Beiträge von Hobgoblin im Thema „Die Jäger des verpassten Schnäppchens und wieso ich auch mit 20% auf Alles keine 80% Verständnis aufbringen kann“

    Denn im FreiSpiel z. B. können die Menschen sich beraten lassen, Spiele ausprobieren, einen Kaffee trinken oder an gelegentlichen Workshops und Autoren-Treffen sowie (Magic/Yu-Gi-Oh)-Events teilnehmen. Und das Team berichtet auf Social Media transparent darüber, was ihnen gefiel und was nicht. Angesichts der großen Auswahl haben sie dort kein Problem damit, offen zu sagen, wenn Spiele nicht halten, was sie versprechen.

    Und DAS klingt nach einem absoluten Traumladen, für den hier bestimmt fast jeder ein paar Euro drauflegen würde.

    Ist aber eben leider nicht immer so. Nicht mal in jeder größeren Stadt, geschweige denn auf dem Land.

    Warum willst Du meinen Arbeitsplatz ( und den von diversen anderen engagierten Brettspielverkäufern und Buchhändlern) vernichten ?

    Ok, wow, jetzt wirds etwas pathetisch. Ich dachte wir wären über Schuldzuweisungen hinaus.
    Ganz sicher will niemand deinen Arbeitsplatz vernichten. Das ist eine Entwicklung, so wie du, das unterstelle ich einfach mal, mit deinem Verhalten ebenso Arbeitsplätze 'vernichtest'. Dafür werden auch neue geschaffen, das hat Mafti schön ausgeführt. Ein Traum von mir ist es, ein Brettspielcafe zu eröffnen, das wird aber immer auch nur ein Traum bleiben. Mein Traum war es auch, Philosophie zu studieren und nicht Jura, wenn du verstehst, was ich meine.
    Um versöhnliche Töne anzuschlagen, ich bin mir sicher, NIEMAND hier will, dass Brettspielgeschäfte verschwinden. Wir sind ja gerade dabei, Lösungen zu eruieren, die für alle Seiten vorteilhaft sind.

    gibt es wohl keinen Laden, der einem keinen entsprechendem Stammkundenrabatt einräumt. Dabei gilt die Devise: Wer nicht fragt...

    ich würde niemals handeln. NIEMALS. Für mich gibt es NICHTS unangenehmeres, als zu handeln. Ich will einen fairen Preis, für beide Seiten. Weder will ich als Bittsteller in den Laden, noch will ich den Verkäufer 'in Verlegenheit' bringen. Mag sein, dass das auch ein Generationenunterschied ist, mein Vater liebt das Handeln und hat uns (seine Kinder) damit mehr als einmal in (für uns) unangenehme Situationen gebracht ;)
    Ich brauche im Laden übrigens nicht einmal eine perfekte Beratung (wie gesagt, die hole ich mir häufig im Netz), mir reicht es, freundlich und mit Namen begrüßt zu werden. Ein kurzes Schwätzchen übers Hobby und man hat das Gefühl, mit dem Verkauf den Laden zu supporten. Daher kaufe ich im GW zB immer meine Farben (Preisdifferenz vertretbar) und meine Bücher, da Buchpreisbindung. Die Leute und die Stimmung im örtlichen Hobbyladen jedoch finde ich recht unangenehm und gehe deshalb dort auch quasi nie hin. Natürlich braucht es dafür auch den richtigen Verkäufer (vgl. Held der Steine, zumindest in seinen Anfängen), dann kann das ganze funktionieren.

    Wie gesagt, das ist keine Schablone, NICHT auf 100 Prozent aller Fälle anwendbar. Ich wollte nur zeigen, wie es bei mir grundsätzlich läuft und damit vll einen weiteren Erklärungsbaustein liefern, warum der klassische Fachhandel ausstirbt.

    Übrigens, ich bin ein ziemlich "loyaler" Kunde (falls das in diesem Zusammenhang das richtige Wort ist), ich binde mich sehr gerne an einen lokalen Händler und kaufe dort meine Dinge. Allerdings nur bis zu einem gewissen Preisunterschied. Ich merke es an meinen Games Workshop Produkten. Ich zahle den "Aufpreis" beim lokalen Laden, weil er mir einen Mehrwehrt bietet, aber die 20 Prozent "Aufpreis" im Games Workshop selbst ist mor zu heftig.

