Beiträge von Fyannon im Thema „Corona-Tagebuch für jedermann/frau“

    Andererseits, so troeste ich mich, wenn ich mal wieder hinterher nur noch gefuehlt scheintod und komplett erschoepft die Wand anstarre... Ich spare eben auch die ganzen Anfahrtswege/zeiten - und die summieren sich... Ausserdem: ohne physische Praesenz muss man nicht immer so extrem auf die Kontrolle der Koerpersprache achten...und das ist auch anstrengend, wenn man das regelmaessig und ganze Sitzungen ueber tun muss. ;)

    Stimmt! Und mir sind noch ein paar Vorteile bei meinen Vorträgen aufgefallen: Ruhig "unten" etwas Bequemes anziehen, also Jogginghose oder Kuschelsocken oder Decke über die Beine. Sieht eh keiner und gibt einem einen Wohlfühlfaktor. Außerdem bin ich weniger aufgeregt, wenn ich in meinen heimischen vier Wänden mit vertrauter Technik zu einer Kamera spreche, als irgendwo in der Fremde vor 30-60 Hanseln.

    Liebes Tagebuch,


    etwa ein Jahr lang setzen wir uns jetzt mit diesem Virus auseinander und langsam ist, zumindest für mich, so etwas wie Alltag und Normalität eingekehrt. Das Leben fühlt sich inzwischen wie eine lange Winterpause an und man hofft, dass jetzt dann doch bald mal der Frühling kommt und alles wieder erwachen darf. Aber wir haben uns inzwischen eingerichtet und sind bisher froh, verschont geblieben zu sein und einige Probleme, die andere quälen, nicht zu haben, konkret: Keine Kinder, die es zu bespaßen gilt, weitestgehend Homeoffice möglich und bisher alle im familiären Umfeld gesund und munter.

    Ansonsten freut man sich eben an den kleinen Dingen: das Vereinsgelände vom Bogensportverein ist hier in BaWü zumindest für das Einzeltraining noch geöffnet. Im Homeoffice kann man auch schonmal ein bisschen länger schlafen. Man genießt neue Wein- oder Absinthsorten. Und man entdeckt immer neue Orte zum Spazierengehen, da die Üblichen inzwischen doch schon ziemlich überlaufen sind.

    Da gab es auch gestern für mich einen kleinen Aufreger: Gelangweilte Städter neigen jetzt wohl aus Ermangelung von Alternativen zum Sensationstourismus und fahren an den überfluteten Rhein. Da war wohl gestern so viel los, dass eine verschreckte Reh-Herde aus den Fluten gerettet werden musste. Doch die Schaulustigen haben auch am Ufer keine Ruhe gegeben und sind immer wieder mit Handy, Kind und Hund nahe an die armen Tiere ran. Fazit: ein Reh musste vom Jäger gleich getötet werden, das andere sollte sich am Deich erholen, wurde aber immer wieder von Schaulustigen gestört, sodass es schließlich in den Rhein sprang und ertrank.

    Und auch im Wald fällt mir immer öfters nun so ein Benehmen auf. Da hetzen freilaufende Hunde den Wildtieren hinterher, kleine Kinder werden in der schlammigen Klamm frei laufen gelassen und fallen dann den Abhang hinunter (mit viel Glück ist da nichts Schlimmeres passiert), Familien und Großgruppen treffen sich im Wald zum Picknick (da sieht es ja niemand) und der Müll wird anschließend am Wegesrand hinterlassen. Schon allein aus diesen Gesichtspunkten bin ich froh, wenn die Natur hoffentlich bald wieder nur für diejenigen attraktiv ist, die sie so erhalten möchten, wie sie ist.


    Was mir jedoch am allermeisten fehlt, sind die Spieleabende am Samstag. Der TTS ist dafür nur ein trauriger Ersatz, der bei uns irgendwie nicht so richtig zündet. Die Zeit wird daher momentan mit 2-Personen-Spielen und dem stillen Mitlesen hier im Forum überbrückt.


    Aber insgesamt geht es uns gut und das darf auch noch so bleiben, bis wir mit dem Impfen dran sind.

    Vergangene Woche hat der Reiseveranstalter unseren Sommerurlaub storniert. Es sollte am 27.06. für 14 Tage nach Rhodos gehen. Da Griechenland seine Flughäfen zum 1. Juli wieder öffnet, war das vorhersehbar.

    Ich konnte daraufhin die gleiche Reise mit Abflug 02.07. neu buchen. Bessere Zimmerkategorie, 1000€ günstiger. Glück muss man haben. Einziger Haken: der Hinflug geht schon morgens um 6 Uhr. Also 4 Uhr am Flughafen sein. Mit dem Taxi sind das zum Glück nur ca. 15min (zumindest um die Uhrzeit).

