Beiträge von Lighthammel im Thema „Faiyum“

    Man gibt sich also ständig gegenseitig Vorlagen. Ich baue Wege, so dass mein Mitspieler einen Betrieb bauen kann, den der nächste wiederum zur Produktion nutzt. Das ist interaktiv, aber nicht destruktiv.

    Das ist, neben der Optik, ein Grund warum mich das Spiel eher kalt lässt. Die meisten Spiele mit diesem Mechanismus kranken dann Recht schnell daran, erst Recht bei mehr als zwei Spielern, dass niemand mehr etwas bauen will. Tut er es doch eh nur für die Mitspieler.

    Gibt es da bei 3+ Spielern etwas ,das dem entgegenwirken soll?

    Bislang haben wir es nur zu zweit gespielt. Ich gebe zu, ich hatte auch meine Bedenken durch die gemeinsame Nutzung aller Bauten. Aber wenn ich zwei Wege gelegt habe, habe ich 3 Punkte bekommen. Wenn meine Frau dadurch eine Siedlung bauen konnte, konnte ich wiederum mit einem Händler von der Siedlung profitieren. Wenn sie z.B. einen Betrieb auf ein Traubenfeld gebaut hat, konnte ich hinterher die Ausbauten und den Winzer nutzen. Es ist nicht so, dass ein Teil gebaut wird, und der Weg ist damit zu Ende. Das geht vielleicht ein wenig in Richtung Anno 1800 - man baut etwas, aber die anderen können es auch nutzen.


    Ich vermute, im Spiel mit 3 und mehr Spielern wird es dadurch aufgefangen, dass die Anzahl der Startkarten ingesamt erhöht wird, so das zu Beginn ein größeres Wegenetz und mehr Siedlungen entstehen. Dazu ändert sich die Anzahl der zukaufbaren Karten nicht. Es gibt nur eine für Ausbauten, einen Winzer usw. Und diese landen nach der Nutzung auf dem Ablagestapel und wollen wieder freigespielt werden.

    Das unfreiwillige Vorlegen fühlt sich bei Faiyum tatsächlich nicht so schlecht an wie in anderen Spielen, weil man selbst in späteren Schritten mit einer gut ausgebauten Infrastruktur satte Punkte einfahren kann.

    Ersteindruck (absolut subjektiv nach einer Partie zu zweit):


    Faiyum erinnert mich im ersten Moment grob an Concordia. Man spielt Karten aus, um sich auf dem Spielplan auszubreiten und Rohstoffe zu bekommen. Irgendwann kauft man neue Karten hinzu und nimmt die ausgespielten wieder auf die Hand.

    Bei Concordia bleiben die zugekauften Karten aber annähernd gleichwertig, während die Stärke einiger Aktionen von der Ausbreitung auf dem Spielplan abhängt. Gleichzeitig sind die gekauften Karten auch Multiplikator für die einzige, große Schlusswertung.

    Bei Faiyum ist es komplett anders: Es kommen tendenziell immer stärkere Karten hinzu, von einfachen Ernte-Aktionen bis hin zu komplexen Wertungs-Aktionen. Dabei ist der Anfang durch Ackerbau geprägt, verlagert sich dann auf Handel und Produktionsbetriebe, man urbanisiert quasi das Spielbrett. Das ist thematisch sehr schön eingefangen.

    Sämtliche Punkte holt man in Faiyum während des Spiels, eine Endwertung gibt es nicht.

    Der Kartenmarkt erinnert an Funkenschlag und alles, was man baut, können die Mitspieler ebenfalls nutzen. Man gibt sich also ständig gegenseitig Vorlagen. Ich baue Wege, so dass mein Mitspieler einen Betrieb bauen kann, den der nächste wiederum zur Produktion nutzt. Das ist interaktiv, aber nicht destruktiv.

    Der besondere Clou: Man hat keinen Nachziehstapel für Karten, sondern man nimmt in der Verwaltungsaktion immer die obersten 3 Karten vom Nachziehstapel auf die Hand, kann sich aber dann noch mehr Nachziehkarten dazu kaufen. Last in, first out. Man muss also zusehen, dass schwache oder nicht mehr benötigte Aktionen unten im Stapel landen, so dass man sie nicht wieder auf die Hand nehmen muss, wenn man an benötigte Aktionkarten kommen möchte.

    Optisch ist Faiyum sicherlich old school, aber es passt zu 2F. Kein Menzel'sches Wimmelbild, die immer gleichen Karten von The Miko oder Comic-Optik von Klemens Franz.

    In der ersten Partie mäanderten wir etwas ziellos vor uns hin, vielleicht hätten wir auch früher von Ackerbau auf Handel umsteigen können. Ich denke, es braucht ein, zwei Partien, dass man gezielter spielen kann, dass man Karten besser und länger nutzen kann, dass sie nicht nach 2-3 Einsätzen in der Versenkung des Ablagestapels verschwindet. Insgesamt würde ich Faiyum weniger strategisch und eher taktischer als Concordia einordnen, u.a. auch, weil der Kartenmarkt relativ zufällig sein kann.

    Bei mir hat Faiyum einen sehr guten ersten Eindruck hinterlassen, meine Frau fand es relativ unkontrollierbar. Sie mag es allerdings nicht, wenn man von der Hand in den Mund leben bzw. spielen muss.