Beiträge von ravn im Thema „EXIT Das Buch, Rätselromane aus dem Kosmos Verlag: Logbuch 1907 (spoilerfrei)“

    Im Direktvergleich gefällt mir das Exit-Design der Spiele besser als das mir vorliegende Buch. Besser im Vergleich sehr-gut zu gut.


    Einfach weil man in den Exit-Spielen nur das Material des Spiels und die eigenen Lösungsideen im Kopf hat. Alles rein analog. Das habe ich als fokussierter empfunden. Bei dem Buch kommt eben die digitale Online-Komponente PC/Smartphone dazu, in der man dann auch noch Material findet. Das weitet den Lösungsradius enorm aus. Das empfand ich anfangs als ungewohnt und bis deshalb auch mehrfach in die ausliegenden Rätselfallen getappt. Eventuell bin ich auch einfach mit den Denkmustern der Exit-Spiele inzwischen besser vertraut. An dem Logbuch 1907 scheinen die Brands ja nicht beteiligt gewesen zu sein, sondern eben Giorgos Kiafas. Klar, dass der seinen eigenen Stil hat.


    Den Aufdruck des Buches "Level Profis" sollte man da durchaus ernst nehmen. Eventuell mit einem einfacheren Buch anfangen, weil EXIT Spiele und Buch sind dann doch wohl verschieden. Exit ist eben nicht gleich Exit.

    Über den Umweg der mechanischen Rätsel, wie Chris Ramsay die auf seinen YouTube-Kanal vorstellt, und etliche gute Stunden mit diversen EXIT-Spielen von Kosmos, bin ich auf deren Rätselromane gekommen. Sozusagen die direkte Solospielerfahrung eines Escape-Rooms in Buchform.


    Ich habe mit "Logbuch 1907" angefangen, weil mich die Klassifizierungen Jugendroman der anderen Rätselromane ein wenig abgeschreckt hat, nicht die passende Zielgruppe zu sein für das angepeilte Alter und Genre. Versprochen sind 44 Rätsel im Buchformat, die man nach und nach löst und dabei eine Story miterleben kann. internetzugang mit entsprechenden Geräten wird zwingend vorausgesetzt und es sollte einem ebenso klar sein, dass das Buch bei Benutzung mehr oder weniger zerstört wird und damit nur einmal nutzbar ist. Ok, klingt alles gut, wobei mir der Anteil der Computernutzung nicht so recht klar war. Klar war mir hingegen, dass ich da keine literarische Höchstqualität erwarten werde können, weil der Schwerpunkt nun mal auf den Rätseln liegt und die Story das alles nur zusammenhalten soll. So war es dann auch.


    Puh, einen Tag später bin ich bei Rätsel 33 von 44 angekommen. Einmal angefangen hat das "Logbuch 1907" für mich einen wahren Sog entwickelt, mich von Rätsel zu Rätsel zu hangeln. Spricht für den Rätselroman, wenn man den über den Tag einfach nicht weglegen will und immer wieder zurückkommt, um weiterrätsel zu können. Etliche Erfolgserlebnisse und einige Frustmomente gab es ebenso, aber das gehört wohl alles zum Gesamterlebnis dazu.


    Jeweils eine Doppelseite im Buch stellt ein Rätsel vor, wobei der Haupttext eines Rätsels online nachgelesen werden muss. Ohne Computer oder Smartphone geht da gar nix. Ebenso wird die Lösung auch online eingegeben und es gibt ergänzende Hinweise zum Rätsel, so dass ich Buch und online immer zusammen im Blick haben sollte, um das Rätsel lösen zu können. Mit diesem Medienwechsel muss man leben können, ansonsten wird man hier nicht recht glücklich. Mir persönlich war das zu viel online und zu wenig Buch. Ich hätte gerne mehr und ausschliesslich offline gerätselt.


    Ein Drittel dieser bisher erlebten Rätsel war einfach, ein weiteres Drittel wirklich knifflig und durchaus innovativ. Aber beim letzten Drittel, das sich wild über die Rätsel verteilt und deshalb keine Einstiegshürde in dieses neue Format war, hatte ich schlicht keine Ahnung, was man überhaupt von mir wollte. Wie also soll ich ein Rätsel lösen, wenn ich schon die Frage nicht verstanden habe? Ok, gehört eventuell mit dazu auf diesem "Level Profis", dass man so gar nichts kapiert. Aber warum bitte gebt Ihr mir dann auf einer Doppelseite diverse Texte, Zeichnungen, Illustrationen und mehr vor und dazu noch erweiterte Infos online, wenn 99% von dem allem so rein gar nichts mit der Lösung zu tun haben? Ich konnte oft nie unterscheiden, was relevant ist und was nicht. Schlicht weil ich kein Ansatzpunkt hatte, um da abzugrenzen. Besonders weil man schon recht früh vermittelt bekommt, dass man durchaus online recherchieren darf und sollte.


    Interessant da die automatische Google Suchbegriffergänzung. Da konnte ich wunderbar sehen, dass ich nicht der einzige Spieler war, sondern ich online Mitreisende hatte, die ebenfalls nach genau diesen Wortkombinationen gesucht haben. Nicht um sich die Lösung zu spoilern, sondern um sich diverser Begriffe klar zu werden. Denn Spoilerartikel habe ich zum Glück bisher nie gefunden. Die Internetrecherche habe ich nur benutzt, um mein begrenztes Wissen zu erweitern. Erfundenes Beispiel: Ich weiss, dass die Lösung irgendwas mit Ländernamen zu tun hat und ich weiss ebenso genau, dass ich da so gar keinen Plan habe und deshalb externe Google-Hilfe brauche.


    Im Grunde könnnte ich mich endlos mit einem einzelnen Rätsel aufhalten, weil ich diverse Details miteinander in Verbindung bringe, die zwar logisch erscheinen, die Lösung aber in keinster Weise einfordert. Dabei fand ich meine Lösungsansätze teilweise wirklich toll, nur waren die nicht gefragt. So musste ich leider öfter als mir lieb war, einen der zweistufigen Tipps einholen, um überhaupt erst einmal die Rätsel-Richtung eingrenzen zu können. Im Nachhinein war das auch alles irgendwie nachvollziehbar, nur hätte ich mich vorab endlos in Richtungen verrant, die zu falschen Lösungen führten.


    Das ist dann auch meine Hauptkritik an dem Rätselbuch. Mir fehlten oftmals die Leitplanken, um mein Rätselraum abzustecken. Zumal manche Rätsel wirklich komplex sind und andere Rätsel fast schon intuitiv gelöst werden konnten. Nur das sehe ich als Spieler und Leser nicht und verrenne mich in ungefragte Details, weil die Frage zu unscharf ist und selbst Teil des Rätsels. Also wirklich was für Profis, die extrem um die Ecke denken können und dabei falsche Fährten als solche auch erkennen und daran ihren Spass haben, mit fast schon scheinbaren Nullinformationen loslegen zu wollen. Deshalb für mich eine Empfehlung in Bezug auf "Logbuch 1907" mit der zeitgleichen Warnung, dass Ihr in endlose Denkfallen tappt, weil es kaum Führung bei den einzelnen Rätseln gibt.


    Wie habt Ihr die Kosmos Rätselromane erlebt?