So langsam schlägt dieser Ausnahmezustand auf mein Gemüt. Ich war schon 1 Woche vor dem grösseren Massnahmen/Empfehlungen zuhause "eingesperrt" um eine normale Erkältung auszukurieren, um dann ab dem 16.3. vom Arbeitgeber ganz offiziell ins Home Office verbannt zu werden.
Es sind jetzt also knapp 20 Tage her seit ich mich zuletzt völlig "frei" draussen bewegt habe.
Eigentlich gelingt uns das Home Office Modell soweit ganz gut - ich habe einen 40h Vertrag, meine Frau 27h (aktuell betreut Ihr Arbeitgeber sogar eine Corona-Studie), und wir können beide zu 100% von Zuhause arbeiten. Wir kommen aber nicht annährend auf dieses Arbeitsvolumen, denn mit uns sind noch unsere Kinder (der Sohn mit 3 Jahren und eine Erstklässlerin mit 6 Jahren), die das ganze dann doch etwas komplizierter machen.
Wir teilen uns den Tag in 2 Hälften auf. Abwechselnd haben wir Früh (8-12 Uhr) oder Spätschicht (13-17 Uhr). D.h. einer von uns beiden arbeitet (im Idealfall ca. 4-5 Stunden am Stück, ohne grosse Pausen), während der andere die Kinder bespasst (und in erster Linie auch das schon recht straffe "Hausaufgaben"-Programm mit der Kleinen durchzieht, während der Kleine nebenher quängelt und auch bespasst werden will).
Mit 4 (Sie) bzw. 5 (ich) Stunden pro Tag kommen wir natürlich nicht auf die vertraglichen Werte - das ist klar. Das ist soweit von den Arbeitgebern aus auch bisher nicht kritisiert worden, aber es fühlt sich nicht gut an. Auch weil es eine hohe Disziplin im Tagesablauf fordert, und diese uns alle sehr viel Kraft kostet. Von folgendem Plan weichen wir eigentlich so gut wie nicht ab, da das fragliche Kartenhäuschen sonst voll in sich zusammenfallen würde:
7:00 - Wecker klingelt
7:30 - Gemeinsames Frühstück
8:00 - Mama/Papa geht arbeiten (immerhin haben wir eine kleine Home Office im Schlafzimmer in die man sich zurückziehen kann)
8:30 - 10:00 - Hausaufgaben/Lernen mit der Grossen (während der Kleine um einen herumspringt und Aufmerksamkeit einfordert)
10:00 - 12:00 - "Freizeit" mit den Kindern - Spielen, Toben, Basteln, Hörspiele, Brettspiele... nebenher: Haushalt (Spülmaschine, Wäsche waschen, Krümel saugen, ab und zu auch mal wieder Lebensmittel/Drogerieartikel einkaufen...)
12:00 - Gemeinsames Mittagessen
13:00 - 17:00 Mama/Papa geht arbeiten
13:00 - 18:00 - viele Stunden die mit Aktivitäten gefüllt werden wollen um den Tag zu überstehen, bzw. weiteres Pflichtprogramm wie der Haushalt (siehe 10:00 - 12:00)
17:00 - 18:00 - wenn's gut läuft kann ich hier manchmal noch eine Stunde Arbeit einschieben, so dass ich auf insg. 5h/Tag komme
18:00 - Gemeinsames Abendessen
19:00 - Abendprogramm (Zähne Putzen, Geschichten vorlesen, Küche aufräumen...)