    Ob man direkt nach Grenzöffnung schon wieder ans Mittelmeer fliegen muss, ist sicherlich diskussionswürdig. Ich habe mich schließlich dafür entschieden, weil wir nach 3 Monaten fast-Quarantäne wirklich mal raus müssen.

    Für das gute Gewissen werde ich aber zum ersten Mal eine Auslandsreisekrankenversicherung abschließen, die kostet für eine Familie auch nur überschaubare 20€ pro Jahr.

    Hast du keine Angst dann auf Griechenland festzusitzen, wenn durch plötzlich steigende Fallzahlen auf einmal wieder die Grenzen dicht gemacht werden? Das Rückholen hat ja bei der ersten Welle auch so eher lala geklappt.

    Ansonsten wünsche ich dir dann einen schönen Urlaub und kann dein Handeln absolut nachvollziehen. :)

    Es geht mir hier um 3(!) Jahre in denen man eventuell das Bedürfnis eines kleines Lebenwesens über die eigenen stellt und sich halt einfach mal davor informiert was es bedeutet Kinder aufzuziehen.

    Dass du dich auf die ersten drei Jahre bezogen hast, konnte ich bisher aus deinen Aussagen nicht herauslesen, dann nehme ich das zurück. Trotzdem will ich nicht über andere urteilen, denen auch diese drei Jahre zu lange sind. Da gibt es sicherlich auch Punkte, die ich nachvollziehen könnte. Da ich bisher kinderlos bin, da mein gewählter Berufsweg leider eine enorm lange Ausbildungsdauer mit sich zieht, könnten wir in 1-2 Jahren dann nochmal darüber sprechen, wenn ich wahrscheinlich am selben Scheideweg stehe: Beruf und KiTa oder temporäre Hausfrau.

    gandrasch


    Überspitzt formuliert muss man seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche also komplett aufgeben, wenn man sich dafür entscheidet, ein Kind zu bekommen? Nur um dann, wenn das Kind dem Elternhaus entwachsen ist, festzustellen, dass man sich selbst nicht verwirklichen konnte inklusive dem psychologischen Loch, in das man dann fallen darf? Wenn man seine Kinder tagsüber in den Kindergarten bringt, damit sie dort ausreichend soziale Kontakte entwickeln können, und die Zeit nutzt, um zu arbeiten, vernachlässigt man seine Schutzbedürftigen?


    Das ist das, was ich aus deinen Posts in der Essenz herauslese. Ich persönlich finde solche Ansichten ziemlich antiquiert und den Bedürfnissen, die auch ein erwachsener Mensch neben Kindern heute durchaus haben darf, nicht angemessen.

    Liebes Tagebuch,


    Woche 5 ohne Klopapier im REWE. Laut Aushang ist die Abgabe aber inzwischen auf 1 Packung pro Einkauf beschränkt. Es gibt also Hoffnung. Ebenso limitiert ist die Abgabe von Hefe (4 Würfel pro Familie), auch hier gähnende Leere im Regal. Die Abstandshalter auf dem Boden sind zwar gut gemeint, jedoch ist der Markt so klein und eng, dass die wohl eher für das gute Gewissen platziert wurden.

    Wenigstens Wein gibt es noch in rauen Mengen. Als ich mir gerade einen schönen Gewürztraminer aussuchte, kam eine Frau um die Ecke und erstarrte, als hätte sie einen Geist gesehen. Mit argwöhnischen Blicken verfolgte sie mein Ich-lege-den-Wein-in-den-Wagen und betrat den Gang erst, als ich um die nächste Ecke gebogen war. Das fühlt sich komisch an, aber jeder geht eben anders mit der Angst vor der Ansteckung um.


    Indessen treibt die ganze Situation auch ein paar groteske Blüten aus. Da keiner mehr die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt, werden die jetzt wohl auch als Drogen-Umschlagplatz genutzt. Jedenfalls trafen sich am Donnerstag auf meinem Heimweg zwei Männer in der S-Bahn und unterhielten sich lautstark darüber, wie groß die Angst ist (nicht vor Corona), weil doch jetzt die Grenzen nach Holland so krass kontrolliert werden. Aber keine Angst, der eine hat sich vorratshalber noch schnell 30 Gramm besorgt. Hamstern auf einem ganz neuen Niveau. Ein paar Gramm wechselten dann ganz öffentlich den Besitzer und beide verließen den Zug. Die 3 anderen Passagiere schauten etwas betreten aus dem Fenster.


