Beiträge von ravn im Thema „Against all odds (Pech - und Glück? - beim Spielen)?“

    Eventuell muss man unterscheiden, was Zufall ist (Ergebnis von W6-Wurf) und was nur zufällig erscheinen kann, bei kein Zufall ist (Aktion eines Mitspielers)?


    Oder kann man gezielt einen W6 so werfen, das mit hoher Wahrscheinlichkeit die selbe oder gewünschte Augenzahl oben liegt? Oder sind wir hier dann im Bereich der Taschenspielertricks, weil eigentlich erwartet man von einem W6 ein zufälliges Ergebnis, auch wenn man sich ein anderes wünscht?

    MetalPirate


    Sehe ich anders: Woher soll der Mitspieler wissen, was der für ihn günstigste Zug ist? Gibt es den überhaupt? Erkennt er den? Erkenne ich den? Der exakt berechenbare Normalfall kommt nach meinen Erfahrungen in Brettspielen eher selten vor und genau das für mich auch den Reiz der Mitspielerinteraktion aus. Ich kann versuchen, mich in die Mitspieler hineinzuversetzen und abschätzen, was die machen könnten. Davon ausgehen, dass die den günstigsten Zug machen, den ich meine, als solchen indentifiziert zu haben (wenn überhaupt so weit eingeengt und nicht auf eine Reihe von Wahrscheinlichkeiten) und auf dieser wagen Grundlage meinen eigenen Zug planen und/oder durchführen.


    Einfaches Beispiel: Agricola. Drei Spieler haben ein Feld ausliegend, auf dem sie aussäen könnten und auch Getreide oder Gemüse, um dort aussäen zu können. Das Aktionsfeld ist nur einmal vorhanden. Bis zur Erntephase sind noch zwei Runden Zeit. Wenn also alle wirklich aussäen wollen bis zur Ernte, wird ein Spieler das nicht können. Zeitgleich liegt da ein Haufen Holz und drei Schilf aus, der durchaus ebenso interessant ist für Gebäudebau und Renovierung der Holzhütten und diverse Handkarten. Ich bin am Zug. Hoffe ich nun, dass niemand bis zu meinem nächsten Zug aussät, weil Holz und Schilf interessanter scheint? Zumal man so viel Holz einfach nicht liegen lassen kann und Schilf nur so langsam anwächst, dass man drei Schilf auch nicht liegen lassen könnte. Also auf Nummer sicher spielen und aussäen, weil da der Konkurrenzdruck zu gross ist oder die einmalige Chance nutzen, um drei Schilf zu nehmen und damit bequem ausbauen und renovieren zu können?


    Da für alle Mitspieler den günstigsten Zug vorauszuahnen, halte ich für schwierig. Zumal ich in solchen Fällen auch immer die bisherige Spielweise der Mitspieler einbeziehe und potentielle Zukunftspläne. Das alles ist aber nur eine intuitve Annäherung. Würde ich das jedesmal zeitintensiv wirklich ausrechnen wollen, wären alle Mitspieler entschlummert oder weggelaufen und mir würde der Kopf rauchen, obwohl ich doch eigentlich nur ein Spiel spielen und herausfordernd interaktiven Spielspass haben wollte. Zufall ist in dem Fall eine Komplexität, die ich nicht mehr vollständig überblicken kann.

    Wenn Mitspieler dabei sind, dann spielt auch der Zufall mit. Schlicht weil ich nicht wirklich vorausahnen kann, was die in ihren Zügen machen werden und wie stark mich das beeinflussen wird. Da ich deren optimalen Züge (sofern es die überhaupt gibt) nicht kenne und selbst wenn ich die kennen würde, nicht weiss, ob die diese Züge für sich als optimal erkannt haben und dann auch durchführen, ist es ein Spiel mit potentiellen Wahrscheinlichkeiten.


    Ich mag Zufall. Gerne auch gehäuft und scheinbar willkürlich, wenn daraus ein Spielerlebnis entsteht und eine Story erzählt wird. Meine Phase der Klötzchen-Optimier-Spiele mit möglichst wenig Interaktion, damit schön jeder für sich ungestört optimieren und rechnen und denken kann, habe ich überwunden. Ora et Labora war für mich schlicht Arbeit. Und Mage Knight fühlte sich deshalb für mich größtenteils wie eine Rechenaufgabe an, die mit Fantasy-Lack übersprüht wurde. Gab Zeiten, wann ich das mal toll fand.


    Da der Brettspielmarkt aber ausreichend Auswahl kennt, werden diejenigen bedient und glücklich, die auf "Optimierorgien ohne jedes Zufallselement" stehen und ebenso die Zufalls-Junkies und auch alle Schattierungszielgruppen dazwischen. Perfekt.