Beiträge von actaion im Thema „Werden 2-Spieler-Spiele weniger streng bewertet?“

    Ich und viele meiner damaligen Mitspieler fanden Keltis nicht wirklich gut - Knizia hatte das SdJ wirklich für viele, viele Spiele davor und danach verdient (Blue Moon City, Einfach genial etc.), nicht für das lauwarme Aufbrühen seines Kartenspiels. Dabei nehme ich mal die Erweiterung (und auch das Orakel) gerne aus, die daraus m.E. erst ein richtiges Spiel machen. Aber abgesehen davon: In den USA kennen die Spieler das dort supererfolgreiche Lost Cities, aber kaum jemand kennt da - trotz SdJ - Keltis, weil es drüben nie vertrieben wurde. Dort erschien nur Lost Cities - The Board Game, was wiederum vom Thema und den Regeln her noch näher an Lost Cities ist als Keltis (und jetzt ja auch in Deutschland erhältlich ist). Schon deshalb hat Keltis keine gute Chancen auf ein höheres Rating bei BGG. Auch hier hinkt also m.E. das Beispiel.

    Ob es das SdJ verdient hatte, sei mal dahin gestellt, es gehört auch nicht zu meine Lieblingsspielen, aber gegenüber Lost Cities hat es einige Vorteile, ganz sicher ist es nicht deutlich schlechter, wie das Average Rating bei BGG suggeriert.

    Die Anzahl der Ratings spielt ja keine Rolle für den Durchschnittswert (zumal Keltis auch über 5000 Votes hat). Ich bezog auf das Rating (also Durchschnittsnote), nicht auf das Ranking (für letzteres ist die Anzahl der Votes relevant).

    Im direkten Vergleich zu Lost Cities bieten meiner Meinung nach sowohl "Keltis" als auch "Keltis - Das Kartenspiel" mehr taktische Möglichkeiten, weshalb ich beide besser finde.

    Lost Cities / Keltis ist auch so ein gutes Beispiel. Keltis ist neuer und fast in jeder Hinsicht ein Verbesserung: Macht auf dem Tisch mehr her, erlaubt mehr Spieler, hat mehr interessante Dinge drin, ist aber trotzdem leichter vom Einstieg (da übersichtlicher und man muss nicht alle Karten ständig im Kopf zusammenrechnen) .


    Trotzdem hat Keltis bei BGG nur 6,4, Keltis Kartenspiel 6,7, Lost Cities hingegen 7,2, und damit ein edeutlich höheren Wert, obwohl objektiv die beiden Keltis-Spiel klar besser sind.

    Ich habe den Eindruck, dass bei reinen 2er-Spielen niedrigerer Bewertungkriterien angelegt werden.


    Mir ist das schon früher aufgefallen, dass z.B. die 2er-Serie von Kosmos immer sehr gelobt wird, obwohl das nach den sonst angelegten Kriterien meist eher mittelmäßige Spiele sind, mit oft eher geringer strategischer Tiefe und Varianz (Lost Cities, Jambo, Dragonheart, uvm.).


    Z.B. Jambo wurde in Foren sehr oft empfohlen, bei BGG hat es gute 7,0 im Schnmitt, auf ähnlich hohem Niveau bewertertwie einige SdJs der letzten Jahre (z.B. sogar besser als Kingdom Builder oder Qwirkle). Mir erschiene es aber als ein sehr mittelmäßiges Spiel mit wenig Varianz und Tiefe, auch wenig Innovatives oder sonstiges besonderes.

    Die größere 2-4-Spieler Variante Waka Waka hingegen hat kaum Beachtung gefunden, wird nie empfohlen und ist mit 6,0 im Schnitt bei BGG ziemlich schwach bewertet. Obwohl es vom Material her mehr hermacht (viel größerer Spielplan etc) und eben mehr Bandbreite bei der Spieleranzahl erlaubt.


    Beim neuen Watergate ist mir das auch aufgefallen. Mir gefällt das Spiel im Gegensatz zu Jambo durchaus gut, dennoch bin ich ein bisschen verwundert, dass es von allen Reviewern zum absoluten Topspiel hochgejubelt wird.

    Mir gefällt , dass es thematisch ist, und zudem mal ein Spiel, wo man nicht nur Punkte sammelt, sondern ein klares handfestes Spielziel erreichen muss.

    Normalerweise kommen solche Spiele aber bei den Rezensenten und Vlogger nur durchwachsen weg. Man sieht oft frühzeitig, wer im Vorteil ist, würde es dann heißen, und es gibt nicht genug verschiedenen Möglichkeiten, zum Sieg zu kommen, weil es ein festes Ziel gibt heisst es dann meist. Hoher Glücksfaktor beim Karten ziehen kommt noch dazu usw...

    Zudem gibt bei Watergate kein wirklich variables Setup und immer diegleichen Startdecks. Die Strategischen Möglichkeiten und Wege sind also sehr überschaubar und immer gleich. Normalerweise würde es dann heißen, "schön thematisch und für ein paar Partien ganz nett, aber geringer Widespielreiz, Note 6 von 10" oder so ähnlich. (Ich persönlich würde Watergate hingen gute 7 bis 7,5 Punkte geben, und Jambo hingegen z.B. nur 4-5). Nun bekommt Watergate aber überall 8 oder gar 9 von 10 von den Spieletestern.


    Mir scheint, dass bei reinen 2er-Spielen deutlich weniger strenge Kriterien angelegt werden. Im Grunde heisst das für Autoren und Verlage: habe ich ein mittelmäßiges Spiel vorliegen, was normalerweis auf dem Markt keine Chancen hätte, muss ich nur die Optionen für 3 und 4 Spieler wegstreichen, dass Material verkleinern, und schon wird aus einem mittelmäßigen Spiel, was keine Sau interessiert, ein vielgelobtes Top-Spiel für 2 ;)