich hin. Das ist eher wenig spannend.

    Fazit (falls hier noch jemand mitliest) basierend auf einem Spiel mit 2 Spielern:
    Das Spiel ist meiner Meinung nach nicht schlecht aber auch nicht besonders gut. Ich kann nicht ausschließen, dass es bei mehr Spielern ein anderes, beseres Spielerlebnis gibt, aber zu zweit habe ich viel mehr und bessere Spiele. Das Spiel wird mich also wieder verlassen. Aber eine kleine Lanze muss ich für das Spiel mal brechen, denn obwohl ich es versucht habe, ich es mir nicht gelungen, die kritisierten Punkte nachzustellen. Also ich gehe mal davon aus, dass es doch ganz gut funktioniert. Ich persönlich habe hier den Eindruck, dass da vielleicht etwas Potenzial verschenkt worden ist, weil es über einige interessante Ansätze leider nicht hinaus kommt.


    Just my 2 (oder mehr) Cents,
    Andreas.