Und in Schweden sterben viele Menschen.
Gerade Schweden ist doch ein gutes Beispiel, dass es auch ohne größere Verbote und Zwangmaßnahmen möglich ist, die Pandemie soweit in den Griff zu kriegen, dass das Gesundheitswesen nicht komplett kollabiert. Von der Fallexplosion, die ihnen viele Experten vorhersagt haben, sind die ein gutes Stück entfernt und bei den Toten pro Einwohner sortieren sie sich zwischen Niederlande, Schweiz, Irland und USA ein, also weder auffällig viel noch besonders wenig, sondern genau im Kontext ähnlich entwickelter Länder:
Sweden Coronavirus: 15,322 Cases and 1,765 Deaths - Worldometer
Klar, verschiedene Länder sind nur bedingt vergleichbar. Die Schweden sind im allgemeinen recht vernünftig, brauchen keine großen Verbote, um sich an eine wissenschaftlich begründete Empfehlung zu halten, und eine geringe Bevölkerungsdichte ist auch sicher nicht schädlich, um eine Epidemie zu bremsen. Im direkten Vergleich zu ihren nordeuropäischen Nachbarn haben sie schon die meisten Corona-Fälle, aber auch hier nicht unbedingt signifikant viele mehr in dem Sinne, dass es einen falschen Weg beweisen würde.
Deren spezieller schwedischer Weg hat sich zumindest nicht zu der Katastrophe entwickelt, die ihnen viele vorhergesagt haben (und auch ich wäre von explodierenden Fallzahlen dort nicht überrascht gewesen). Da muss man dann eben auch mal feststellen: so komplett falsch war es wohl offensichtlich doch nicht, was die gegen den weltweiten Trend gemacht haben.
Insgesamt kann man wohl festhalten, dass man gegen die Verharmloser des Typs "es ist doch nur eine Grippe!" nicht unbedingt mit der Gegenposition "alles falsch, es ist eine Katastrophe, die uns 2+ Jahre komplett einschränken wird!" reagieren sollte. Das eine ist genauso falsch wie das andere. Richtig ist einzig und allein das etwas unbefriedigende: wir wissen's nicht.
Covid-19 ist eine neue Krankheit, die noch nicht gut erforscht ist, und solange das so ist, muss man logischerweise auch die worst case Szenarien auf dem Schirm haben; alles andere wäre unverantwortlich. Aber einen exponentiellen Verlauf, mit Verdopplung der Fallzahlen alle 2-3 Tage, haben wir im Moment in keinem einzigen Land der Welt mehr, nicht mal bei den Ländern mit wissenschaftsfeindlicher populistischer Regierung und komplett verschlafenen Gegenmaßnahmen. Und wer härtere Eindämmungs-Maßnahmen per Anordnung, Gesetz und Strafe fordert, der darf auch ruhig mal auf Länder wie Frankreich mit früh eingeführten, harten, strafbewährten Ausgangssperren schauen (incl. Bemühen von Kriegsrhethorik durch Macron), wo die Zahl der aktiven Fälle eben nicht so stark rückläufig ist wie in Deutschland mit "nur" Kontakteinschränkungen statt Ausgangssperren. Vielleicht ist die allgemeine Akzeptanz von ausgewogenen Regeln, die alle gleichermaßen belasten (und nicht primär die sozial Schwachen!) eben doch etwas wert. Ich denke, das sollten wir uns erhalten, und dazu muss die Kita mehr zählen als der Weinhändler. Auch und gerade für die Wirtschaft, denn zu 3,5 Mio Kita-Kindern gehören auch mehrere Millionen Arbeitnehmer als Eltern, die im Moment eine Doppelbelastung schultern müssen.