    Der Gloomhaven-Spieleabend heute fällt nun doch aus. Die Rechtslage ist hier, nachdem täglich eine Verordnung die andere jagt, doch eher unklar. Darf man nun noch Freunde besuchen oder nicht? Ab wie vielen Leuten ist man eine Versammlung? Ist aber wahrscheinlich eh besser so. Seit gestern kratzt der Hals und Husten ist auch dazu gekommen. Sind das noch die klassischen Reaktionen meiner körperlichen Diva, der Lunge, auf meine meist staubige Arbeit mit alten Büchern oder doch schon irgendwo angesteckt? Man hört doch inzwischen mehr auf seine körperlichen Signale.


    Morgens beim Zähneputzen übrigens das Alpenpanorama in 3Sat gesehen. Alles voller Schnee aber ohne Leute. Irgendwie schön.

    Man genießt jetzt die kleinen Momente und richtet sich im Heimeligen ein. Jeder hofft, dass das "Gewitter" an einem vorbeizieht und die Liebsten verschont. Oder wie der Italiener sagt: Tutto andrà bene.


    Wird schon. ;)

    Vorgestern schon demonstrativ Polizei auf dem Marktplatz. Heute per Allgemeinverfügung der Stadt die De-Facto-Aussetzung des Demonstrationsrechts. Telekom übergibt RKI Handydaten zur Auswertung von Bewegungsdaten. Ausgangssperre in einem bayerischen Dorf.

    Es ist sachlich begründet. Aber ich erwarte ab jetzt absolute Transparenz der Politik, sonst fange ich an, mich unwohl zu fühlen.

    Mal sehen, was heute von der Merkel noch kommt.

    Dito, ganz wohl fühlt man sich bei der Sache nicht...

    Liebes Tagebuch,


    ab nächste Woche dann endlich Home-Office, obwohl mein Chef das ja eigentlich verboten hatte. Nach seinem Schweiz-Urlaub ist er nun nicht mehr zu erreichen, also wurde das Ganze eigenmächtig von meinem Vorgesetzten in die Hand genommen. Eine Mitarbeiterin befindet sich bereits in Quarantäne, die andere ist seit 1 Woche mit Husten und Fieber krank geschrieben.

    Der Zug heute morgen war gespenstisch leer, zumindest hat der Fahrer an der Haltestelle alle Türen geöffnet, sodass man keine Türknöpfe bedienen musste. Noch zwei Tage Arbeit bekommt man unter solchen Umständen auch noch irgendwie durch.


    Am Samstag werde ich, wie letzte Woche, morgens um 8 einkaufen gehen, um dem passiv-aggressiven Mob an Hamsterern und Hordern entgehen zu können. Nach Jahren des Stammkunden-Einkaufs kennt man sich inzwischen und wünscht den Mitarbeitern viel Kraft für den Ausnahmezustand. Klopapier bekomme ich von einem Bekannten, der im Lebensmitteleinzelhandel arbeitet, unter der Hand gedealt. Er konnte gleich bei der Lieferung ein Päckchen für uns ergattern, ich konnte als normaler Verbraucher seit 4 Wochen keins mehr kaufen. Abends dann eine letzte Runde Gloomhaven, die nächsten Treffen werden dann wohl über Steam und den Brettspiel-Simulator stattfinden müssen.


    Ansonsten die üblichen Verhaltensmuster: keine Treffen mit den Schwieger-Großeltern, meine Eltern werden in Bayern ebenfalls nur telefonisch kontaktiert. Meine Schwiegermutter ist noch ziemlich renitent, die möchte ihre neu gewonnene Freizeit gerne mit uns verbringen und ist jetzt verprellt, da ich ihr eine Absage erteilt habe. Unvorstellbar für sie, dass man jetzt mindestens bis April auf soziale Kontakte verzichten soll. Auch den ausfallenden Oster-Urlaub sollen wir den Großeltern bitte persönlich beibringen, die wären doch so traurig... Da ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig.


    Indes ist meine Nachbarin davon überzeugt, dass die Corona-Krise und das bargeldlose Zahlen miteinander zusammenhängen und bestimmt die Rockefellers dahinterstecken. Obwohl ich sonst immer schlagfertig reagiere, blieb mir bei sowas der Mund offen stehen.


    Für meine Doktorarbeit hätte ich jetzt eigentlich viel Zeit, komme aber nicht an die benötigten Bücher in der Bibliothek ran. Blöd. Dann eben das Frühlingswetter auf dem Balkon genießen und hoffen, dass am Ende alles gut ausgeht.


    Bleibt gesund!