Beiträge von ravn im Thema „[2021] Cantaloop (ASS)“

    Während ich früher Maniac Mansion auf dem C64 eines Kumpels mitgezockt habe, weil es sich zu zweit einfach besser rätseln liess, sehe ich bei Cantaloop ganz andere Voraussetzungen:


    Vor dem Computer sitzt man nebeneinander vor dem Bildschirm. War schon immer so, geht auch nicht anders. Bei typischen Brettspielen sitzt man am und um einen Tisch und hat damit verschiedene Blickrichtungen.


    Bei EXIT-Spielen funktionierte das bei uns gut in Zweierrunde, aber auch, weil man zeitgleich an mehreren Rätseln tüfteln konnte und es ausreichend viel Spielmaterial gab, so dass das jeder in die Hand nehmen konnte. Oder wir haben gemeinsam an einem Rätsel getüftelt, wobei wir uns dann abgewechselt haben, während der Andere die gemeinsamen Ideen skiziertend mitgeschrieben hat ("Blau = 3, Rot = 4, ..."). Oftmals war es auch egal, ob wir ein Rätsel auf dem Kopf mitverfolgt haben.


    Bei Cantaloop stellt sich dann aus meiner Sichtweise das MicroMacro-Problem ein. Das Abenteuerbuch ist eindeutig ausgerichtet und mal eben herumreichen, damit man nicht alles auf dem Kopf sieht und auch die Rotfolie benutzen kann, funktioniert nur eingeschränkt, weil ist schlicht umständlich. Also muss man schon in Kuscheldistanz nebeneinander sitzen. Funktioniert, ist eben nur nicht das typische "um einen Tisch verteilt" Brettspielerlebnis. Spätestens in Dreierrunde wird es zudem schwierig und Einzelne nur noch zu Zuschauern, weil nicht in Lese- und Griffreichweite vom Spielmaterial bei Cantaloop. Somit sehe ich Cantaloop eher als Solospiel oder in vertrauter Zweierrunde erlebt.

    Eben die Vorgeschichte durchgespielt. Dank der Bestellung beim FLGS lag die meinem Spiel bei. Mein spoilerfreies Fazit:


    Das waren vergnügliche und ebenso rätsellastige zwei Stunden. Habe mir, wie immer bei solchen Spielen, meine Zeit gelassen und den Weg genossen, anstatt durch die Story zu hetzen. Das Spielgefühl war schon ganz nah an den alten Lucasarts Point & Click Adventures - Maniac Mansion bis Monkey Island. Einzig die untermalende Musik fehlte.


    Die meisten Rätsel empfand ich als logisch und nachvollziehbar, während es eins-zwei andere Rätsel gab, die ich doch hätte anders lösen wollen. Nur gab mir das Spiel dazu keine Möglichkeiten. Typisch für dieses Genre, egal ob aufm Computer oder nun analog umgesetzt. Zudem fehlten mir an einigen Stellen die Abfrage, wie weit ich im Spielverlauf bin, da einige Storyabschnitte so später nicht hätten nochmals möglich sein sollen. Aber das ist wohl dem geringen Umfang der Vorgeschichte geschuldet.


    Toll fand ich hingegen, wie einfach sich ein Szenario durch den Einsatz von Auflegekarten ändert und damit weiterentwickelt. Sozuagen das erweiterte Robin Hood Prinzip. Nur der weisse Rand der Karten störten ein wenig und an einer Stelle war mir nicht klar, wo genau ich die Karte anlegen sollte - was aber keine spielerische Relevanz hatte.


    Im Summe absolut spielenswert für alle, die Point & Click Adventures auch mal analog erleben wollen. Bleibt die Frage nach dem Mehwert. Am Computer können Soundeffekte, situative Musiken und Animationen abgespielt werden. Bei Cantaloop fällt das weg bzw. muss das eigene Kopfkino da einspringen. Dafür bleibt der Computer aus. Wem das als Argument reicht, darf sich wohl zur Zielgruppe rechnen.