Beiträge von MetalPirate im Thema „Geschlechterrepräsentation im Brettspiel“

    Bei Brass wäre es noch nicht mal notwendig, dass auf den farbigen Papp-Scheiben Köpfe von Persönlichkeiten abgebildet sind. Wäre auch komplett einfarbig gegangen. Zumal die Portraits eh nicht mehr sichtbar sind, sobald Geld darauf liegt. Wenn es in Brass Lancashire/Birmingham gar keine Portraits gäbe, wäre das Spiel dadurch nicht schlechter.


    Aber wenn Spiele einen historischen Hintergrund haben, was ich grundsätzlich immer sehr positiv finde, dann darf dieser Hintergrund IMHO auch gerne spürbar herausgearbeitet werden. Wenn man das tut, dann auch gerne ein wenig (!) Richtung mehr gleiche Repräsentation der Geschlechter ziehen, solange es noch als historisch vertretbar durch geht. Frauen können nichts dafür, dass ihnen im späten 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert (Zeit, in der Brass spielt) nicht die Wege offen standen, wie es heute zum Glück der Fall ist.

    Was es zu beachten gibt, wann es richtig ist, Realismus zugunsten von Repräsentation zu opfern und wann nicht.

    Was es zu beachten gibt? Den Markt bzw. das Zielpublikum. Da gibt es auch kulturelle Unterschiede. Nicht nur zwischen Europa und Amerika, sondern auch immer mehr zunehmend innerhalb der Gesellschaften, wo nicht mehr nach einem Konsens gesucht wird, sondern oft hart mit der Brechstange gearbeitet und argumentiert wird. Von allen Seiten.


    Deshalb ist auch die zweite Frage so schwer zu beantworten, denn genau da wird es schwierig. Zwischen "Realismus über alles, scheiß Gender-Kacke!" und "absolute Parität, sonst Shitstorm!" sind Kompromisse oft schwierig -- und jede Diskussion schnell toxisch...



    BTW, ich weiß, du willst eigentlich keine Beispiele, aber trotzdem als möglichen Lösungsweg: die Brass-Neuauflagen von Roxley. Mit gewissem Aufwand wurden Frauen gesucht, die als Unternehmerinnen während der Industriellen Revolution in England tätig waren. Jeder Verständige weiß, dass Frauen als Unternehmerinnen damals die absolute Ausnahme waren. Trotzdem finde ich es richtig, dass 2 oder 3 der 8 Personen in dem Spiel Frauen sind. Überrepräsentiert, aber nicht krampfhaft 50%, was völlig an der historischen Realität vorbei wäre. Das ist für mich eine mögliche Kompromisslinie.


    Anders sieht's natürlich aus im rein fiktionalen Bereich, wenn es denn thematisch zumindest halbwegs passt. Da gibt es keinen Grund, Frauen nicht mit 50% zu repräsentieren. Muss jetzt nicht exakt abgezählt sein, aber in diese Richtung sollte es IMHO schon gehen.

    Ich habe relativ konkret um Quellen gebeten, oder?

    "Konkret um Quellen gebeten" würde ich das nicht nennen, aber ja, man konnte sich das Gemeinte erschließen ... nachdem man erkannt hatte, dass deine allerersten Worte "Ich habe Fragen [...]" hier mal ausnahmsweise keine Frage an die Leser einleitet, so wie das in 98% der Startbeiträge der Fall ist, die so anfangen. ;)