Beiträge von Ernst Juergen Ridder im Thema „Against all odds (Pech - und Glück? - beim Spielen)?“

    Wenn aber jegliche Strategie/Taktik egal ist und am Ende nur das Glück entscheidet, dann weiß ich nicht warum ich das Spiel spielen soll.

    Vor einigen Jahren hatte ich mal wieder eine Partie Risiko gespielt. Irgendwann griff ich mit meiner Hauptarmee einen anderen an, mit 4 oder 5x so vielen Armeen - und habe verloren. Alleine 3x 1-1-1 und 4x 1-1-2 gewürfelt. Alle Anderen haben sich totgelacht weil sie mein Würfelglück kennen.

    Risiko mag ich nicht mehr, nicht wegen des Zufallsfaktors, den ich eigentlich ganz ok finde, es ist mir schlicht zu viel Würfelei.


    Aber solche Ergebnisse, wie von dir geschildert, sind einfach das Salz in der Suppe von Risiko. Man muss auch mit 1:2 oder 1:3 Unterlegenheit gewinnen können. Man kann da recht schön unterschiedliche "Charaktere" beobachten. Da gibt es die "Ängstlichen", die mindestens 3:1 brauchen, um sich zu "trauen", oder die "Glücksritter", die es auch mit 1:2 oder sogar 1:3 versuchen. Jeden trifft es, wie er's braucht. Der Angsthase verliert und traut sich erst wieder bei 4:1 hinter dem Ofen hervor, der Glücksritter schafft es mit 1:2 und geht dann halt mal auf 1:3, wohl wissend, dass seine Chancen gering sind.

    Ich neige dazu, Zufall und Glück/Pech nicht als etwas grundlegend Verschiedenes anzusehen, vielmehr scheint mir Glück/Pech eine Interpretation von Zufall zu sein.


    Beispiel:

    Catan. Ich habe 8 Rohstoffkarten, von denen 5 mir erlauben, eine Siedlung zur Stadt aufzuwerten, die anderen 3 nützen dafür nichts. Ich bin am Zug und muss für Erträge würfeln. Das Ergebnis, die Würfelsumme, ist reiner Zufall und liegt zwischen 2 und 12. Würfele ich mir selbst eine 7, ist das Pech, weil ich nicht nur keinen Rohstoff hinzu bekomme, sondern auch noch 4 von meinen 8 abgeben muss mit der Folge, dass ich die Stadt nicht mehr bauen kann. Ist das Ergebnis aber keine 7, habe ich Glück, weil ich die Stadt nun bauen kann.


    Schön ist es dann natürlich, wenn man dem Zufall ein wenig "auf die Sprünge helfen kann", man also z.B. das Würfelergebnis manipulieren kann, oder man, bei Catan z.B., dafür sorgen kann, dass man mehr Rohstoffkarten in der Hand haben darf, ehe man bei einer 7 etwas abwerfen muss. Solche Elemente der Manipulierbarkeit hat sogar Catan.


    Klar kann es z.B. passieren, dass ich wegen der gewürfelten 7 meinen letzten erforderlichen Punkt durch eine Stadt nicht bekommen kann und deshalb ein anderer in seinem nächsten Zug seinen letzten Punkt machen kann. That's life.

    Mir geht es da ziemlich anders.


    Hundertprozentig planbare Spiele, ganz ohne Zufall/Glück, sind mir ein Graus. Nicht weil ich so etwas nicht spielen könnte, sondern weil ich es nicht spielen mag. Zufall/Glück, zumindest ein wenig, sollten schon sein.

    Es darf zum Beispiel in einem Spiel nicht immer und ausnahmslos voll planbar sein, ob ein Kampf gewonnen werden kann, weil das langweilig und thematisch unrealistisch ist.


    Zufall/Glück sind zudem ein ausgleichendes Element. Auch der schwächere Spieler hat dann eine Chance. Gewinnt immer nur, wer "besser" spielt, ist das vor allem in einer festen Spielgruppe wie meiner, eher nervig. Es macht einfach keinen Spaß, wenn man weiß, dass man nur gewinnen kann, wenn einer mal einen schlechten Tag hat.


    Es muss jetzt nicht sein, dass letztlich ein einziger Würfelwurf den Spielausgang bestimmt. Mir ist allerdings kein Spiel bewusst, das so gestrickt ist, dass es völlig egal ist, was man in der Zeit vor diesem letzten Würfelwurf gemacht hat, wodurch man in die Situation gekommen ist, dass ein einziger Würfelwurf den Ausschlag gibt. Sollte es ein solches Spiel wirklich geben und sollte ein solcher Ausgang dann der Regelfall sein, hat man sich bei der Auswahl des zu spielenden Spiels vielleicht vergriffen, vielleicht hat man aber auch einfach nur übersehen, dass man auch so hätte spielen können, dass nicht ein einziger Würfelwurf das Spiel entscheiden kann.