Nach der ganzen Aufregung um die Kreuzfahrt, hab ich mir mal das Video von Hunter und Cron angesehen. Ich kann echt nur noch den Kopf schütteln. Alles was den beiden gegenüber kritisiert wird, wurde in dem Video doch thematisiert. Das es eigentlich keine richtige Kreuzfahrt ist, sondern nur den Charakter haben soll und tatsächlich auf einer Fähre stattfindet, die eh fährt ("umweltfreundliche Kreuzfahrt" hat es Cron genannt). Dass die beiden (lediglich) Werbepartner sind und halt eine Provision dafür erhalten, dass unklar ist wie der Seegang das Spielen beeinträchtigt, dass die Preise nicht günstig sind, dass man wegen der ungewissen Corona-Situation stornieren kann, all das wurde zumindest kurz angerissen. Die beiden haben sich also augenscheinlich mit der Sache auseinander gesetzt. Wenn man für sich entscheidet, dass das wegen verschiedener Faktoren nicht für einen passt, dann ist das so, aber hier nach irgendwelchen Schmutz zu suchen, den man nach den beiden werfen kann, ist echt daneben.
Alleine dieser Blödsinn, dass man irgendwo nach zusätzlicher Umweltverschmutzung sucht, die dabei entstehen könnte (Anfahrt, zusätzlicher Müll bei Aufenthalt auf dem Schiff ...). Hier wird versucht ein Schiff, welches sowieso fahren muss und dadurch ein Großteil an umweltschädlichen Stoffen sowieso produziert, mit einem Event besser auszulasten. Das ist auf jeden Fall eine sinnvolle Überlegung.
An Hunter und Cron stört mich, ebenso wie bei vielen anderen in der Community, viel mehr dieser Hype irgendwelcher Spiele, der unkritische Umgang damit, dass man mit Neuerscheinungen überflutet wird. Wenn die Spiel in Essen ist, dann jubeln alle und der fette Loot wird stolz präsentiert. Das der Großteil der Spiele nur wenig gespielt wird, ist völlig egal. Der Hype um irgendwelche Spiele, welche es so ähnlich schon mehrfach auf dem Markt gibt, auch das ist völlig egal, Hauptsache man kann den heißen Scheiß präsentieren. Diese Sachen halte ich ökologisch für viel problematischer. Eine Messe, welche hunderttausende Besucher (und Verlage) aus der ganzen Welt primär zum Kaufen anlockt, verbunden mit Hypes um irgendwelche Spiele, entfacht von der Community. In dem Zusammenhang liest man nur selten kritische Anmerkungen zu ökologischen Auswirkungen. Besucher und Verlage, die aus aller Welt angeflogen kommen, das ist doch super (was ich vom Erlebnis her auch nachvollziehen kann). Hunderte neue Spiele, viele lediglich neue Variationen bereits zigfach verwendeter Mechaniken, werden trotz das sie total überflüssig sind verkauft. Hauptsache immer mehr. Diese Spiele werden dann in der Folge logischerweise oftmals nur wenig oder sogar gar nicht gespielt. In der Community rechtfertigt man Neukäufe inzwischen gerne damit, dass man diese Spiele dann ja eben einfach weiter verkauft (ist auch bei Kickstarter ein beliebtes Argument). Das man dadurch die Nachfrage künstlich anheizt und so unnütze Güter produziert werden, scheint für die meisten unbedenklich zu sein. Wenn man sich den nächsten Karton in das Regal stellen kann, dann rechtfertigt das halt einiges und durch den Weiterverkauf unnützer Dinge kann man sein Gewissen auch gut reinwaschen.
Statt permanent zu kaufen, wäre es ökologisch sinnvoller die Sachen die man hat auch mal ordentlich zu nutzen (dafür reicht es nicht ein Spiel 1 bis 2mal im Jahr zu spielen). Und das ist jetzt der eigentliche Gag an der Sache. Da hat sich jemand Gedanken gemacht und überlegt, wie er sowieso eingesetzte Ressourcen sinnvoll auslasten kann und spricht mit bekannten Gesichtern (Hunter und Cron) der Branche, um die Reichweite zu vergrößern. Events wie die "Kreuzfahrt" sind das was unser Hobby viel mehr leben lässt als eine Einkaufsmesse oder das blanke Vorstellen neuer Spiele. Schließlich werden da tatsächlich Spiele gespielt. Man muss sich auch nichts vormachen, solche Events gehören wahrscheinlich zu den wenigen Möglichkeiten für Leute wie Hunter und Cron tatsächlich mal Geld mit der Sache zu verdienen (daher auch die Berlin Con). Im Endeffekt hätte man hier vielleicht eine Win-Win-Win-Situation. Stattdessen sucht man lieber nach ökologischen Problemstellen, welche eh immer mitspielen, und drischt auf die beiden ein. Das man an anderen Stellen viel besser ansetzen könnte, wird völlig außer Acht gelassen. Das was da über Hunter und Cron herein gebrochen ist unverhältnismäßig, unangebracht und vor allem unangemessen. Ich stehe den beiden wahrlich nicht unkritisch gegenüber, aber gerade in dem Schaffen von Events bewirken sie im Gegensatz zu den Werbevideos tatsächlich einen Mehrwert für die Community. Diese ist nun so blind und haut denen erst mal eine kräftig in das Gesicht, statt irgendeinen Mehrwert an der Sache zu erkennen. Ob diese Schifffahrt zu dieser Zeit und dieser Route wirklich gut für ein Brettspielevent geeignet ist, sei mal dahin gestellt, mit dem Shitstorm ist es aber durchaus möglich, dass die beiden sich weitere Aktionen in dieser Art (egal wie ökologisch unbedenklich die dann auch sein mögen) verkneifen. Vielleicht gehen sie irgendwann auch kaputt daran und das Projekt Hunter und Cron stirbt.
In der Brettspielcommunity hat man lange Zeit immer so getan, dass sich alle lieb haben. Inzwischen zeigt sich, dass hier doch mehr Empathielosigkeit und Narzissmus herrscht als man glauben wollte. Aber wenn die nächste Spieleschachtel in die Kamera gehalten wird, ist alles wieder vergessen und wir jubeln alle über das nächste Spiel, welches wir unbedingt alle brauchen.