    Das mag sich ändern, wenn ich ins Berufsleben einsteigen, aber als von seinen Eltern finanzierter Student wollte ich die 20 Prozent schlicht nicht draufzahlen.

    Das ist astreines Empfehlungsmarketing. Das forciert Amazon auch durch seine Bewerter-Kreise. Und es funktioniert vorzüglich. Das, was im Produkttext steht, ist Verkaufsblabla. Das macht quasi auch der Händler, wenn er dir was anbietet. Was ein Bekannter/eine Bewertung/eine augenscheinlich objektive Rezension macht, wirkt "echter" und bekommt mehr Vertrauen geschenkt, weil keine Absicht dahinter steht.

    Ja, das stimmt. Und es funktioniert leider tatsächlich. Ich bin 28 und ich bin noch NIE in einen Laden OHNE zu wissen, was ich will. Ich kenne auch niemanden, der noch in ein Autohaus geht und sagt: Ja, eh, ich brauche ein Auto für so 4-5 Personen und einen Hund, was können Sie mir empfehlen. Das ist bitter für alle die Fachgeschäfte, aber da heutzutage fast alle Informationen offen liegen, sehe ich absolut keinen Mehrwert mehr durch eine 'Fachberatung'.
    Ausnahme sind wohl sehr spezielle Produkte, die eine hohe fachliche Kompetenz und Erfahrung erfordern. Baustoffe, hochtechnische Geräte, spezielle Softwares, das meiste was mir einfällt ist aus dem beruflichen Kontext. Aber wie gesagt, nichts, dass den Alltag betrifft.

    Kurz zum Fachhandel. Ich stelle mal die These auf, dass da sehr viel ins Private ausgelagert wurde. Konkretes Beispiel: Ich bin mittlerweile für meinen gesamten Familien-, Bekannten- und Freundeskreis zur Anlaufstelle für Brettspielempfehlungen geworden. Ich bin mir sicher, viele können hiervon ein Lied singen. Ich würde mich längst nicht als Experten beschreiben, aber mir macht das Beschäftigen mit Brettspielen und das Informieren darüber einfach Spaß. Das Informieren findet über selbst spielen und Youtuber statt.

    Vll bilden ich und meine Bubble eine Ausnahme, keine Ahnung, aber fast alles, wofür Fachhandel notwendig wäre läuft folgendermaßen ab:
    Ich brauche einen neuen Laptop (beliebiges Produkt) --> ich lege ein Budget fest --> ich frage ein, zwei versierte Leute in meinem Bekanntenkreis nach Erstempfehlungen --> ich lese mich selbst noch etwas ein, vergleiche Angebote --> ich kaufe, Online, warum auch nicht?

    Ja, das lässt sich nicht auf ALLE Produkte anwenden, nicht auf alle Menschen und auch nicht auf alle Situationen. Aber 90 Prozent meiner Alltagsgeschäfte laufen so ab. Man kann es für jedes beliebige Produkt anwenden. Technische Geräte, Autos, Brettspiele, Ernährung, völlig egal.

    Insgesamt kann man das Ganze doch von zwei Seiten sehen:
    -Der Konsument ist schuld, er will ausschließlich das billigste kaufen und zwingt alle Branchen auf der ganzen Welt, ihre Produkt und Dienstleistungen so billig wie möglich anzubieten.

    -Die Unternehmen selbst sind schuld. Bieten 9 Unternehmen das Produkt für 10 Euro an, das zehnte Unternehmen das Produkt jedoch für 5, dann zwingt das einzelne Unternehmen die anderen 9 nachzuziehen.
    Schuldzuweisungen bringen uns hier nicht weiter. Als Lösung sehe ich bisher nur verantwortungsvolles konsumieren (findet in vielen Bereichen bereits statt, wird jedoch nie vollumfänglich 100 Prozent aller Verbraucher in allen Branchen betreffen) oder gesetzliche Regulierungen.

    Ich habe mich über das 'Made in Germany' -Logo auf Aons End übrigens sehr gefreut und da ich die Geschäftspraxis und den Einsatz von Frosted Games 'kenne', war und bin ich auch bereit dementsprechend etwas mehr zu bezahlen (Siderische Konfluenz wird auch gekauft, sobald es wieder verfügbar ist). Ich hoffe, dass das noch weiter gepusht wird!
    Ich muss aber sagen, dass daran zu einem große Teil dieses Forum allgemein und Ben2 im Speziellen Anteil haben. Bei der großen (und wichtigen) Masse, wird das wohl nicht funktionieren.