20:00 - Wir kümmern uns um das Nötigste um die Wohnung wieder in einen bewohnbaren Zustand für den nächsten Tag herzustellen
21:00 - Wenn wir gut drauf sind schaffen wir 2-3 Folgen einer kurzen Serie, oder auch mal ein Sherlock/Deckscape Fall, an Nacharbeit für den Arbeitgeber ist aufgrund totaler Erschöpfung nicht zu denken
Spätestens um 23:00 gehen bei uns beiden die Kräfte/Lichter aus... und nach hoffentlich ein paar Stunden Schlaf am Stück (der Kleine weckt uns in der Regel Nachts) geht exakt dasselbe Spiel am nächsten Tag weiter
Eigentlich dachte ich dass ich sowas besser wegstecken kann, aber irgendwie zehrt das mehr an den Nerven als jeder "normale" (hektische/stressige) (Arbeits-)Alltag vor Corona.
Ich fühle mich innerlich unruhig, gestresst und einfach unwohl, weil es so keinerlei Ausblicke auf einen anderen Ablauf aktuell gibt. Wir sind aktuell jeden Tag in den Rollen Eltern, Arbeitnehmer, Partner, Lehrer, Putzpersonal, Ernährer... am jonglieren und alles unter einen Hut kriegen.
Hab ich Spätschicht, sind die Kinder seit dem Aufstehen bereits 6 Stunden um mich herum geschwirrt und haben mich schon einiges an Kraft gekostet. Dann soll ich aber nochmal richtig loslegen und möglichst 4-5 Stunden produktiv arbeiten - obwohl ich mich am liebsten nur noch hinlegen und schlafen würde.
Habe ich Frühschicht, muss ich pünktlich um 8:00 loslegen und 4 Stunden durchackern und hoffentlich alles wichtige in der Zeit erledigen (wofür ich normalerweise ca. 8 Stunden eingeplant hätte - es fallen natürlich Sachen runter). In Summe ist die Frühschicht zwar etwas leichter, da man frischer in den Arbeitstag startet, aber dafür können die Nachmittage teilweise richtig lange und zäh werden da man mit den Kids ja am Vormittag schon viel unternommen hat (und nach vielen Tagen Corona-Sonderbespassungs-Programm, dann auch mal die tollen Ideen ausgehen).
Bin gespannt wie lange wir das in der Form noch durchhalten können/müssen (und da sind die gesundheitlichen Sorgen um meine Eltern und Grosseltern noch gar nicht einbezogen - obwohl und das unterschwellig natürlich auch jeden Tag beschäftigt und Platz im eh schon völlig überfüllten Kopf einnimmt). Das Problem: nicht einmal der Ausblick nach vorne bringt aktuell Hoffnung/Linderung - geplante Urlaube fallen vmtl. aus, ebenso Konzert/Festivalbesuche, Spielemesse(n)!, etc., ich fürchte das Jahr kann man diesbezüglich schon fast komplett abhaken.
So, genug mimimi jetzt, aber ich musste das jetzt mal loswerden
Einige positive Entwicklungen möchte ich als Gegenpol aber nicht unerwähnt lassen:
- 3 Regelmässige Mahlzeiten mit der Familie sind ungewohnt, aber echt schön
- Wir können die kurzen Wege im Dorf besser nutzen denn je (da wir ja den ganzen Tag zuhause und nicht irgendwo an den Arbeitsstätten unterwegs sind) - Bäcker, Metzger, Edeka, Post - alles in Laufreichweite von 2-3 Minuten ereichbar
- Auch wenn sich Klein und Gross immer noch "gern" streiten, habe ich das Gefühl dass die beiden gerade eng zusammenschweissen, und auch besser ins gemeinsame Spiel finden als vorher
- Wir suchen kreative(re) Ansätze um den Alltag zu gestalten
- Man stellt schnell fest wie wenig man doch eigentlich braucht um einen Tag zu gestalten, die Kinder sind aktuell immer noch sehr glücklich mit einem Trampolin, zwei Bällen und Strassenkreide, und können sich sehr lange damit beschäftigen
- Die Kids machen jeden Morgen begeistert das Sportprogramm von Alba Berlin mit
- Meine Frau und ich vertiefen unsere Freude an Exit/Escape Spielen - eine grosse Nachschub-Bestellung bei Pegasus ist erst heute morgen rausgegangen