Beiträge von Stilp im Thema „Mehrwertsteuer / VAT auf Kickstarter ab 01.07.2021“

    Als ich bei Gamefound Kemet unterstützen wollte, wurde ich nach irgendwas EU Mehrwertsteuer gefragt. Wenn ich da nichts ausgewählt hatte, kam nochmal n Betrag drauf. Wenn ich das auswählte, sollte ich eine Nr abgeben. Ist das, die Ust Nr, die ich auf der Steuererklärung finde oder was ganz anderes und die Kosten kommen auf jeden Fall dazu? Dachte, da Matagot=Frankreich=EU, dass da nichts sondermäßig mehr zukommt. Da ich im Urlaub bin, habe ich es erstmal gelassen und hoffe auf den Late Pledge, wenn ich zurück bin.

    Die wollen deine Umsatzsteuernummer, damit sie sie dem Finanzamt geben können, damit das Finanzamt weiß, dass du das Spiel gewerblich gekauft hast.

    Falls du kein Gewerbe hast, hast du diese Nummer auch nicht.

    (Ich bin so gespannt, wer jetzt was von Kleinunternehmerregelung oder potenziellem "Gewerbe in anderer Branche" schreibt. :) )

    Naja. Mal wieder gefährliches Halbwissen von Teilzeitfachleuten. Man gibt die Umsatzsteuernummer-ID-Nr. als Unternehmer (!) an, wenn man als Unternehmer Lieferungen oder Leistungen aus dem EU-Ausland bezieht, diese also dem Liefernden/ Leistenden mitteilt. Damit bestätigt man dem Leistenden/ Liefernden, dass man die Regelbesteuerung bzgl. Umsatzsteuer anwendet. Warum? Der Liefernde/ Leistende tätigt eine umsatzsteuerfreie Lieferung, die er aber als zusammenfassende Meldung an die jeweilig zuständige Finanzbehörde übermitteln muss (bei uns in D das BZSt in Saarlouis).

    Beim Empfänger der Lieferung/ Leistung obliegt dieser Vorgang (innergemeinschaftlicher Erwerb) dann der Umsatzsteuer. Das kann über europäisch abgestimmtes Verfahren von den Finanzämtern natürlich abgefragt werden. Falls und nur falls dieser Unternehmer selbst diese Lieferung/ Leistung dem Unternehmen zuordnet UND umsatzsteuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt (bsp. als Onlineshop für Brettspiele) dann hat er auch einen Vorsteuerabzug in gleicher Höhe. Also ein Nullsummenspiel nur für diese Gruppe von Unternehmern.

    Der Sinn dieser ZMs (zusammenfassender Meldungen) und dem ganzen Konstrukt „Reverse-Charge“ ist quasi die Nachweisführung oder besser die Offenlegung für diese umsatzsteuerfreien Lieferungen/ Leistungen, nämlich Schwarzumsätze zu verhindern, die sonst (ohne Reverse Charge) einen Steuerschaden auslösen (USt. wird nicht gezahlt aber VoSt. sehr wohl gezogen). Hier im besten Deutschland aller Zeiten in Paragraph 13b UStG umschrieben. Der Leistungsempfänger wird in diesen Fällen also zum Steuerschuldner (was bsp. auch bei Leistungen zwischen zwei Bauunternehmern gilt). Diese Regelung des Reverse-Charge gilt natürlich überall im EU-Gebiet.

    (Klein-)Unternehmer mit Kleinunternehmerregelung dürfen natürlich auch eine USt-ID-Nummer haben. Nur müssen diese dann die Umsatzsteuer abführen ohne eine Vorsteuerabzugsberechtigung zu haben. Paragraphenketten spar ich mir.

    Ein Nichtunternehmer interessiert daher nicht. Der zahlt den Preis des ganzen Zinnobers und 19% seit Juli 2021 obendrauf. Einzige Krux der letzten Jahre, aber für den Kunden ja mittlerweile irrelevant, ist der Umsatzort, also dort wo die Umsatzsteuer für solche Umsätze geschuldet wird. Seit Juli 2021 hat man dieses „Schlupfloch“ eben geschlossen. Diese Umsätze waren vorher schon immer steuerpflichtig, nur konnten die „Liefernden“ das geschickt verhindern, also den Umsatzort zu lancieren. Da hat man eben einen Händler im Bestimmungsland als Empfänger der Lieferung zwischengeschalten ohne zu deklarieren, wer die Waren erhält oder an Freihäfen oder dergleichen geliefert oder eben den Umsatz in Staaten mit sehr niedrigen Umsatzsteuersätzen zugewiesen, wo bsp. der vorher benannte Zwischenhändler „sein Unternehmen“ betrieben hat. Puuh.

    Stilp. HochDieHändeWochenende.