    Übrigens, die Taktik von Schwerkraft ist auch kein Allheilmittel. Ich werde mir kein TFM kaufen, da ich die Materialqualität für den aufgerufenen Preis einfach nicht gerechtfertigt finde (so, jetzt schlagt mich) und KEIN Spiel ist so gut, dass man es nicht mit einem anderen substituieren könnte. Ein Bekannter (Wenigspieler) stand vor der Wahl, ob er mir Pandemic Legacy oder TFM zum Geburtstag schenkt und hat sich, explizit wegen des Preises, für ersteres entschieden.
    Auch an Klong! habe ich mich noch nicht herangewagt, weil mir die preisliche Einstiegshürde zu hoch ist, da schaue ich mir davor lieber einen anderen Deckbuilder an.

    Sowohl bei Viel-, als auch bei Wenigspielern kann diese Taktik versagen (versagen im Sinne von, dass kein ewiges Wachstum möglich ist).


    Kommt es mir nur so vor, oder diskutieren wir mittlerweile über die Globalisierung und unser Wirtschaftssystem als solches? Ich sehe nicht wirklich Lösungsansätze im derzeitigen Rahmen. Der Verbraucher soll einfach 30 Euro mehr für das Spiel zahlen, ist mir da ehrlich auch zu kurz gegriffen.

    Wir könnten jetzt zu zweit am Wochenende ins Kino gehen und sind mit Snacks, 3D, Überlänge dann schnell 40-50 für ein einmaliges Erlebnis los. Oder ich hole ein Brettspiel, das unsere mehrere tolle Abende beschert.

    Da machst du aber direkt das nächste Fass auf. Das IST ja genau die Abwägung, die bei uns allen stattfindet.

    1. Aus der Cineasten-Ecke kommt jetzt das Argument, dass wir dadurch die Kinos kaputtmachen. Wie schon angeklungen ist unser Geld endlich und es findet eben immer eine Regulierung des Marktes statt. Konsumiere ich jetzt für 200 Euro mehr im Monat in Brettspiel "leiden" darunter halt andere Branchen.

    2. Wenn man so abwiegt, dann IST das Spiel für die Hälfte eben die "bessere" Wahl.


    Allgemein schreibe ich hauptsächlich, weil ich den Threat und die Diskussion loben will. Unglaublich spannend und informativ, danke an alle, die dazu fundiert beitragen können. Für Branchenaußenseiter wirklich super!

    ist es wirklich so, dass viele Brettspielkonsumenten "getrieben" sind vom Konsum? Oder ist es nicht viel mehr eine bewusste Entscheidung, zu kaufen? So Rede ich es mir jedenfalls ein.

    Bei mir selbst war es so: ich bin vor knapp 2 Jahren ins Hobby "eingestiegen" und natürlich kam erst einmal der Kaufrausch. Listen wälzen, Reviews lesen, dieses und jenes Spiel muss man auf jeden Fall gespielt haben...jedenfalls kam schnell die Erkennntnis, dass jedes Spiel, das ich kaufe, mir die Zeit nimmt ein anderes zu spielen. Zeit und Gelegenheit sind der limitierende Faktor, weniger Geld oder Platz. Und bald musste ich feststellen, dass mich ungespielte Spiele im Regal unglücklicher machen, als keine Spiele zu besitzen. Also logische Folge: weniger kaufen. In meinem Fall ein Spiel pro "Genre" (Ausnahme social deduction, das ist meine Schwäche 🤷‍♂️ und Spiele für besondere Personenanzahlen).

    Andere logische Folge wäre z.B.gewesen: im Bewusstsein, zu viele Spiele für zu wenig Zeit zu haben bzw. zufrieden damit zu sein, Spiele ggf. nur ein, zwei mal zu Spielen, weiter Kaufen.

    Andere fangen an, sich selbst als Sammler zu sehen und rechtfertigen so ihre Käufe.


    Wirklich "getrieben" (blindes Zuschlagen bei (vermeintlichen) Schnäppchen) sind doch hoffentlich eher wenige, es sollte doch zumindest eine bewusste Entscheidung hinter dem Kauf stehen, ansonsten muss man schon von einem problematischen Verhalten sprechen.